Französisches Remake des köstlichen Spaßes „Lang lebe Ned Devine!“, in dem eine kleine Gemeinde einen Weg finden muss, die sechs Richtigen eines frisch verstorbenen Mitbürgers einzustreichen.
FAST FACTS:
• Französisches Remake der britischen Kultkomödie „Lang lebe Ned Devine!“ von 1998
• „Lang lebe Ned Devine!“ schaffte 1999 in Deutschland im Verleih von Helkon 530.000 Tickets
• Top besetzt mit den französischen Publikumslieblingen Didier Bourdon und Gérard Darmon
CREDITS:
O-Titel: À l’ancienne; Land / Jahr: Frankreich 2024; Laufzeit: 89 Minuten; Regie: Hervé Mimran; Drehbuch: Igor Gotesman & William Gotesman, Carine Prévôt & Hervé Mimran; Besetzung: Didier Bourdon, Gérard Darmon, Chantal Lauby, Laurent Capelluto, Paloma Coquant, Yoann Eloundou; Verleih: STUDIOCANAL; Start: 10. April 2025
REVIEW:
Als „Lang lebe Ned Devine!“ 1999 kurz einmal so etwas wie Tagesgespräch war, waren britische Arbeiterklassekomödien gerade schwer angesagt: Stephen Frears’ „The Van“, Mark Hermans „Brassed Off – Mit Pauken und Trompeten“, Peter Cattaneos „Ganz oder gar nicht“ – filmische Gegenentwürfe zu den oftmals niederschmetternden Arbeiten von Ken Loach und Mike Light, angesiedelt in derselben Welt, aber stets Hohelieder auf die Schlitzohren und Lebenskünstler, die den sozialen Unwägbarkeiten des Königreichs mit Findigkeit und Solidarität trotzen. Da passte auch der Film von Kirk Jones mit Ian Bannen und dem unvergesslichen David Kelly, dem deutschen Fernsehpublikum bestens bekannt aus der britischen Comedyserie „Robins Nest“, gut hinein, den sich seinerzeit Helkon in einem Bieterwettstreit sichern und zu mehr als 500.000 Tickets in den deutschen Kinos führte.
Schön zu sehen, wie mühelos und spielerisch sich die an die Komödien der Ealing-Studios erinnernde Prämisse nun nach Frankreich übertragen lässt. In einer Art „Asterix“-Szenario hat Regisseur Hervé Mimran, zuletzt im Kino vertreten gewesen mit dem fühligen Fubrice-Luchini-Drama „Das zweite Leben des Monsieur Alain“, seine Version der Geschichte eines kuriosen Lottogewinns angesiedelt, auf eine kleine bretonische Insel mit 40 Einwohnern, die ähnlich eines bestens bekannten gallischen Dorfes der Einflussnahme der Außenwelt trotzt. Es ist natürlich auch eine Gemeinde der Charakterköpfe, in der jeder jeden kennt und kein Geheimnis lange ein Geheimnis bleibt. Um ein solches Geheimnis und eine daraus resultierende Kettenreaktion absurder, liebenswerter und profunder Ereignisse geht es auch in „Das große Los – 1 Insel, 40 Einwohner, 2 Betrüger“, dessen grundsätzliches Szenario schon im Untertitel bestens beschrieben wird.
Die in Frankreich überaus beliebten Didier Bourdon und Gérard Darmon spielen zwei beste Freunde, Jean-Jean und Henri, die immer schon alles miteinander gemacht haben. Dass Henri seinem Kumpel bislang verheimlicht hat, dass er vor allem deshalb allwöchtenlich von einem großen Oscargewinn träumt, der ihm und seiner Frau Nadège den Absprung und ein karibisches Leben ermöglichen soll. Entsprechend fixiert ist er auf die Ziehung der Lottozahlen, während sein Freund weiter bescheiden die kleine Kneipe des Dorfes führt. Als sie erfahren, dass unter den dieswöchigen Gewinnern des Jackpots – Minimum acht Millionen Euro! – ein Bewohner ihrer Insel ist, beginnt die Suche und damit auch die Komödie, die ein bisschen schwarz ist, sich bei „Immer Ärger mit Harry“ (bzw. „Bernie“) bedient, einen kleinen Hauch von „The Banshees of Inisherin“ hat, aber vor allem mit dem breitest denkbaren Pinselstrich aufgetragen ist, eher das Äußere einer Klamotte hat. Denn natürlich machen Jean-Jean und Henri den Gewinner aus, natürlich ist dieser – und das entspricht fast identisch einer der Episoden aus dem bissigen „Sechs Richtige – Glück ist nichts für Anfänger“, der zu Beginn des Jahres in den deutschen Kinos war – bei der Freude über den Gewinn urplötzlich via Herzinfarkt aus dem Leben geschieden, und natürlich müssen nun Mittel und Wege gefunden werden, den Lottogewinn einzustreichen, ohne dass der Schwindel auffliegt.
Dass dazu nach und nach die gesamte Dorfgemeinschaft eingeweiht werden muss, auf diese Weise auch Neid und Missgunst Eingang in die Geschichte finden, während die Freundschaft der beiden Freunde auf eine schwere Probe gestellt wird, macht den besonderen Reiz der Geschichte aus, die ihrerseits vom Zusammenspiel der beiden Hauptdarsteller profitiert, ohne jemals ihre komischen Möglichkeiten auszureizen. Bourdon ist seit mehr als 30 Jahren eine Größe im französischen Kino, zuletzt in dem immens erfolgreichen „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“, dem im vergangenen Jahr 370.000 Tickets beschieden waren, und hat Freude an der lustvollen Überzeichnung eines Simpels mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Darmon wiederum kennt man aus „Betty Blue“, also mehr als 40 Jahre, und er macht Gebrauch von seiner äußeren Ähnlichkeit mit Pierre Richard als (nicht allzu) gerissener Drahtzieher, der während der zunehmend turbulenteren Handlung wieder neu geerdet wird. Ein netter Schwank also, ein gar nicht so übler Zeitvertreib, der Freude daran hat, alles so zu machen, wie man es immer schon gemacht, um den französischen O-Titel aufzugreifen.
Thomas Schultze