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REVIEW KINO: „The Amateur“


Rasanter Agententhriller über einen Kryptographen der CIA, der seine besondere Fähigkeiten einsetzt, um die Schuldigen auszumachen, die Schuld am Tod seiner Frau tragen. 

CREDITS:
Land / Jahr: USA 2025; Laufzeit: 123 Minuten; Regie: James Hawes; Drehbuch: Ken Nolan, Gary Spinelli; Besetzung: Rami Malek, Laurence Fisburne, Jon Bernthal, Caitríona Balfe, Julianne Nicholson, Rachel Brosnahan; Verleih: Walt Disney; Start: 10. April 2025

REVIEW:
Eine verloren geglaubte Übung ist er aus amerikanischer Studioproduktion, eine nicht länger fortgeführte Kunst, die Hollywood einst mit am besten beherrschte: der große Agententhriller, den es in allen denkbaren Ausprägungen gab und jetzt im Grunde nicht mehr gibt, aufgegeben, discontinued, den Streamern und dem seriellen Erzählen überlassen. Es ist also nicht bar einer gewissen Ironie, dass genau dieses Subgenre für das Kino wiederbelebt wird von einem, der in einer Serie vorgeführt hat, dass er es draufhat: Der Brite James Hawes – vor einem Jahr im Kino mit dem tonal völlig anderen „One Life“ mit Anthony Hopkins – war der künstlerische Architekt der ersten Staffel des Apple-TV+-Highlights „Slow Horses“, die beste James-Bond-Variante der letzten zehn Jahre, ein wunderbares, in einer erkennbaren Realität fußendes Gegengewicht zu den überkandidelten Megabudget-Ausflügen der Plattformen, „The Gray Man“, „Citadel“ oder „Heart of Stone“.

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Rami Malek in James Hawes’ „The Amateur“ (Credit: John Wilson. © 2024 20th Century Studios)

Es ist also wenig verwunderlich, dass „The Amateur“, eine Verfilmung des 1981 erschienenen Pageturners „Sein oder Nichtsein“ des für seine Spionagestoffe bekannten Robert Littell, der auch die Vorlage für die Serie „The Company“ lieferte, nicht so sehr auf Overkill und Daueraction setzt, sondern auf eine emotional stimmige Geschichte. Man denkt gleich an diverse Filme von Tony Scott, in der ebenfalls vermeintlich normale Typen in unglaubliche Ereignisse verwickelt werden, an „Der Staatsfeind Nr. 1“ oder „Déjà Vu“, minus deren explosiv kinetischer Umsetzung. Hawes ist mehr der Handwerker und findet deshalb einen filmischen Ansatz für seine bislang größte Produktion, der Hand in Hand geht mit der Hauptfigur, ein von Rami Malek in seiner ersten (!) Hauptrolle seit seinem Oscargewinn für „Bohemian Rhapsody“ gespielter Kryptograph der CIA, der seinen Schreibtischjob hinter sich lässt, um die Verantwortlichen für den Tod seiner Frau zur Strecke zu bringen, die bei einer Entführung durch Terroristen ermordet wurde.

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Rami Malek und Caitríona Balfe in James Hawes’ „The Amateur“ (Credit: John Wilson. © 2024 20th Century Studios)

Es ist Maleks geerdete Darstellung überhaupt, hat nichts von der neurotischen Qualität seiner Paraderolle seiner Hauptfigur in Sam Esmails Serie „Mr. Robot“ und schon gar nichts von den Schnurrbart zwirbelnden Auftritten als Bösewicht in „Keine Zeit zu sterben“ oder „The Little Things“. Man nimmt ihm die messerscharfe Intelligenz und auch die Entschlossenheit seines Heller ab, der in einer Agentenkomödie vermutlich von Steve Carell gespielt werden würde: ein unauffälliger Typ, den die Spione aus der ersten Reihe bestenfalls mit einem müden Lächeln als Leichtgewicht abtun. Hier aber ist alles ernst, selbst flüchtige Gags bleiben Mangelware in einem Szenario, das davon abhängt, dass man es dem Protagonisten abnimmt, Kraft von Hirnschmalz seinen Gegenspielern und Verfolgern, zu denen alsbald auch das CIA selbst gehört, stets einen Schritt voraus zu sein. Man hört immer den Ausdruck „3D-Schach“. Hier trifft es zu, weil der schmächtige Kerl mit dem stechenden Blick doch immer ein bisschen smarter ist als alle anderen, während er sich in eine Situation begibt, die vielleicht doch etwas größer und komplexer ist, als er es zu Beginn geglaubt haben kann. Gleichzeitig ist es auch ein ganz simples Racheszenario, moralisch zweifelhaft, emotional wirksam und natürlich auch effektiv als Triebfeder für den ganzen Film, der dann doch ganz Bond-mäßig eine Reise um die halbe Welt antritt, allerdings selten in die exklusiveren Ecken von London, Istanbul, Paris und Marseille. 

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Rami Malek und Rachel Brosnahan in James Hawes’ „The Amateur“ (Credit: John Wilson. © 2024 20th Century Studios)

Keep it real, ist hier die gut funktionierende Maßgabe. Malek ist umgeben von kompetenten Kollegen, Jon BernthalLaurence FishburneJulianne Nicholson und Rachel Brosnahan (mit einer enkbar kleinen Rolle als Hellers Frau) leihen eine helfende Hand. „Outlander“-Star Caitríona Balfe hinterlässt den am meisten bleibenden Eindruck mit einem Auftritt als geheimnisvolle Unterstützerin in der türkischen Hauptstadt, der sich nahtlos in ihre starken Auftritte in „LeMans 66“ und „Belfast“ fügt. Aber das Hauptgewicht lastet stets auf den schmalen Schultern von Rami Malek, der manchmal fast zu passiv wirkt, um den Film tragen zu können, dann aber doch genau der Richtige ist mit seiner linkischen Art, um „The Amateur“ den entscheidenden Spin zu geben: ein Bourne ohne Ausbildung, ein Bond ohne Erfahrung, aber zu allem entschlossen, nachdem ihm das genommen wurde, wofür er gelebt hat, eine tragische Figur, die davon profitiert, dass in seiner Partie 3D-Schach der Bauer die besten Angriffe fährt.

Thomas Schultze