Rückkehr der in den Nullerjahren höchst beliebten Horrorreihe über eine Gruppe von Kids, die gegen den Tod selbst kämpfen müssen, nachdem sie ihm schon einmal von der Schippe gesprungen waren.
FAST FACTS:
• Reboot der amüsanten Horrorreihe nach 14 Jahren Pause
• Eine der erfolgreichsten Horrorreihen der Nullerjahre Seite and Seite mit „Scream“ und „Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast“
• Schon damals kultisch verehrt und gefeiert bei der Horrorgemeinde
• Von 2000 bis 2011 fünf Filme mit gesamt mehr als vier Millionen Tickets
• Inszeniert von dem „Freaks“-Regieduo Zach Lipovsky und Adam B. Stein
CREDITS:
O-Titel: Final Destination 6: Bloodlines; Land/Jahr: USA 2025; Laufzeit: 110 Minuten; Regie: Zach Lipovsky, Adam B. Stein; Drehbuch: Guy Busick, Lori Evans Taylor; Besetzung: Kaitlyn Santa Juana, Teo Briones, Richard Harmon, Owen Patrick Joyner, Anna Lore, Tony Todd; Verleih: Warner Bros. Discovery; Start: 15. Mai 2025
REVIEW:
Unter all den mittlerweile reanimierten Teen-Horror-Reihen („Scream“, „Halloween“, „I Know What You Did Last Summer“, demnächst „Düstere Legenden“) ist „Final Destination“ mit Abstand das effizienteste Franchise-Konzept. Jeder Film funktioniert eigenständig, die Charaktere sind austauschbar, es gibt keinen maskierten oder psychopathischen Killer, es gibt nur den Tod, der eine Münze wirft – das ist das Grundprinzip, dass sich auf unzählige Arten ausschlachten lässt, ohne dabei groß an der Dramaturgie rütteln zu müssen. Jeder Film beginnt mit der unheilbringenden Vision einer Hauptfigur, in der sie selbst und viele andere ums Leben kommen. Der oder die Protagonist:in versteht die Warnung, kann daraufhin viele Menschen retten, wird dadurch aber erst recht zur Zielscheibe. Die näheren Gründe dafür bleiben ein Rätsel, da alle vorrangig damit beschäftigt sind zu sterben. Es ist ein nihilistisches und zynisches Konzept, dessen morbider Humor darin besteht, dass niemand auf die Zeichen achtet, die der unsichtbare Sensenmann so großzügig auf der Leinwand verstreut. Die Figuren sind grundsätzlich ahnungslos, nur das Publikum weiß genau, wo der Tod lauert. Auf diese Weise wurden in den letzten 25 Jahren Männer, Frauen, Teenager durch unaufhaltsame Kettenreaktionen und unwahrscheinliche Freak Accidents grausam durchbohrt, enthauptet oder aufgespießt, meist in den eigenen vier Wänden, mithilfe gewöhnlicher Gebrauchsgegenstände und in alltäglichen Situationen, was eine ganze Generation von Kinobesuchern traumatisiert hat. Denn so grotesk die Umstände auch sein mögen, so real ist die darin beschworene Angst vor Flugzeugabstürzen, Autounfällen oder einem Termin beim Augenarzt.
Nun wird das seit vierzehn Jahren verdrängte Trauma wiedererweckt, in einer Zeit, in der Bedrohungen ohnehin allgegenwärtig sind und alles andere als ein Witz. Überraschenderweise findet das Drehbuch, das auf einer Idee von „Spider-Man“-Autor und -Regisseur Jon Watts basiert, einen Weg zur Erlösung innerhalb der eigenen Konventionen, indem es diese mit großartiger Begeisterung feiert. Der Film beginnt mit einer „Eröffnungsvision“, die mit ihrem nostalgischen Retro-Look an Oz Perkins‘ Stephen-King-Adaption „The Monkey“ (ein heimliches Spin-off) erinnert, mehrere Hitchcock-Klassiker zitiert, die „Final Destination“-Grundregeln elegant choreografiert und geschnitten auf dem Silbertablett serviert und dazu eine Handvoll eingängiger Needle Drops von Johnny Cash, Connie Francis und Burt Bacharach. Wir schreiben das Jahr 1968, ein junger Mann namens Paul Campbell (Max Lloyd-Jones) besucht mit seiner Freundin Iris (Brec Bassinger) das Opening des spektakulären Aussichtsrestaurants „Skyview Tower“, um ihr dort in schwindelerregender Höhe einen romantischen Heiratsantrag zu machen, nachdem sie ihm ihre Schwangerschaft gebeichtet hat. Als die Band den Floorfiller „Shout“ anstimmt, bringt die fröhliche Gästeschar zunächst den Glasboden der Tanzfläche zum Bersten. Ein unartiges Kind, möglicherweise der Antichrist, sorgt mit dem Wurf eines Pennys über mehrere Umwege dafür, dass es zu einer Reihe von Gasexplosionen kommt. Die Massenpanik lässt den Fahrstuhl einstürzen, irgendwann kippt die gesamte Plattform, rauscht in die Tiefe, mit allem, was sich darauf bewegt – vor Iris‘ Augen, die sich selbst und einen kleinen Jungen (Jayden Oniah) vor dem flammenden Inferno retten kann.
