Temporeicher Abenteuerspaß über zwei Zwölfjährige in Berlin, die es nach einem missglückten Aprilscherz mit allerhand schrägen und gefährlichen Gestalten zu tun bekommen.
FAST FACTS:
• Hinreißende Abenteuerkomödie für Kids
• Erster Kinderfilm von Benjamin Heisenberg
• Zusammen geschrieben mit Peer Klehmet, produziert von Kundschafter Film
• Sommerlich-beschwingte Liebeserklärung an Berlin
CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland, Schweiz 2025; Laufzeit: 91 Minuten; Regie: Benjamin Heisenberg; Drehbuch: Benjamin Heisenberg, Peer Klehmet; Besetzung: Noèl Gabriel Kipp, Max Zheng, Maïmouna Rudolph-Mbacké, Laura Tonke, Mehdi Nebbou, Jana McKinnon, Cedric Eich; Weltvertrieb: Picture Tree; Verleih: Port au Prince / Central; Start: 13. März 2025
REVIEW:
Achtung, Achtung! Bei diesem Film handelt es sich nicht um einen Streich, um keinen Aprilscherz, keinen Prank. Kein Jux. Benjamin Heisenberg hat einen Kinderfilm gedreht. Und was für einen! Überraschung. Das muss man erst einmal für sich zusammenkriegen, weil man Heisenberg doch der Berliner Schule zugeordnet hatte, der Filmemacher von „Schläfer“ (Cannes Un Certain Regard), „Der Räuber“ (Berlinale Wettbewerb) und „Über-Ich und Du“ (Berlinale Panorama Spezial), Mitbegründer des cinephilen Magazins Revolver. Und nun, nach einer zwölfjährigen Pause von der Spielfilmregie, in der er als bildender Künstler tätig war, Kurzfilme drehte und einen ersten Roman („Lukusch“) vorlegte, Regisseur von „Der Prank – April, April“.
Eine Wucht von Familienfilm, zusammen geschrieben mit Peer Klehmet, produziert von Kundschafter Filmproduktion GmbH (Produzent: Matthias Miegel, Andreas Banz, Robert Thalheim), in Ko-Produktion mit Tellfilm GmbH (Produzentin: Katrin Renz), und erfüllt von einer puren Lust am Abenteuer, an der Freude am Fabulieren, einmal quer durch Berlin und wieder zurück, geerdet von den Original-Locations, aber immer auch Fantasy pur: die Geschichte mehrerer Aprilscherze, in der trotzdem immer die Sonne strahlt und alle sommerlich T-Shirts tragen. Wenn da etwas kopflastig sein sollte an diesem Film, dann war es das Kopfzerbrechen darüber, wie man Kids die bestmögliche Sause auf der Leinwand präsentiert, als hätte der Peter Bogdanovich der „Is‘ was, Doc“ / „Paper Moon“-Ära eine etwas jüngere Version von „Tschick“ verfilmt, eine Art deutscher „School of Rock“ / „The Bad News Bears“, mit Benjamin Heisenberg als Richard Linklater, der deutsh spricht.
Berlin-Abenteuer für Kids
Im Mittelpunkt stehen zwei zwölfjährige Jungs, der schüchterne Lukas und der chinesische Austauschschüler Xi Zhōu, der ein wirklicher Zauberer an seinem Handy ist und mit seiner Gastfamilie um Laura Tonke, Mehdi Nebbou und Jana McKinnon reibungslos mit Sprach-Apps kommuniziert – ohne dass jemand ahnen könnte, dass der findige Bub mit dem Äußeren eines drolligen Pandabären eigentlich perfekt deutsch spricht, aber lieber bei sich bleibt. Lukas ist nicht wild darauf, sich um den Gast zu kümmern, freundet sich aber nach und nach mit ihm an. Nur was es mit Aprilscherzen auf sich hat, erklärt er wohl nicht ganz richtig, und auch Google ist keine rechte Hilfe, weshalb ein eigentlich gut gemeinter Streich von Xi Zhaō aus dem Ruder läuft und die beiden Jungs sich in einem sich ständig zuspitzenden Abenteuer wiederfinden, in das ein womöglich fadenscheiniger Pizzadienst, eine Verbrecherorganisation mit der Spinne als Erkennungsmerkmal, zwei schlappe Berliner Polizist:innen, eine Clique Gangsterrapper (in Nebenrollen: Die P, Silla und NNOC), ein paar Atzen und ihr Swasticar (sorry, Tesla!) sowie der etwas trottelige Freund von Lukas‘ älterer Schwester, der aussieht, als würde Timothée Chalamet nach Bob Dylan als nächstes den ganz jungen Rudolf Schenker spielen (Hut ab, Cedric Eich), involviert wird.
Der Film bietet dann aber keinen hannoveranischen Rock’n’Roll (und auch keinen Talkshowsoul, keinen Kaufhauspunk, keinen Sonnenbankfunk), sondern mixt einen verdammt eingängigen Hiphop-Track (Ohrwurm: „Money Rain“), viel Indierock mit Berlinverweisen und einen verspielten Score als launigen Backdrop für die fortwährende Hatz mit ihren in sich verschlungenen Aprilscherzen, die auch eine Liebeserklärung an Berlin im Sommer ist, immer wieder den Fluss überquert, durch die Stadt kreuzt, eine Ode ans Jungsein, auf die Lust an der Entdeckung, eingefangen in stimmungsvollen Bildern von Timon Schäppi („Love Steaks“, „Er ist wieder da“, „Davos 1917“), die die ganze Stadt zum Kiez erklären. All das wäre Nichts ohne die beiden Stars, Noèl Gabriel Kipp aus „Spuk unterm Riesenrad“ und die Entdeckung Max Zheng, die Schützenhilfe erhalten von Maïmouna Rudolph-Mbacké, ebenfalls in ihrer ersten Kinorolle: ein patentes Mädchen muss sein! Passt alles. Ein Kinospaß ohne Wenn und Aber, ein Gegenentwurf zu dem sonst gerne so um pädagogische Wertigkeit bemühten Family-Entertainment hierzulande, das modern angestrichen sein mag, aber oft wie in den Fünfzigerjahren konzipiert zu sein scheint. Wenn hier der Zeigefinger erhoben wird, dann nur, um etwas ins Handy zu tippen. En passant wird auch noch erklärt, welches die Berliner Schule ist: das Kant-Gymnasium in Spandau, sollte es jemand interessieren.
Thomas Schultze