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REVIEW KINO: „The Monkey“

Durch und durch überdrehte und hinreißende Horrorkomödie nach einer Kurzgeschichte von Stephen King über einen todbringenden Mechanik-Affen, den man einfach nicht loswerden kann. 

CREDITS: 
O-Titel: The Monkey; Land/Jahr: USA 2025; Laufzeit: 98 Minuten; Drehbuch: Osgood Perkins; Regie: Osgood Perkins; Besetzung: Theo James, Elijah Wood, Tatiana Maslany, Adam Scott, Christian Convery, Sarah Levy, Colin O’Brien, Danica Dreyer, Rohan Campbell; Verleih: Studiocanal; Start: 20. Februar 2025

REVIEW:
The Monkey“ ist der wohl am meisten erwartete Horrorfilm, wohlmöglich einer der am meisten erwarteten Filme überhaupt in diesem Jahr. Er hat schon vor dem Kinostart Rekorde gebrochen, mit einem Trailer, der seit seiner Veröffentlichung Mitte Januar auf allen Social-Media-Plattformen über 100 Millionen Mal aufgerufen wurde, zu den Produzenten gehört „Saw“-, „Conjuring“- und „Insidious“-Mastermind James Wan, der Killer-Cast wird angeführt von „The Gentlemen“- und „White Lotus“-Hottie Theo James, und es ist Osgood Perkins’ erste Produktion seit seinem Instant-Klassiker „Longlegs“, dem Indie-Überraschungshit von 2024. Dabei erinnert hier nichts an den Vorgänger, den auf „Schweigen der Lämmer“ verweisenden Psychotrip mit Nicolas Cage als diabolisch gepudertem Puppenmacher – abgesehen von der verstörenden, düsteren Stimmung, die Perkins‘ Filme seit seinem Debüt „Die Tochter des Teufels“ (2015) durchdringen. 

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Osgood Perkins’ „The Monkey“ (Credit: Neon)

Das Genre liegt ihm im Blut, in Interviews wird er nicht müde zu betonen, dass alles mit der Geschichte seiner Familie beginnt, seinem berühmten Vater, Hollywood-Legende Anthony Perkins, der nie die Rolle des identitätsgestörten Norman Bates aus „Psycho“ abschütteln konnte, und seiner Mutter, der Fotografin Berry Berenson, die bei den Terroranschlägen vom 11. September ums Leben kam. Das muss man alles gar nicht wissen, aber vielleicht ist es gerade die irritierend persönliche Note, die auch der schaurigen Atmosphäre von „The Monkey“ eine gewisse psychologische Sensibilität und Glaubwürdigkeit verleiht. Perkins‘ Leinwandwelten sind von Grund auf beängstigend, niemand ist darin sicher, vor allem nicht die Menschen, die man liebt, was sich gleichzeitig schrecklich und vertraut anfühlt. Immer geht es um die Verantwortung und Schuld der Eltern, um das Erbe einer zerrütteten Kindheit, um den Schlüssel zu seiner Vergangenheit, den der Filmemacher hin und wieder umdreht. „Turn the key and see what happens“ steht dann auch auf der Geschenkbox, in der „The Monkey“ geliefert wird.

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Osgood Perkins’ „The Monkey“ mit Theo James (Credit: Neon)

Wie in der Kurzgeschichte von Stephen King, auf der das raffiniert sadistische Drehbuch basiert, handelt es sich dabei um einen mechanischen Trommelaffen, der nichts anderes tut, als da zu sein, das blech- und plüschgewordene Böse, dessen Anwesenheit die schwindelerregendsten Freak-Accidents, die fiesesten tödlichen Kettenreaktionen seit „Final Destination“ in Gang setzt – sobald sich die Drumsticks senken, sind wir alle verloren. Man sollte den Affen also gar nicht erst aufziehen, so wie man Mogwais niemals – niemals! – nach Mitternacht füttern sollte. Wie in „Gremlins – Kleine Monster“ lauert das Unheil in einem eigentlich ganz putzigen analogen Spielzeug, das in diesem Fall in einer Rückblende gleich am Anfang des Films sein wahres Gesicht zeigt: In einer bluttriefenden Pilotenuniform (und seiner besten Rolle seit „Severance“) betritt Adam Scott eine Pfandleihe, um das ursprünglich für seine Söhne bestimmte Geschenk zum Problem eines anderen zu machen, was ihm auf eine drastische Art nicht gelingt. „Jeder Vater gibt seinen Horror an seine Kinder weiter“, kommentiert der Erzähler, der vier Minuten jüngere der grundverschiedenen Zwillingsbrüder Hal und Bill, als Teenager verkörpert von Christian Convery, dem smarten Kid aus „Cocaine Bear“ und „Sweet Tooth“, später mit ironisch ernster Miene von Theo James.

