Nervenaufreibender Thriller über eine junge Witwe, die bei einem ersten Date per Smartphone die Anweisung erhält, ihr Gegenüber zu töten.
FAST FACTS
• Schon die dritte Produktion von Blumhouse in diesem Jahr, diesmal ein Thriller
• Realisiert gemeinsam mit Michael Bays Platinum Dunes
• Inszeniert von Genrespezialist Christopher Landon
• Attraktiv besetzt mit Meghann Fahy aus „The White Lotus“ und Brandon Sklenar aus „Nur noch ein einziges Mal“
• Weltpremiere im März auf dem SXSW Film Festival in Austin
CREDITS:
O-Titel: Drop; Land / Jahr: USA 2025; Laufzeit: 100 Minuten; Drehbuch: Jillian Jacobs, Chris Roach; Regie: Christopher Landon; Besetzung: Meghann Fahy, Brandon Sklenar, Violett Beane, Jacob Robinson, Reed Diamond; Verleih: Universal Pictures International; Start: 17. April 2025
REVIEW:
Bereits der dritte Film in diesem Jahr aus der fleißigen Genreschmiede von Blumhouse Productions, diesmal im Schulterschluss mit Michael Bays nicht minder versierter Platinum Dunes. Auch wenn Regisseur Christopher Landon die Betriebstemperatur nach dem enttäuschenden „Wolf Man“ aus dem Januar und dem nur bedingt erfolgreichen „The Woman in the Yard“ etwas erhöhen kann, stehen die entscheidenden Titel aus der Produktion von Jason Blum in diesem Jahr erst noch bevor: „M3GAN 2.0“ im Juni, „The Black Phone 2“ im Oktober und „Five Nights at Freddy’s 2“ im Dezember. Deshalb ist „Drop – Tödliches Date“, der seine emsig beklatschte Weltpremiere vor begeisterungsfähigem Fachpublikum auf dem SXSW Film Festival im März feiern konnte, vor allem für Landon ein großer Schritt nach vorn, eine deutliche Erweiterung seiner Palette nach seinen soliden Blumhouse-Hits „Happy Deathday“, dessen Fortsetzung und „Freaky“ (sowie dem nicht für Blum entstandenen „We Have a Ghost“), auch dahingehend, dass er erstmals nicht nach eigenem Drehbuch arbeitete, sondern auf eine solide Arbeit des Autorenduos Jillian Jacobs und Chris Roachzurückgriff, das mit „Wahrheit oder Pflicht“ und „Fantasy Island“ bisher dem Regisseur Jeff Wadlow zugearbeitet hatte.
Um ein erstes Blinddate in einem Nobelrestaurant in einem oberen Stockwerk eines Wolkenkratzers von Chicago geht es, bei dem die Heldin der Geschichte, die verwitwete Single-Mom Violet, mit bedrohlichen Textnachrichten eines scheinbar allwissenden Unbekannten auf ihrem Smartphone dazu gebracht werden soll, ihr Date mit Gift außer Gefecht zu setzen: In knalligen Lettern, die bisweilen die gesamte Leinwand füllen, bleibt das Publikum immer auf dem Laufenden, was da auf dem Handy-Bildschirm aufpoppt. Als Druckmittel dient ihr kleiner Sohn, auf den Violets Schwester aufpasst: Mit Hilfe einer Babycam kann Violet mitverfolgen, wie ein maskierter Mann in ihre Wohnung eindringt und nun über das Leben der Menschen dort frei verfügen kann. Während Violet mit sich ringt, wie sie mit der Situation umgehen soll, einerseits versuchen muss, das Interesse des Mannes in ihrer Gegenwart, der attraktive Fotograf Henry, zu halten, andererseits herausfinden will, wer hinter der konzertierten Aktion stehen würde, bietet der Film mehr oder weniger alle Anwesenden in dem Restaurant als potenzielle Täter an: Ist es der überschwängliche Kellner, die neugierige Bardame, der attraktive Einzelgänger, der nur Interesse an seinem Smartphone zu haben scheint, der etwas ältere Mann ein paar Tische weiter, der in einen Streit mit seiner Begleitung gerät, oder womöglich jemand ganz anderes? Mehrere Bälle gleichzeitig jongliert „Drop“ und erzählt parallel in Rückblenden auch die Vorgeschichte von Violet, die man gleich in der ersten Szene sieht, wie sie von ihrem Ehemann aufs Brutalste malträtiert wird und dann mit einer Waffe die Gelegenheit erhält, dessen Gewalt ein Ende zu bereiten. Ein paar Mal wird die Handlung zu diesem Moment zurückkehren, um schlussendlich aufzuklären, ob sie wirklich eine Killerin ist, wie in den Droh-Messages behauptet.
