Auch für das Kino aufbereitete letzte Staffel der Schweizer Erfolgsserie über zwei Chaos-Cops im Kanton Wallis.
FAST FACTS:
• Kinoauswertung in der Schweiz vor der Ausstrahlung der Staffel
• Schon mehr als 85.000 Tickets in den Schweizer Kinos – und läuft unverändert in vielen Kinos!
• Ab 17. November online bei Play SRF; ab 24. November dann bei SRF 1
• Weltpremiere auf dem 20. Zurich Film Festivals
CREDITS:
Land / Jahr: Schweiz 2024; Laufzeit: 147 Minuten; Regie & Drehbuch: Johannes Bachmann, David Constantin; Besetzung: David Constantin, Dragan Vujic, Lena Furrer, Cedric Schild, Anna-Lena Miano, Arsène Junior Page; Schweiz-Verleih: Ascot Elite; Start: 10. Oktober 2024; Online-Start: 17. November 2024 bei Play SRF; Fernsehstart: 24. November 2024 bei SRF 1
REVIEW:
Das muss man auch erst einmal bringen (können): Nach der Premiere auf dem 20. ZFF (schwer gefeiert!) bringt man die komplette letzte Staffel einer der populärsten Schweizer Fernsehserien einfach mal einen guten Monat vor Beginn der Fernsehausstrahlung in die Kinos, die vollen 147 Minuten, und holt damit mehr als aktuell 85.000 Tickets ab (and counting: Der Film läuft aktuell unverändert in vielen Kinos!). Saubere Leistung, Hut ab! Richtig gerecht wird man „Tschugger“ nicht, wenn man die schräge Comedy über zwei Chaos-Cops im Kanton Wallis, die in ihrer vierten Erfolgsrunde förmlich in einen Fall von internationalen Ausmaßen stolpern, als eidgenössisches Äquivalent zur Eberhofer-Reihe beschreibt, nach dem Motto: Was Niederkaltenkirchen den Bayern, ist das Rhonetal den Schweizern.
So sehr beide Marken zwar als moderne Fortführung der klassischen Volkskomödie zu sehen sind, so sehr die Protagonisten jeweils in der Tradition von Peter Sellers, Louis de Funès und Leslie Nielsen zu stehen scheinen, stets überfordert von ihren Aufgaben und um Ende doch irgendwie erfolgreich, weil Narren eben vom Glück geküsst sind, so sehr sind die filmischen Mittel doch ganz anders. „Tschugger“ hat keine literarische Grundlage, der Stoff ist der Ideenwelt des Werbefilmers David Constantin entsprungen, der die Serie erstmals 2017 dem SRW gepitcht hatte. Das sieht man. Die Visualität ist knalliger, die Tonalität ist handfester, stärker überzeichnet, wirkt deshalb vielleicht auch klamaukig: Der unmittelbare Weg zum erzählerischen Ziel ist hier der beste.
Was nicht heißt, dass „Tschugger“ in seiner Handlung nicht auch in der letzten Staffel, die den Faden der dritten Staffel aufgreift, Haken schlägt, zahllose Umwege geht, ausweglose Situationen anhäuft und in den Schauplätzen/Tatorten springt, wie man es für nötig hält. Am Ende der gleichzeitig entstandenen Staffel 3 hatte bereits eine Vorschau eine „nukleare Bedrohung“ thematisiert, die die ahnungslosen Cops Johannes „Bax“ Schmidhalter, gespielt von Constantin selbst, und seinem überstrapazierten Kompagnon Pirmin Lötscher, gespielt von Dragan Vujic, beschäftigen wird, ein Quantum Bond, aber keine Zeit zu sterben. Wenngleich ihnen selbst das erst einmal gar nicht auffällt, weil sie doch vornehmlich mit sich selbst und ihren eigenen Problemen beschäftigt sind. Bax ist in die Garage von Pirmin gezogen und nervt Pirmins Frau. Wieder im Revier müssen sie sich mit Sprachproblemen arrangieren, weil dort jetzt französisch gesprochen wird. Und während sie einem Fall nachgehen, in dem ein Sprayer „ACAB“-Graffiti hinterlässt, entdeckt eine Wanderinnengruppe in einem ausgebrannten Auto eine verkohlte Leiche, was wiederum bei Pirmin alle Warnglocken schrillen lässt: Es handelt sich um sein gestohlenes Auto.
Es ist also viel geboten in dieser Actionkomödie, die keine Experimente eingeht, sondern all die Zutaten, die die gewaltige Fangemeinde schätzt, einfach eine Nummer größer aufträgt, ein bisschen Coen-Brüder, ein bisschen „How to Sell Drugs Online (Fast)“, ordentlich viel Lokalkolorit und ein dicker Schweizer Akzent, an dem sich dem Vernehmen nach auch Schweizer die Zähne ausbeißen könnten und man als Zuschauer aus dem deutschen Nachbarland froh ist, beim Sichtungslink eine Untertiteloption anwählen zu können: Wer hätte gedacht, dass das Wallis ein böhmisches Dorf ist. Bei einem Nicht-Schweizer kommen vermutlich nicht alle Anspielungen an, aber man muss allemal anerkennen: Das ist Fernsehunterhaltung auf produzentisch allemal so hohem Niveau, dass sie auf der Kinoleinwand trägt. Glückwunsch also zu dem gelungenen Experiment, „Tschugger“ mit dem „lätscht Fall“ erst einmal auf die Leinwand geschickt zu haben. Jetzt können Bax und Pirman die Bildschirme erobern, erst ab 17. November online bei Play SRF und eine Woche später den bei SRF 1 (und bleiben den Leinwänden dennoch unverändert erhalten – die besten „Tschugger“-Partys werden mit Publikum im Kino gefeiert).
Thomas Schultze