No-Budget-Komödie, in der das Dorfleben in der Oberpfalz, das Wirtshaussterben und die Eigenheiten der Einheimischen beleuchtet wird.
FAST FACTS:
• Low-Budget-Produktion von und mit Christina Baumer als Hommage an ihre Heimat Oberpfalz
• Eberhofer meets „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“
• Im Eigenverleih in die Kinos gebracht
CREDITS:
Land/Jahr: Deutschland/2024; Regie: ; Regie/Drehbuch: Christina Baumer, Maia Sander; Cast: Christina Baumer, Judith Riehl, Walter Schuster, Sandro Stocker, Kathrin Anna Stahl, Horst Wüst, Edith Konrath, Jürgen Fischer, Ben Plunkett-Reynolds u.a.; Casting: Anne Hünseler; Verleih: Eigenverleih bei StoneWood Film; Kinostart: 16. Januar
REVIEW:
Hundsling, Landkreis Tirschenreuth. Es liegt ziemlich abseits, im nördlichsten Zipfel Bayerns. Sogar die Vögel scheinen hier nur durchzuziehen, wie man am mit Vogelkot bespritzten Ortsschild sieht. Ein Streit zwischen den beiden Wirtshäusern eskaliert, das eine wird von der zugereisten Peggy betrieben, das andere von Lokalmatadorin Rosi. Bis Rosi, die Wirtin des einen Gasthauses, tot am Boden liegt. Jetzt gibt es keine leckeren bayerischen Spezialitäten mehr wie die berühmten Dampfnudeln mit Schokosoße, wie der Pfarrer am Grab bedauert. Rosis Mann Xaver steht eh schon lange neben sich, gemeinsam mit dem ehemaligen Zugführer Schmidhuber, der in noch größerem Demenz-Nebel in der Vergangenheit lebt. Gut, dass die Tochter, „das Lenerl“, aus der Stadt kommt und hilft. Sie will wissen, was passiert ist und freut sich gleichzeitig, ihre einstigen Jugendfreunde alle wiederzutreffen.
Vor allem die Franzi, eine esoterisch angehauchte Sexualtherapeutin, die die Energy der toten Rosi überall spürt und demnächst endlich ihren Sepp heiraten will. Der betreibt den Dorfladen, der nicht bei allen Bewohnern auf Wohlwollen stößt mit dem gesunden Zeug, das dieser „Rettichlutscher“ verkauft. Für Lena stellt sich nun die Frage, wie es weitergehen soll mit dem Wirtshaus ihrer Mutter. „Aus is“, sagt Xaver. Doch Lena will erst einmal mit Peggy reden, die das Konkurrenz-Wirtshaus für ihren Sohn Toni eröffnet hat und um die Gunst der Dorfbewohner buhlt mit feurigem mexikanischem Essen und Cocktails namens Amore caliente. Peggy lässt Lena eiskalt abblitzen. Daraufhin beschließt Lena, die gute bayerische Küche ihrer Mutter aufleben zu lassen und lädt zur Wiedereröffnung des elterlichen Betriebs unter ihrer Führung. Eine Fortführung des Gehackels ist vorprogrammiert – jetzt allerdings zwischen Lena und Peggys Sohn, Toni…. Doch man ahnt, dass es hier eher um ein „Was sich liebt, das neckt sich“ handelt…
Für Schauspielerin Christina Baumer, die aus dem Landkreis Tirschenreuth stammt, ist „Hundslinger Hochzeit“ ein Herzensprojekt und sozusagen als One-Woman-Show entstanden, will heißen, aus eigener Tasche finanziert (bzw. mit Hilfe vieler Unterstützer und ehrenamtlichen Mitwirkender), selbst produziert, selbst geschrieben (nach einer Idee von ihrer Mutter Ulla-Britta Baumer), selbst inszeniert. Und vor der Kamera spielt sie als Magdalena auch die Hauptrolle. Der Film setzt ihrer Heimat ein Denkmal. Auf der Website ihrer mit ihrer Mutter geführten Produktionsfirma StoneWood Film, die den Film auch im Eigenverleih in die Kinos bringt, heißt es sogar, dass sie mit dem Film die Oberpfalz (genauer gesagt die Nördliche Oberpfalz) mehr in den Fokus der Filmindustrie rücken und dem Credo von StoneWood folgend, „nachhaltiges Denken, Regionalität, Heimatverbundenheit und Identität in den Mittelpunkt“ stellen will.
Das gelingt ihr auf charmante Art und Weise. Der oberpfälzische Dialekt mit seinem kehligen „ou“, das ein wenig an Hundebellen erinnert, spielt eine eigene Hauptrolle. Die Figuren sind fein ausgearbeitet, sei es Bürgermeisterin Traudl, die den Tourismus ankurbeln will, aber nie ganz bei der Sache ist, weil sich bei ihr alles um Glück im Spiel, Glück in der Liebe dreht, der Hippie-Freund aus London, dem die Einheimischen erst mal beibringen, wie man „Oichkotzlschwoif“ ausspricht und mega gechillt ist, der Vater Xaver, der als mürrischer Griesgram doch nur Liebe für seine Tochter hat, oder eben Lenerl selbst, die grad heraus ist, offen, ehrlich und weiß, dass ein soziales Miteinander wichtiger ist im Leben als Fleischgerichte. Und irgendwie läuft es dann doch auf (fast) vier Hochzeiten und ein Todesfall hinaus.
Barbara Schuster