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REVIEW KINO: „Raub ihren Atem”

Zweiter Spielfilm von Andreas Kröneck und seiner HNYWOOD Produktion. Völlig ohne Fördermittel realisiert.

CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland 2024; Laufzeit: 110 Minuten; Drehbuch/Regie/Produktion: Andreas Kröneck; Produktion: HNYWOOD Produktion; Kamera: Roman Woerlein; Musik: Antonio Fernandes Lopes (auch Produktion); Cast: Luisa Binger, Christina Lopes, Harald Hauber, Raik Singer, Katy Karrenbauer, Oliver Möller u.a.; Verleih: Camino Filmverleih; Kinostart: 26. Dezember 2024

REVIEW:
Wenn man schon mal Autos mit dem Kennzeichen HN im Bild hat, weiß man, dass man sich nicht in der hippen Großstadt befindet, sondern in der sechstgrößten Stadt Baden-Württembergs, in der breitestes Schwäbisch geschwätzt wird (weicht sehr ab von dem Allgäuer-Dialekt, den die Rezensentin beherrscht!). Hier in Heilbronn setzen die beiden Polizisten Maxine und Joggl alles daran, in der Nacht vor Silvester noch ein großes Ding zu reißen, um nicht ihre Jobs zu verlieren. Für Maxine umso wichtiger, da sie alleinerziehende Mama eines kleinen Mädchens ist, das einem nicht mal Zeit lässt, sich unter der Dusche selbst zu befriedigen. Dass sie „untervögelt isch“, teilt sie sogar Joggl mit, der eine ziemliche Lusche ist und gerne Maxine den Vortritt überlässt, wenn es darum geht, den Sohn des Stadtrats niederzuringen, der ein Mädl auf der Straße belästigt. Maxine, die mit zweitem Namen Walburga heißt, ist nicht aus Zucker. Sie stammt aus der größten Verbrecherfamilie der Stadt und ist nur zur Polizei gegangen, um das Gefühl loswerden, dass in ihr das Schlechte wohnt, was ihre ganze Familie in sich trägt.

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Maxine (Christina Lopes) und Laura (Luisa Binger) in „Raub ihren Atem“ (Credit: Camino Filmverleih)

Schauplatz dieses in einer Nacht spielenden Genrestücks, in vier Kapiteln plus Epilog aufgeteilt, zwischen Film Noir humoresque, Love Story mit Kitschkomponente und Policier absurde, der wie aus der Hüfte geschossen daherkommt, in düstere, nass-blaue, dann aber auch wieder weiche Bilder getaucht, manchmal von einem zu dick aufgetragenen Score, der mal an einen Italo-Western, mal an James Bond, mal an „Dornenvögel“ erinnert, mit einem Augenzwinkern übermalt eingesetzt, wird ein Nobelhotel in der Stadt, in der ein perfider Bösewicht namens Laschla von einem anonymen Verkäufer eine Liste mit den Identitäten zahlreicher V-Männer kaufen will. Das haben auch Maxine und Joggl mitbekommen und machen sich auf an den Ort der Übergabe. Hinter der Liste ist auch Laura her, Sächsisch sprechende Meisterdiebin, die das Handwerk von ihrem sterbenskranken, undercover im Exil lebenden Onkel erlernt hat, der wie ein Vater für sie ist, nachdem sie als Kind mitansehen musste, wie ihre Eltern brutal ermordet wurden. „Nur noch dieser eene Job“, verspricht Laura ihrem Onkel. So trifft Schwäbin auf Sächsin, in eben jenem Hotel, in jener schicksalsträchtigen Nacht, wo nun ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt und die beiden Frauen sich auch noch ineinander verlieben, eine über zehnminütige, sehr freizügig inszenierte Sexszene gibt’s zur Midpoint-Szene (mit den leitmotivischen Klavierklängen).

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„Raub ihren Atem“ (Camino Filmverleih)

Mit „Raub ihren Atem“ legt Andreas Kröneck seinen zweiten Spielfilm nach „Faustdick“ aus dem Jahr 2020 vor, bei dem er ebenfalls mit Christina Lopes arbeitete und der während des Lockdowns nur im Autokino gezeigt werden konnte. „Raub ihren Atem“ feierte dieses Jahr im Wettbewerb der Biberacher Filmfestspiele Weltpremiere. Für den aufwändigen Score zeichnet wie schon bei „Faustdick“ Kollege Antonio Fernandes Lopes verantwortlich, der, wie Kröneck und Editor Pascal Höpfl zum Heilbronner Indie-Studio HNYWOOD Produktion gehört. Hollywood made in Heilbronn also, mit viel Leidenschaft. Und das seit vier Jahren, als die Jungs die Filmproduktion von Magmell und das Synchronstudio Lab Six zu HNYWOOD verschmolzen haben. Wenn jemand wie bei „Raub ihren Atem“ für Regie, Drehbuch und Produktion verantwortlich zeichnet und ohne Fördermittel arbeitet, zeugt das von einem großen Herzen fürs Genrekino, in dem die wahre Liebe durch den Dialekt erblüht. Oder, wie die Zitate zweier berühmten Poeten – der eine Schwabe, der andere Sachse – am Anfang des Films kundtun: „Wer sieht so scharf, so tief, wer anders, als der Falkenblick der Liebe.“ (Friedrich Schiller) „Wohlan! Es eifre jeder seinen unbestochen, von Vorurteilen freien Liebe nach! (Gotthold Ephraim Lessing). 

Barbara Schuster