Zurück in der Gegenwart erwacht die Collegestudentin Stefani (Kaitlyn Santa Juana) während einer Mathematikvorlesung schreiend aus eben diesem Albtraum, der sie seit Tagen und Nächten verfolgt. Sie ist überzeugt davon, dass es sich bei Iris um ihre Großmutter handelt, der sie noch nie begegnet ist. Es stellt sich heraus, dass diese (jetzt gespielt von Gabrielle Vision) als junge Frau exakt die gleiche Vision wie Stefani hatte. Dank ihrer Vorahnung konnte sie die Katastrophe verhindern und den todbringenden Penny an sich nehmen, sozusagen bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Wie es die Regeln des Spiels verlangen, sind inzwischen alle anderen, die an jenem Tag den „Skyview Tower“ besuchten, aber auch deren Blutsverwandte unfreiwillig aus dem Leben geschieden. Offenbar wurde die Familie Campbell bislang nur deshalb verschont, weil sich Iris in den vergangenen Jahrzehnten in einer einsamen Waldhütte todsicher verbarrikadiert hat. Zum Beweis dieser Theorie, seeing is believing, wagt sie bei dem Besuch ihrer Enkelin erstmals einen Schritt vor die Tür und wird prompt von einer Wetterfahne aufgespießt. Als bei der Trauerfeier ein Rasenmäher Iris‘ Sohn Howard (Alex Zahara) zermalmt, können auch die übrigen Verwandten die Bedrohungen, die von Gartengeräten oder auch Crushed Ice ausgehen, nicht länger ignorieren. Infolgedessen muss Stefani, wie so viele andere vor ihr, einen Weg finden, den Tod zu überlisten. Dabei stehen ihr ihr jüngerer Bruder Charlie (Teo Briones), ihre Cousins Eric (Richard Harmon) und Bobby (Owen Patrick Joyner) zur Seite – und schließlich im entscheidenden Moment ihre entfremdete Mutter Darlene (Rya Kihlstedt).
Wie immer gilt dabei: If you screw with Death’s plans, things can get very … messy. Anders als ihre Vorgänger haben es die Regisseure Zach Lipovsky und Adam B. Stein allerdings etwas weniger auf Splatter- und Gore-Effekte abgesehen, sondern vor allem auf die Mechanik der Tötungssequenzen und die Mythologie des Franchise. Sie entwerfen in jeder Einstellung genüsslich die „Todes-Matrix“, rücken unzählige potenziell lebensgefährliche Element ins Bild, um erst sehr viel später, zum unwahrscheinlichsten Zeitpunkt auf die ausgelegten Fährten zurückzukommen, reizen den Nervenkitzel erbarmungslos bis zum Anschlag aus. Keiner bleibt verschont, es trifft sogar diejenigen, die die Zeichen ausnahmsweise nicht übersehen, der Tod holt jeden ein, wie Road Runner seinen Verfolger Wile E. Coyote. Es ist ein Witz, der niemals alt wird, ein Film wie eine Achterbahnfahrt, der Freefall Tower des Horrorvergnügens. Während sich Storyline und Dialoge in vorherigen Filmen hin und wieder durch eine leicht lähmende Redundanz auszeichneten, hat der wilde Ritt hier tatsächlich Höhen und Tiefen. Die Suche nach Sinn und Subtext gipfelt in einem Cameo-Auftritt von Tony Todd in seiner ikonischen Rolle als Leichenbestatter William John Bludworth, die einzige wiederkehrende Figur des Franchise, die einzige, die Hinweise darauf geben kann, wie sich das Ende aufhalten lässt. Der Schauspieler, der wenige Monate nach den Dreharbeiten im November des vergangenen Jahres verstarb, wiederholt vor der Kamera, sichtlich von Krankheit gezeichnet, noch einmal die Mantras, die ihn zur Legende gemacht haben, um sich von seinen Fans mit einer so schockierend direkten Erinnerung an die eigene Sterblichkeit zu verabschieden, dass sich „Final Destination“ spätestens jetzt als Lektion in Achtsamkeit entpuppt. Der gewohnte Zynismus wird durch Menschlichkeit und Empathie ersetzt, man bedauert zutiefst, wenn irgendjemand in einer Müllpresse zerhäckselt oder von einem MRT-Gerät eingesaugt wird, die Charaktere sind ausnahmslos sympathisch, die hinreißende Geschwisterdynamik ist das Herz, die Familie der rote Faden, um nicht zu sagen: die Blutlinie der Geschichte, die sowohl der Gegenwart als auch der Vergangenheit Respekt zollt, alle Regeln und Versprechen beim Wort nimmt und das Franchise nach 25 Jahren noch einmal neu erfindet. Die Münze, die der Tod am Anfang wirft, ist am Ende wieder im Spiel – weil die Hauptfigur sie in einem unachtsamen Moment aus den Augen verloren hat, und weil nicht nur das Leben weitergehen muss.
Corinna Götz