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REVIEW KINO: „Mission: Impossible – The Final Reckoning“


Abschluss des Actionfranchise, in dem Ethan Hunt die Welt vor einer K.I. namens The Entity retten muss. 

CREDITS:
Land / Jahr: USA 2025; Laufzeit: 171 Minuten; Regie, Drehbuch: Christopher McQuarrie; Besetzung: Tom Cruise, Simon Pegg, Hayley Atwell, Esai Morales, Ving Rhames, Pom Klementieff, Angela Bassett, Janet McTeer, Henry Czerny, Shea Whigham; Verleih: Sony / Paramount; Start: 22. Mai 2025

REVIEW:
Exposition ist die Achillesferse des Actionfilms. Die Einführung von Figuren, Orten und Umständen, das Etablieren von Situationen, das Festlegen eines inneren Regelwerks ist für jede Art von Kino relevant, im Actionkino sind diese Dinge essenziell. Weil Action Bewegung bedeutet und Exposition die Erzählung entschleunigt. Je eleganter es gelingt, die Einführung Teil der Bewegung sein zu lassen, desto schneller kann der Film zum Punkt kommen, die Figuren vom Betrachter zum Akteur werden lassen. Christopher McQuarrie ist ein Meister der Exposition, hat ein geniales Geschick dafür, den Zuschauer immer zum richtigen Zeitpunkt all das wissen zu lassen, was er zum Genuss des Gezeigten braucht. Was einer der Gründe ist, warum „Mission: Impossible“ im Vergleich zu Bond in den letzten zehn Jahren, seitdem „Rogue Nation“ gegen „Spectre“ antrat und in allen Belangen überlegen war, das effizientere und geschmeidigere der ganz großen Agentenfranchises war und er zur kreativen Verlängerung von Tom Cruise werden konnte, sein Vertrauter und Partner-in-Crime in allen filmischen Angelegenheiten und Fragen, was die Möglichkeit des Umsetzbaren anbelangt. Nachdem die ersten vier Einträge der Reihe jeweils von anderen Regisseuren gedreht worden waren, Brian DePalma, John Woo, J.J. Abrams, Brad Bird, die ihren jeweiligen Filmen ihren Stempel aufdrücken konnten, setzt der seit mehr als vier Jahrzehnten größte Kinostar der Welt seit eben jenem „Rogue Nation“ von 2015 einzig und allein auf McQuarrie, sind die „M:I“-Abenteuer Genrekunst aus einem Guss.

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„Mission: Impossible – Final Reckoning“ (Credit: Paramount)

In „The Final Reckoning“ treiben Cruise und McQuarrie ihr Spiel mit der Exposition auf die Spitze, erheben die Exposition zur Kunstform, betrachten sie nicht länger als Hindernis zwischen der Aktion im Film und dem Zuschauer:in, sondern als gestalterisches Mittel, um der achten und voraussichtlich letzten unmöglichen Mission ihre Form und ihren Rhythmus zu geben. Bis weit in den dritten Akt hinein gibt es immer wieder ganze Passagen, in denen sich die Figuren einander die jeweilige Basis für das erklären, was danach passieren soll. Immer ist man genau informiert, um was es geht, was auf dem Spiel steht, was schiefgehen kann und wie gering die Möglichkeiten des Gelingens selbst dann sind, wenn alles am Schnürchen läuft – um dann nach bestem Eskalationsprinzip des Slapstick-Kinos eines Buster Keaton oder Charlie Chaplin alles schiefgehen zu lassen, was schiefgehen kann und die Rettung aus auswegloser Situation – über die man gerade ausgiebig informiert wurde – immer nur durch Improvisation oder einen anderen genialen Kniff gelingen kann. Mehr letzte Sekunde als in „M.I 8“ geht nicht.

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„Mission: Impossible – Final Reckoning“ (Credit: Paramount)