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Osgood Perkins’ „The Monkey“ (Credit: Neon)

Da sich der Vater anschließend aus dem Staub macht, vom Zigarettenholen nie zurückkehrt, wie die verlassene Ehefrau Lois (Tatiana Maslany) sarkastisch feststellt, taucht der Spielzeugaffe unter all dem Schrott wieder auf, den er zurückgelassen hat, und weicht Hal und Bill von nun an nicht mehr von der Seite. Das führt sehr schnell dazu, dass der Kopf von Babysitterin Annie (Danica Dreyer) in einem Hibachi-Restaurant auf der Grillplatte landet. „Sterben musst Du sowieso“, steht schon auf dem Plakat, es passiert so oder so, die Frage ist nur, wann und wen es als nächstes trifft – so ist das Leben, sinniert Lois, die ihre Söhne bei Annies Beerdigung zu Little Richards „Rip It Up“ zum Tanzen auffordert, anstatt in Trauer zu versinken, bevor sie selbst von einem „Boomerang-Aneurysma“ erwischt wird. Der Humor ist staubtrocken und pechschwarz, alle Figuren, Bad Magic Killer Monkey eingeschlossen, haben einen comichaft stilisierten Vintage-Charakter, die cartoon-esk grotesken Gore-Effekte versprühen viel Blut, Eingeweide und Horror-Nostalgie, der Soundtrack mit Oldies aus den späten 50er- und 60er-Jahren ruft subversiv die guten alte Zeiten wieder wach. Hal und Bill ziehen zu ihrer Tante Ida (Sarah Levy) und ihrem Onkel Chip (ein Cameo-Auftritt des Regisseurs), einem Swinger-Pärchen, das im ländlichen Maine quasi eine Kopie von Hitchcocks „Psycho“-Haus bewohnt. Sie versuchen weiterhin erfolglos, das Spielzeug zu zerstören, zu verstehen oder zu kontrollieren, werfen es schließlich in einen sehr tiefen Brunnen, damit es wenigstens nicht in die Hände von Menschen fällt, die noch Schlimmeres damit anzufangen wissen („Nazis, Ruskis, Iranskis“).

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Osgood Perkins’ „The Monkey“ mit Sarah Levy, Elijah Wood und Theo James (Credit: Neon)

25 Jahre später haben sich die Brüder voneinander entfremdet. Aus Angst, der Affe könnte wieder auftauchen und seine Familie dezimieren, weigert sich Hal bis auf einen einzigen Tag im Jahr, seinen eigenen Sohn Petey (Colin O’Brien) zu sehender bei seiner Mutter und ihrem neuen Partner lebt, dem führenden Experten für Vaterschaft (Elijah Wood). Weil dieser Petey adoptieren will, plant Hal einen letzten gemeinsamen Ausflug, einen Roadtrip in den Vergnügungspark „Horror Heaven“. Just in diesem Moment erscheint das verfluchte Ding wieder auf der Bildfläche, und auch Bill meldet sich zurück, der inzwischen Brad Pitt in „12 Monkeys“ ähnelt und Hal dazu bringen will, den Schlüssel noch einmal umzudrehen und sich der Vergangenheit zu stellen. In der Folge sterben sehr viele Neben- und Hauptfiguren auf nicht normale Weise („looks like God’s bowling strikes tonight“), die Spannung bleibt auf einem konstant hohen Niveau, die Perversion steigert sich, irgendwann nimmt man als Zuschauer auch die abgefucktesten Einfälle gelassen hin und konzentriert sich ganz auf die rührende Vater-Sohn-Thematik und Theo James’ unterhaltsame Two-Man Show, bis der fahle Tod buchstäblich vom Himmel fällt und auf einem Pferd davonreitet. „So etwas haben Sie noch nicht gesehen“, lobte Stephen King im Vorfeld, der sich selten für eine Leinwandadaption seiner Arbeit begeistern kann, „it’s batshit insane“. Frei übersetzt: ein tiefgründiger, pervers verdrehter, hinreißend lustiger Horrorfilm, der Twist auf den Gräbern seiner Vorfahren tanzt.

Corinna Götz