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REVIEW STREAMING: „Wallace & Gromit – Vergeltung mit Flügeln“

Neues Abenteuer von Wallace & Gromit, die dem bösen Pinguin Feathers McGraw das Handwerk legen müssen, als der den fleißigen Haushaltszwerg Norbot für seine fiesen Pläne umprogrammiert.

CREDITS:
O-Titel: Wallace & Gromit: Vengeance Most Fowl; Land / Jahr: Großbritannien 2024; Laufzeit: 82 Minuten; Regie: Merlin Crossingham, Nick Park; Drehbuch: Mark Burton, Nick Park; Plattform: Netflix; Start: 3. Januar 2025

REVIEW:
Da-na! 30 Jahre nach dem ersten Kinoausflug von „Wallace & Gromit“ in die deutschen Kinos mit einer Kurzfilmsammlung, die auf Anhieb für mehr als 175.000 Ticketverkäufe sorgte, lassen sich bei dem ewigen Flaggschiff der Aardman Animations keinerlei Müdigkeitserscheinungen erkennen. „Vergeltung mit Flügeln“ ist der erste Film mit dem planlosen Erfinder aus der West Wallaby Street 62 in Wigan in der Grafschaft Yorkshire und seines deutlich klügeren Hundes, der sich aber damit zufriedengibt, von seinem Herrchen immer wieder mal auf den Kopf getätschelt zu werden, seit „Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen“ aus dem Jahr 2005 (1,5 Mio. Tickets) und nach der „Chicken Run“-Fortsetzung „Operation Nugget“ aus dem Vorjahr bereits die zweite Spielfilmarbeit von Aardman für Netflix, ein vorerst einmal gutes neues Zuhause für die Claymationspezialisten aus Bristol, die 2005 miterleben mussten, wie sämtliche Requisiten bei einem Brand in Flammen aufgingen, und vor etwa 15 Jahren nach den enttäuschen Zahlen von „Arthur Weihnachtsmann“ und „Die Piraten!“ kurz einmal mit dem Bankrott liebäugelten.

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„Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln“ (Credit: Netflix © 2024)

Umso erfreulicher ist es, die Bande um Nick Park (sein ursprünglicher Hauptmitstreiter Peter Lord hat sich zur Ruhe gesetzt) wieder auf der Höhe ihrer Schaffenskraft zu erleben. Nichts in „Vergeltung mit Flügeln“ hätte man nicht auch vor 15 Jahren und das meiste nicht auch schon vor 30 Jahren zeigen können, aber dass diese knappen 82 Minuten Madcap-Comedy dennoch so frisch und innovativ wirken, voller Überraschungen und einem niemals versiegenden Rausch an immer noch verrückteren Ideen und Wendungen, spricht für die Zeitlosigkeit dieser ganz besonderen Form von Komödie, die so britisch ist wie die berühmten Ealing-Komödien und die (alberne) „Carry On“-Filmreihe, aber jederzeit auch mit den Giganten mithalten kann, mit Chaplin, Keaton, Laurel & Hardy und Tati. Nur dass die Bilder in einer besonderen Mischung aus Plastellin-Stopmotion und Computeranimation geschaffen wurden und unter der Regie von Park und seinem Mitstreiter Merlin Crossingham allen Gesetzen der Schwerkraft trotzen.

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„Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln“ von Aardman Animation (Credit: Netflix)

Entscheidend ist hier auch die Rückkehr einer Figur, die seit „Die Techno-Hose“ aus dem Jahr 1993 nicht mehr aufgetreten war, der kriminelle Pinguin Feathers McGraw, den man damals für einen Hahn hielt, weil er sich einen roten Gummihandschuh über den Kopf gezogen hatte: Seit einem vereitelten Überfall mit Erfindungen von Wallace sitzt er im Zoo ein und harrt nun darauf, wieder ins Geschehen eingreifen zu können. Wenn der Film erstmals zu Feathers in seine Zelle schneidet, zeigen ihn die Macher als Max Cady aus Martin Scorseses Version von „Kap der Angst“, wie der gesamte Film voller liebevoller Anspielungen aus der Filmgeschichte ist, insbesondere Hitchcock wird immer wieder bemüht: Suspense verträgt sich ausgezeichnet mit der Art von Humor, den Aardman als Abfolge von kosmischen Unausweichlichkeiten abspult. Als Wallace seinem getreuen Gromit nun bei der Gartenarbeit unter die Arbeit greifen will, mit einem automatisierten und extrafleißigen Haushalts-Gartenzwerg-Roboter namens Norbot (Mantra: „No job is small enough“), setzt der Erfinder eine Kette von Ereignissen in Bewegung, die Feathers McGraw die Möglichkeit gibt, den immer frohgemuten Norbot aus der Ferne umzuprogrammieren, was sich als überaus einfach erweist, wenn man erst einmal das private Passwort von Wallace geknackt hat („CHEESE“), weil man in den Vorabeinstellungen praktischerweise „EVIL“ auswählen kann. 

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„Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln“ von Aardman Animation (Credit: Netflix)

Es folgt eine verrückte Hatz ohne Durchhänger, an der sich auch noch der Chief Inspector Mackintosh und seine neue Beamtin Mukherjee beteiligen, in deren Dynamik sich Wallace und Gromit spiegeln: Er mag der Vorgesetzte sein, ist aber hochmütig und wenig einfühlsam, während sie selbst im Fall eines gestohlenen Fahrradsattels einen Aktenberg anhäuft, der fast bis an die Decke reicht. Aber so ist das bei guter Comedy: Ihr Herz schlägt immer für die Kleinen, die ausbaden müssen, was die Autoritäten anstellen, sie ist intrinsisch antiautoritär und legt es darauf an anzuecken. Das ist natürlich auch in „Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln“ so, der in einer verrückten Hetzjagd zunächst entlang eines Kanals in Hausbooten und schließlich in einem Zug kulminiert, der selbst einer nicht unähnlichen Sequenz in der jüngsten „Mission: Impossible“ das Wasser reichen kann, und das in einer so hinreißend aufgeräumten Art, dass sich mit den Worten von Norbot sagen lässt: Neat and tidy. Und unwiderstehlich. 

Thomas Schultze