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REVIEW KINO: „The Wedding Banquet“


Auf den heutigen Stand der Dinge gebrachtes Remake von Ang Lees „Das Hochzeitsbankett“ von 1993, in dem sich ein schwuler Mann und eine lesbische Freundin auf eine Scheinehe einlassen, ihr einvernehmliches Konstrukt aber von der Ankunft seiner Großmutter aus Südkorea auf den Prüfstand gestellt wird.

CREDITS:
Land / Jahr: USA 2025; Laufzeit: 102 Minuten; Regie: Andrew Ahn; Drehbuch: Andrew Ahn, James Schamus; Besetzung: Han Gi-Chan, Lily Gladstone, Bowen Young, Kelly Marie Tran, Joan Chen, Young yuh-jung; Verleih: Universal Pictures international; Start: 5. Juni 2025

REVIEW:
Gewiss, Ang Lee hatte zuvor schon „Schiebende Hände“ gemacht, aber „Das Hochzeitsbankett“, wie so viele Arbeiten des in die USA ausgewanderten Taiwanesen gemeinsam mit dem amerikanischen Produzenten James Schamus geschrieben, war 1993 der Film, der ihn mit einem Schlag zum Regiestar werden ließ: Gewinner der Goldenen Bären auf der Berlinale, als taiwanesische Einreichung nominiert für einen Auslandsoscar, obendrein ein veritabler Erfolg an den deutschen Kinokassen mit 420.000 Tickets im Verleih von Kinowelt. Und vor allem ein wichtiger Film für die queere Community, weil schwule Liebe hier so ungezwungen erzählt wurde als integraler Bestandteil einer beschwingten, aber stets ernstzunehmenden Komödie nach klassischem Zuschnitt, konventionell und altmodisch auf der einen, aber eben auch revolutionär und mutig auf der anderen Seite, Mut machend und entspannt, einnehmend und sympathisch, ganz nah dran an den ganz normalen und nachvollziehbaren Nöten ihrer Hauptfiguren. 

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Kelly Marie Tran, Lily Gladstone, Han Gi-Chan und Bowen Yang in „The Wedding Banquet“ von Andrew Ahn (Credit: Sundance Institute | photo by Luka Cyprian)

Wenn sich nun in einem Remake Andrew Ahn dieses Stoffs annimmt, seine Prämisse grundsätzlich bewahrt, aber noch einmal selbstbewusster in einem queeren Lebensgefühl verankert, mit dem Fokus auf die queere Community, dann ist das ein logischer Schritt, wie man ihn sich von dem Regisseur von „Fire Island“ auch kaum anders erwarten würde. Der Clou ist, dass auch er auf James Schamus als seinen Drehbuchpartner setzen konnte, 32 Jahre nach dem wunderbaren Original. Dieses „The Wedding Banquet“, das seine vielbeachtete Premiere beim diesjährigen Sundance Film Festival hatte, hat diesmal nicht nur eine schwule Hauptfigur, sondern lässt auch die Frau, mit der er seiner traditionell eingestellten koreanischen Großmutter eine vermeintlich normale heterosexuelle Beziehung vorgaukelt, ebenfalls homosexuell sein. Ihre vorgespielte Romanze dient einerseits dazu, ihm eine Green Card zu besorgen, soll andererseits ihr helfen, mit einer ordentlichen Finanzspritze teure In-vitro-Fertilisationsbehandlungen zu bezahlen, um endlich den erhofften Nachwuchs mit ihrer Lebensgefährtin zu bekommen. 

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„The Wedding Banquet“ von Andrew Ahn (Credit: Sundance Institute)

Eine hochkarätige Besetzung sorgt für zusätzliche Aufmerksamkeit: Han Gi-Chan in der Hauptrolle als Min ist die Neuentdeckung im Cast; an seiner Seite spielen Bowen Young, bekannt als Comedian aus „SNL“ und schon einer der Stars von Ahns „Fire Island“, als sein ungeduldiger Freund Chris, der sich wünschen würde, Min würde sich in der Öffentlichkeit und speziell vor seiner Familie zu ihm bekennen, die oscarnominierte Lily Gladstone aus „Killers of the Flower Moon“ spielt seine lesbische Freundin Angela, die sich mit Min auf eine Scheinehe einlässt, und Kelly Marie Tran aus „Star Wars: Die letzten Jedi“ und „Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“ als deren Lebensgefährtin, die sich nichts sehnlicher wünscht, als endlich ein Baby zu bekommen. Dazu kommen noch die legendäre Joan Chen und die noch legendärere Youn Yuh-jung, oscarprämiert für ihren Auftritt in „Minari“, die streng wirken mögen als Frauen aus einer tradiert patriarchalischen Struktur, aber sich doch als pragmatischer und einfühlsamer erweisen, als es ihr strenges Auftreten erwarten lässt. 

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in „The Wedding Banquet“ von Andrew Ahn (Credit: Sundance Institute | photo by Luka Cyprian)

Dass „The Wedding Banquet“ auf den ersten Blick und gerade im Vergleich mit dem Original wie ein nur ordentlicher Spaß zwischen aufgeregtem Drama und überzogener Comedy geworden wirken mag, vermeintlich nicht an die Größe und Souveränität von „Das Hochzeitsbankett“ herankommt, mag der ungestürmen Inszenierung Andrew Ahns geschuldet sein, ist vielleicht aber auch Ergebnis einer falschen Erwartungshaltung, ein Irrtum des Betrachters: Dieser neue Film will gar nicht so richtig ein Remake von „Das Hochzeitsbankett“ sein, sondern vielmehr seine logische und konsequente Fortschreibung, die ihre veränderte Erzählhaltung aus einer Welt bezieht, die sich in den letzten 32 Jahren radikal verändert hat: Während Ang Lee seine Geschichte schwuler Selbstfindung noch wie ein trojanisches Pferd in einem klassischen Konstrukt verankern, seine Handlung aus einem traditionell heterosexuellen Narrativ entwickeln musste, ist der neue Film loud and proud queer, ist die tradierte Gesellschaft nicht länger der Status Quo, sondern der Eindringling in das laute Treiben, ein Störenfried. Was die beiden Filme eint, ist der letztendlich liebevolle, verständnisvolle Blick der Figuren aufeinander, auch wenn sie andere Lebensentwürfe vertreten. Da schließt sich dann der Kreis. Es sind zwei Hochzeitsbankette, aber es schlägt ein einendes Herz in ihnen, das Herz eines Crowdpleasers.

Thomas Schultze