Heute startet in den deutschen Kinos das Biopic „Monsieur Aznavour“ über den weltbekannten Chansonnier, der von Tahar Rahim faszinierend glaubhaft dargestellt wird. Der Film war in seiner französischen Heimat ein Publikumshit.
FAST FACTS:
• Klassisch erzähltes Biopic über den legendären Sänger und Texter Charles Aznavour
• Mit mehr als zwei Millionen Kinobesuchern ein Hit in Frankreich
• Tahar Rahim spielt den Sohn armenischer Einwanderer sehr überzeugend
• Viel gute Chanson-Musik und fast noch mehr andere Legenden wie Édith Piaf, Frank Sinatra oder François Truffaut als Figuren im Film
CREDITS:
Originaltitel: Monsieur Aznavour; Produktionsland: Frankreich 2024; Genre: Biopic, Musikfilm; Regie & Drehbuch: Mehdi Idir, Grand Corps Malade, Cast: Tahar Rahim, Bastien Bouillon, Marie-Julie Baup; Lauflänge: 134 min; FSK: 0; Verleih: Weltkino; Deutscher Kinostart: 22.05.2025
REVIEW:
Wenn die Sängerin Édith Piaf vielleicht die berühmteste weibliche Stimme Frankreichs ist, könnte das auf der männlichen Seite für Charles Aznavour gelten. Der Sohn armenischer Einwanderer, der als Ziehsohn der Piaf für sie schreiben und mit ihr touren durfte, wird im Biopic „Monsieur Aznavour“ gespielt von dem wandlungsfähigen Superstar Tahar Rahim, der damals mit „Ein Prophet“ international durchbrach, inzwischen aber auch in Hollywoodfilmen wie „Madame Web“ zu sehen ist.
Der Film, der in seiner französischen Heimat mehr als zwei Millionen Besucher in die Kinos zog, beginnt im Paris der 1930er-Jahre im Knabenalter, in dem den jungen Charles schon früh das Bühnenfieber erfasst. Während man aber im Biopic-Gegenstück „La vie en rose“ über Edith Piaf die Besatzung Frankreichs ab 1940 durch die Nazis fast gar nicht mitbekam, ist das hier anders. Denn aufgrund seiner armenischen Wurzeln wird Aznavour häufiger angehalten und als Jude verdächtigt.
Mehdi Idirs und Grand Corps Malades eher klassisch als Aufsteiger-Geschichte erzählte Film, zeigt den von Rahim mit den ikonografischen Augenbrauen und der steifen Körperhaltung glaubhaft dargestellten Aznavour vor allem als Arbeitstier. Er ist zwar mit Talent für Musik und das Texten von Songs gesegnet. Aber ihm ist durch sein Aussehen, seine Herkunft und auch seine Stimme keineswegs die spätere Weltkarriere in die Wiege gelegt worden.
Wie er sich durch seinen Fleiß und seine Ausdauer über die Zeit nach oben kämpft, trägt durch die mehr als zwei Stunden Laufzeit. Rahim geht in dem Duktus, den steifen Körperbewegungen auf der Bühne und dem Understatement der Figur völlig auf, wenn auch der so erzählten Figur etwas mehr emotionale Tiefe fehlt.
Am spannendsten ist sicherlich die Phase in Aznavours Karriere, als er das erste Mal auf die schon große Édith Piaf trifft und wie sich das Verhältnis aber auch über die Jahrzehnte wandelt. Wenn die Treffen anderer Berühmtheiten der Zeitgeschichte wie den Regisseur François Truffaut am Filmset oder Musiker-Legenden wie Frank Sinatra, Sammy Davis Jr. oder Johnny Hallyday kurzweilig verlaufen, sind sie aber eher ein Name-Dropping, um die Bedeutung der Karriere Aznavours zu unterstreichen. Aber die Beziehung zwischen der Meisterin Piaf und Schüler Aznavour ist viel ausführlicher, reifer und spannender erzählt.
Das Biopic „Monsieur Aznavour“ ist voller fantastischer französischer Chanson-Musik und Song-Klassiker. Wer aber darauf hofft, Rahim in der Originalversion auch deutsch zum Beispiel einen Song wie „Du lässt dich geh’n“ singen zu hören, wird enttäuscht werden. Man sieht ihn zwar wie ein Wahnsinniger seine Hit-Songs in vielen fremden Sprachen einsingen. Auch das gehört zu dem unfassbaren Arbeitsethos dieses strebsamen Superstars, aber deutsch ist nicht darunter. Allein für diese Willenskraft lohnt sich schon das Biopic, das sich nicht auf eine einzelne Lebensphase, sondern die traditionell von Anfang bis Ende komplett erzählte Biografie konzentriert.
Michael Müller