Neues Animationsabenteuer für kleinere Kids, in dem Heidi und Peter ein kleines Luchsjunges beschützen und zu seiner Familie bringen müssen.
FAST FACTS:
• Erster „Heidi“-Animationsfilm von Studio 100 International („Die Biene Maja“)
• CGI-Animation mit Look & Feel der legendären japanischen Zeichentrickserie
• Inszeniert von dem versierten Storyboard-Artist Toby Schwarz
• Claudia Koreck hat den berühmten Titelsong neu eingespielt
• Voller Publikumserfolg bei der Premiere beim Goldenen Spatz in Erfurt
CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland, Spanien, Belgien 2025; Laufzeit: 76 Minuten; Regie: Toby Schwarz; Drehbuch: Tess Meyer, Rob Sprackling, Marcus Sauermann; Verleih: LEONINE Studios; Start: 26. Juni 2025
REVIEW:
Auf das Paradies warten Schwierigkeiten. Was auch sonst? Tief im Wesen des klassischen, in der Schweiz regelrecht identitätsstiftenden Stoffs von Johanna Spyri, die das wohl bekannteste Schweizer Buch 1827 veröffentlicht hat und damit die Eidgenossenschaft in die Welt trug, steckt genau das: die Idylle, das Ideal, ein unbeschwertes Leben in den Bergen auf der einen, Bedrohung der Idylle, Gefahr und Eindringlinge auf der anderen Seite, in der Mitte die kleine Heidi, die ihre Bestimmung findet mit ihrem Leben an der Seite des anfangs vielleicht bedrohlich wirkenden Großvaters, dem Alm-Öhi, und ihres besten Freundes, des unbeschwerten, immer für ein Abenteuer zu habenden Ziegen-Peter. Daran rüttelt auch „Heidi – Die Legende vom Luchs“ nicht, mit dem Studio 100 International nach „Die Biene Maja“ den zweiten klassischen Zeichentrickserienstoff aus den Siebzigerjahren rundum erneuert, aber jederzeit wiedererkennbar auf die Leinwand holt, damals ästhetisch nachhaltig geprägt von Hayao Miyazaki, bevor dieser loszog, um mit seinem Studio Ghibli den Animationsfilm neu zu erfinden.

Wenn überhaupt, dann wurden die Anpassungen sanft vorgenommen von Regisseur Toby Schwarz, der zuvor die Serie „Der kleine Drache Kokosnuss“ inszeniert hat und bei zahllosen deutschen Animationsfilmen als Storyboard-Künstler eine Schlüsselrolle einnahm. Wie überhaupt „sanft“ ein Schlüsselwort ist für diesen kindergerechten Film, was sich in der Laufzeit von nicht einmal 80 Minuten ebenso widerspiegelt wie in den eher behutsamen Schnittfolgen und dem Bemühen, zwar Spannung, aber keinen Stress beim Publikum zu erzeugen. Und nicht zuletzt in der Geschichte selbst, die nicht auf einer Vorlage beruht, sondern die bekannten Figuren im bekannten Anime-Look in ein brandneues, originales Abenteuer lockt, das ein bisschen weniger Lokalkolorit haben mag als die Vorlage von Spyri (oder die berühmten Spielfilme, ob nun die ursprüngliche Schweizer Schwarzweißvariante von 1952, das österreichische Farbremake von 1965 oder die jüngste filmische Annäherung von 2015, inszeniert von Alain Gsponer nach einem Drehbuch von Petra Volpe für Claussen + Putz und STUDIOCANAL, die es auf 1,3 Mio. Tickets brachte), aber doch mit viel Herz erzählt ist.

Heidi findet mit Peter einen kleinen verletzten Luchs, der von seiner Familie getrennt wurde, und entscheidet sich, das Junge mit seiner Mama wieder zu vereinen, was zu einer bisweilen herzigen, bisweilen aufregenden Reise in die Berge führt, in der es zu einer Auseinandersetzung mit einem Adler kommt und schließlich auch etwas über Freundschaft und Loyalität zu lernen gibt für Heidi, die für ihre Hilfsaktion ihre Freundin Klara vernachlässigt hat. Gleichzeitig wird das Dörfchen selbst von dem windigen Geschäftsmann Schnaittinger bedroht, der wie alle Immobilienhaie der Filmgeschichte (und die meisten im wahren Leben) nichts Gutes im Schilde führt. Und auch der Alm-Öhi bekommt mehr zu tun als einfach nur ein brummelnder, weiser Fels in der Brandung zu sein: Tatsächlich erfährt man, warum er einst die Entscheidung getroffen hat, ein Leben als Einsiedler abseits des Dorfes zu führen.

Wenn man besonders kritisch sein will, dann ließe man sich zu der Anmerkung hinreißen, dass man ab und an schon auch merkt, dass hier nichts dem Zufall überlassen wurde, als hätte man die Zutaten des Films am Reißbrett zusammengestellt. Das mag aber auch einfach dem Wesen des Animationsfilms geschuldet sein, der eben per definitionem genau so entsteht, am Reißbrett (oder wie man es modern nennen mag: am Storyboard). Auf die Umsetzung kommt es an, und die hat wie gewohnt bei Studio 100 und Studio Isar Animation internationales Niveau, ein Film mit schönen Farben, der nicht von ungefähr beginnt wie „The Sound of Music“, aber eben nicht den Blick freigibt auf Julie Andrews, wenn die Kamera durch Wolken und Nebel gefahren ist, sondern auf die vertraute Welt von Heidi. Sogar den berühmten Heidi-Song hat man neu eingespielt und dafür Claudia Koreck gewinnen können, die damit nach „s’ewige Lem“ für Joseph Vilsmaiers Neuverfilmung der Geschichte vom Brandner Kaspar zum zweiten Mal den Titelsong für einen erfolgversprechenden Kinofilm beisteuert.
Thomas Schultze