Es geht aber auch um Alles. Die Handlung setzt direkt an an „Mission: Impossible – Dead Reckoning“ von 2023: Immer noch geht es um eine um Weltherrschaft bemühte K.I. namens „The Entity“, immer noch liegt der Schlüssel zur Bekämpfung dieser maliziösen Krake am Boden der Beringsee in einem russischen Atom-U-Boot namens Sebastopol. Weil dieser so wunderbare Teil des Franchise, fast so gut wie aber noch spektakulärer als die beiden Teile davor, „Rogue Nation“ und „Fallout“, an den Kinokassen nicht auf den erhofften Widerhall gestoßen war mit einem weltweiten Einspiel von 565 Mio. Dollar (schwächer als die drei Filme davor), hatten sich Cruise und McQuarrie noch einmal zusammengesetzt und den eigentlich in großen Teilen back to back gefilmten „Dead Reckoning 2“ auf Halde gesetzt und als „The Final Reckoning“ noch einmal neu konzipiert, als großes Finale der nunmehr fast 30-jährigen Kinoreise von Ethan Hunt. Das Ergebnis ist ein Film, der seine Kreise noch einmal weiter zieht, Figuren und Ereignisse bis zurück zum ersten Teil referenziert und gleich zu Beginn eine große Montage auffährt, in denen Momente aus allen vorherigen Filmen rasend schnell zusammengeschnitten werden, um den Anführer der IMF als mythischen Helden zu zeichnen, der letzte und einzige, der die Entität an der Umsetzung ihrer Pläne hindern kann, gerade weil er sein eigener Herr ist und Befehle nur dann ausführt, wenn er sie mit seinem Gewissen und seiner Sorge um die Mitstreiter an seinen Missionen vereinbaren kann. Wie hier alle McGuffins der bisherigen Filme noch einmal ins Spiel gebracht werden, die Hasenpfote, der Anti-Gott, die Giftpille, das Podkova und wie die Dinger alle heißen mögen, die die Handlung stets in Bewegung halten, geht hart an die Grenze zur Selbstparodie, ein selbsternannter Superfilm, gigantomanisch und selbstwichtig, wie man es zuletzt eigentlich eher bei Bond erlebt hatte.

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„Mission: Impossible 8 – The Final Reckoning“ (Credit: © 2024 Paramount Pictures)

Ein bisschen vermisst man die Leichtfüßigkeit und Verspieltheit, die McQuarries „Mission: Impossible“-Filme stets ausgezeichnet hat, ihre Ökonomie und Zielstrebigkeit. Szenen wie die Motorradverfolgungsjagd durch Paris in „Fallout“ oder das Autoballett in Rom in „Dead Reckoning“ sind diesmal Fehlanzeige, Szenen, die das Publikum abholen und ihm verschwörerisch zuzwinkern, man müsse das alles nicht so ernst nehmen und solle deshalb doppelt so viel Spaß haben. Hier geht es um das Ende der Welt, um bedeutungsschwangere Blicke, um Abschiednehmen und ein bisschen mehr Ernst als Witz. Aber es ist auch nicht so, als würde man nicht belohnt werden, wenn man sich wieder einmal durch einen Berg Exposition gearbeitet hat. Die ausgedehnten Sequenzen an Bord der Sebastopol und in Südamerika, wo sich das Schicksal der Welt entscheidet und Tom Cruise und sein von Esai Morales gespielter Gegenspieler sich in einem unfassbaren Stuntgewitter bei Schwerkraft null auf zwei einmotorigen Doppeldecker bekriegen, sind Szenen für die Ewigkeit. Was Cruise da leistet, wie er tatsächlich SCHAUSPIELERT, während er sich bei Sturzflug an einem der Flügel festklammert, ist einzigartig und allein den Preis des Tickets wert. 

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Tom Cruise und Simon Pegg in „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ von Christopher McQuarrie (Credit: Paramount / Sony)

Und natürlich ist es auch ein Vergnügen, wie sich um die gesetzten Simon Pegg als Benji und Ving Rhames als Luther wieder ein neues, durchaus überraschendes Team von Mitstreitern, die man schon in „Dead Reckoning“ kennengelernt hat, formt, angeführt von der brillanten Taschendiebin Grace, wunderbar elegant und mit trockenem Humor gespielt von Hayley Atwell. Am Ende bekommt jeder seinen großen Moment, darf scheinen und glänzen. Aber es ist auch klar, dass dies die Show von Tom Cruise ist. Und soll keiner sagen, dass er und Christopher McQuarrie nicht wüssten, dass sie hier einen Overkill veranstalten, der regelrecht absurd ist: Wie groß die Hindernisse auch sein mögen, wie hoch die Latte auch liegen mag, wie exzessiv das Szenario auch sein mag, am Schluss machen sie etwas, was schon den ersten „Mission: Impossible“ ausgezeichnet hatte: Da hing das Schicksal der Mission buchstäblich an einem seidenen Faden, weil es darum ging, dass ein Schweißtropfen von Ethan Hunts Stirn nicht auf den Boden tropfen durfte – anstatt einer riesigen Schießerei oder Verfolgungsjagd. In „The Final Reckoning“ geht es letzten Endes, wenn alle Schachfiguren in Stellung gebracht worden sind, nicht ein, sondern gleich drei rote Kabel durchtrennt wurden, buchstäblich um einen Wimpernschlag. Da ist dann auch diese „M:I“ wortwörtlich eine Punktlandung, nachdem sie zwischenzeitlich buchstäblich die Schwerkraft aufgehoben hatte.

Thomas Schultze