Fortsetzung des Kulthits von Robert Thalheim aus dem Jahr 2017, in der die längst pensionierten Auslandsspione der DDR noch einmal auf den Plan gerufen werden.
FAST FACTS:
• Fortsetzung des Originals von 2017, das 400.000 Tickets erzielte
• Wieder geschrieben und inszeniert von Robert Thalheim
• Zur bewährten Besetzung um Henry Hübchen stoßen Corinna Harfouch, Katharina Thalbach und Winfried Glatzeder
• Erster Film von Majestic unter der neuen Verleihpartnerschaft mit Warner Bros.
CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland 2024; Laufzeit: 96 Minuten; Regie: Robert Thalheim; Drehbuch: Peer Klehmet, Robert Thalheim; Besetzung: Henry Hübchen, Corinna Harfouch, Katharina Thalbach, Winfried Glatzeder, Thomas Thieme, Alberto Ruano; Verleih: Majestic (Warner Bros.); Start: 23. Januar 2025
REVIEW:
Wenn man zurückdenkt an „Kundschafter des Friedens“, Robert Thalheims beschwingte Agentenkomödie aus dem Jahr 2017, die sich mit 400.000 Tickets zum Überraschungshit an den Kinokassen mauserte, dann tut man das liebevoll, beinahe schon nostalgisch. Was nicht bar einer gewissen Ironie ist, weil ja der Film selbst Nostalgie pur ist, Feier einer eigentlich lange schon nicht mehr existenten Form des Kintopps wie auch Feier seiner Darstellerriege um Henry Hübchen, allesamt schauspielerische Urgesteine, Legenden des DDR-Kinos, aber seit der Wende auch gerngesehen und gefeiert im gesamtdeutschen Kino. Wenn man zurückdenkt an „Kundschafter des Friedens“, dann stellt man sich zwangsläufig als Nächstes die Frage nach einer Fortsetzung. Oder besser, konfrontiert mit „Kundschafter des Friedens 2“, warum es denn so lange dauern musste, bis Ossi-Bond Jochen Falk die Seinen wieder aktiviert hat für eine neue letzte Mission (bis dann die nächste kommt).
Entscheidend ist letztlich, dass es jetzt so weit ist, dass Robert Thalheim, der zuletzt mit Oliver Ziegenbalg die beachtliche Netflix-Miniserie „Billion Dollar Code“ gemacht hatte und nun erstmals seit „TKKG“ aus dem Jahr 2019 wieder auf die große Leinwand zurückkehrt, sich mit seinem Drehbuchkollegen Peer Klehmet wieder so lustvoll und verspielt dieser pfiffigen Genre-Melange zuwendet, die natürlich viel Bond ist, viel „Ocean’s 11“, viel auf andere Ensemble-Komödien mit DDR-Themen rekurriert, aber ganz besonders doch vor allem eine Verbeugung ist vor lange vergessenen Agentenkomödien der Sechzigerjahre, große europäische Koproduktionen im 007-Sogwasser wie „Unser Mann aus Istanbul“: Man wähnt unentwegt, Peter Ustinov oder Maximilian Schell könnten um die Ecke kommen. Und natürlich kommt noch eine gehörige Portion „Blues Brothers“ dazu: We’re getting the band back together. Alle Mitstreiter des Originals sind wieder mit an Bord, mit Ausnahme des 2020 verstorbenen Michael Gwisdek. Neben Hübchen sind das Thomas Thieme und Winfried Glatzeder. Sie werden diesmal unterstützt von Katharina Thalbach und Corinna Harfouch, weil die Ladies-Power im ersten Teil noch nicht gestimmt hat.
„Kundschafter des Friedens 2“ ist die Art von Film, in der Männer mit Glatze auf den Spitznamen „Locke“ hören und man trotzdem schmunzeln muss, weil die Verve stimmt, die Haltung, weil es ein Jux und eine Klamotte ist, aber nie den Verstand an der Garderobe abgegeben hat, weil man als Publikum Anteil haben darf an der großen Freude, die wohl bei den Dreharbeiten bei allen Beteiligten geherrscht haben mag, weil Regisseur Thalheim es so wunderbar beherrscht, seinen Film albern und absurd sein zu lassen, aber doch immer die Kurve kriegt: Es ist eben auch ein kluger Film über das Älterwerden und Abschiednehmen, über Selbsttäuschung und Lebenslügen, ohne die schwereren Themen, die anklingen bei dieser Sause der DDR-Altagenten in Kuba, diesem Buena Vista Spionage Club, jemals zu sehr in den Mittelpunkt zu rücken oder die gute Laune zu verderben.
Ein bisschen Wehmut schwingt halt mit, wenn eine alte Liebe wieder ins Leben von Jochen Falk platzt, nur er und seine längst pensionierten Mitkundschafter:innen könnten ihr in einer wichtigen Erbsache auf Kuba beiseitestehen, wo es um die Zukunft der 1972 von Fidel Castro in einer symbolischen Geste der DDR geschenkten Ernst-Thälmann-Insel geht. In einem mutigen Handstreich sollen sie ein Testament noch vor der Vollstreckung austauschen und damit das Andenken der Ostzone ehren. Ein Schelm, wer sich Böses denkt. Die Handlung selbst ist ein McGuffin, kaum mehr als eine Entschuldigung, als Henry Hübchen und Co. in einer Abfolge von verrückten Situationen ins bestmögliche Licht zu rücken. Es gibt ein atemloses Revolutions-Quiz am Swimming-Pool-Beckenrand, in dem Katharina Thalbach als Tamara mit Insiderwissen glänzt, oder einen Auftritt der rüstigen Herren mit einem Chippendales-Strip, um den Schein zu wahren. Alles eben eine Verbeugung vor einer Art von Kino, das ebenfalls in die Rente geschickt worden scheint, nicht so überkandidelt wie Derek Flint, nicht so chauvinistisch wie Matt Helm, nicht so beinhart wie Harry Palmer. Sondern eben goldrichtig wie die Kundschafter des Friedens.
Thomas Schultze