Nun will man sich nicht ausmalen, was ein visueller Ikonoklast wie Brian DePalma in seiner besten Zeit aus dem High-Concept-Stoff herausgeholt hätte, aus diesem zumindest in zarten Ansätzen Hitchcock ähnelnden Szenario, das seine Spannung daraus bezieht, dass es mehr oder minder in Realzeit in einer einzigen Location spielt. Mehr als alles andere gleicht die filmische Umsetzung einer solchen High-Concept-Konstellation der Lösung einer mathematischen Aufgabe auf die elegantest mögliche Weise: Wie lange kann man die Spannung aufrechterhalten, wie lange kann man sie steigern, wie dosiert man die Spannung? Verwendet man Suspense und an welche Stelle? Wie verhält sich die Erzählung zu den Figuren und dem Raum? Wie und wann etabliert man Exposition und Verdächtige, ohne dabei den emotionalen Kern des Narrativs zu vernachlässigen? „Drop“ macht dabei einen soliden, aber keinen spektakulären Job. Kameramann Mark Spicer, der mit Regisseur Landon schon bei „We Have a Ghost“ gearbeitet hatte, gibt dem Film einen klassischen Anstrich, und holt Einiges aus der Außenansicht raus: Durch die großen Panoramafensters des Restaurants sieht man die Lichter der nächtlichen Wolkenkratzer Chicagos strahlen, als wollten sie „Neonlicht“ von Kraftwerk bebildern: Und wenn die Nacht anbricht, ist diese Stadt aus Licht.
Der visuellen Ausgestaltung sind allerdings Grenzen gesetzt, weil Christopher Landon sich auch gerne mal ein bisschen im Weg steht, indem er sein eigentlich wunderbar effektives Szenario immer wieder als Soapbox benutzt, um seine Figuren etwas aufdringlich über gesellschaftliche Missstände referieren zu lassen. Selten hat man in so kurzer Zeit den Begriff „häusliche Gewalt“ gehört, als sei „Drop“ kein Thriller, sondern die Broschüre eines Selbsthilfethrillers. Und wie effektiv kann die Botschaft sein, Frauen dürften sich nicht von der Gewalt der Männer definieren lassen, wenn es dem Film eine offenkundige Freude bereitet, wiederholt dabei zuzusehen, wie Frauen aufs Erschütterndste misshandelt, gegen Wände oder Tische gedroschen, mit Fausthieben und Schlimmerem malträtiert werden? Dem haben auch die Darsteller wenig entgegenzusetzen. Die zierliche Meghann Fahy aus „The White Lotus“ und der kernige Brandon Skelar, nach „Nur noch ein einziges Mal“ schon wieder in einem Film über Gewalt gegen Frauen, geben ein attraktives Paar ab, erhalten aber denkbar wenig Gelegenheit, ihr darstellerisches Talent wirklich auszuspielen. Wie alle anderen Darsteller sind sie Verschiebemasse im Dienste des Plots. Was auch die Ebene ist, auf der „Drop“ am besten, weil richtig gut funktioniert.
Thomas Schultze