Subversive schwarze Komödie über eine Hals über Kopf verliebte Frau, von der jeder außer sie selbst weiß, dass sie nur ein Liebesroboter ist.
FAST FACTS:
• Smarter, subversiver Genre-Mix mit Thriller-, Horror-, Sci-Fi- und RomCom-Elementen
• „Heretic“-Heldin Sophie Thatcher kämpft als KI-gesteuerte Romantikerin bei einem Wochenendausflug mit den Freunden ihres Besitzers um die Liebe und ihr Leben
• Regiedebüt von Drehbuchautor Drew Hancock („Suburgatory“)
• Produziert von den Machern des Horrorschockers „Barbarian“ (2022) für New Line Cinema
CREDITS:
O-Titel: Companion; Land/Jahr: USA 2025; Laufzeit: 97 Minuten; Drehbuch: Drew Hancock; Regie: Drew Hancock; Besetzung: Sophie Thatcher, Jack Quaid, Lukas Gage, Harvey Guillén, Rupert Friend, Megan Suri; Verleih: Warner Bros.; Start: 6. Februar 2025
REVIEW:
Iris (Sophie Thatcher) und Josh (Jack Quaid) begegnen sich zum ersten Mal an der Obsttheke im Supermarkt. In der Sekunde, in der sich ihre Blicke treffen, stolpert er über eine Kiste mit Orangen, die ihr vor die Füße rollen, prompt ist es um beide geschehen. Es ist das perfekte Meet Cute möchte man meinen, wäre es nicht doch ein wenig zu perfekt inszeniert. Und wäre da nicht die Stimme der Erzählerin, die hier einen von zwei entscheidenden Momenten in ihrem Leben beschreibt – der andere sei der, in dem sie Josh getötet habe. Schon sieht man das Paar zu Beginn der darauffolgenden Rückblende auf dem Weg zu einem vermeintlich vergnügten Wochenende mit Freunden in einem abgelegenen Haus am See – nicht gerade die typische „Cabin in the Woods“, aber doch so weit von der Zivilisation entfernt, dass man das Ganze für den Schauplatz eines Horrorfilms halten könnte, zumindest für etwa zehn Minuten.
Dem Drehbuch ist nicht zu trauen, es ändert ständig die Vorzeichen, manchmal die Perspektive, pendelt zwischen Science-Fiction, Horror, Lovestory und Dark Comedy und balanciert alles aus, indem es den Ort des Geschehens im Wesentlichen auf den Luxusbungalow beschränkt, der bei genauerem Hinsehen auch in einen Thriller mit gesellschaftskritischer „Eat the Rich“-Thematik passen könnte. Es ist das Anwesen des schnauzbärtigen, Ballonseide tragenden Russen Sergey (eine in jeder Hinsicht merkwürdige Rolle für Rupert Friend), dem zwielichtigen Liebhaber der zynischen Kat (Megan Suri). Zu den weiteren Gästen gehören die frisch Verliebten Eli (Harvey Guillén) und Patrick (Lukas Gage), der die Gruppe mit seinen Kochkünsten verwöhnt. Iris’ bei der Ankunft geäußerte Befürchtung, dass Joshs Freunde sie nicht mögen könnten, bewahrheitet sich, weil alle, außer Iris selbst, über ihre wahre Identität informiert sind. Iris ist ein „Companion-Robot“, eine KI-gesteuerte Freundin mit allen Vorzügen einer liebenden Partnerin, aber ohne die lästigen Angewohnheiten, ein „Fuck-Bot“, der zu Emotionen fähig ist, und wie eine Barbiepuppe mitsamt Zubehör und Make-up geliefert wurde, harmlos, fügsam, regulierbar, der feuchte Traum eines Broligarchen. Die romantische Erinnerung an ihre erste Begegnung mit Josh ist Teil ihrer Programmierung, tatsächlich hat sie sich lediglich mit ihrem Besitzer verlinkt, indem sie sein Gesicht aus nächster Nähe gescannt und sich auf ihn fixiert hat. Iris ist wie beseelt davon, Josh für den Rest seines Lebens glücklich zu machen, so verlangt es ihr Betriebssystem, auf das er mit seinem Smartphone Zugriff hat, das er im Zweifelsfall auch manipulieren kann. Auf diese Weise kann sich ein friedlicher Begleitroboter unter Umständen mit aller Gewalt selbst verteidigen (so wie man es in der Apple-Streamingserie „Sunny“ gelernt hat) – was kurz darauf auch geschieht. In Folge dieses überraschend blutigen Vorfalls wird Iris mit der schockierenden Wahrheit konfrontiert, dass sich unter ihrer blassen Haut nur Hardware und eine fortschrittliche künstliche Intelligenz verbirgt – so fortschrittlich, dass sie nicht dazu bereit ist, ihre Gefühle abzustellen.
Es wirkt im ersten Moment verwunderlich, dass aus dem vermeintlichen Clou kein Hehl gemacht wird, aber schnell wird klar, dass „Companion“ weniger das Was als das Wie interessiert. Drew Hancock verrät stets, worauf die Geschichte hinauswill, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf die Reaktionen der Figuren zu lenken, auf den subversiven Dialogwitz und vor allem auf die lustige Idee, das Aggressions- und Intelligenzlevel, die Augenfarbe oder Stimmlage seiner Protagonistin per App steuern zu können und damit seiner hinreißenden Hauptdarstellerin Sophie Thatcher nach dem traumatischen Horrortrip „Heretic“ erneut einiges abzuverlangen. Nur die Sixties-Vibes ihres perfekt gestylten Looks, die auch der Soundtrack gerne aufgreift, und die akkurat vorgetragene Wettervorhersage verraten ihren künstlichen Charakter. Ironischerweise ist sie menschlicher als der Rest der Truppe, aufrichtiger, ehrlicher, „authentischer“ als Jack Quaids Mr. Nice Guy, der die Tonlage häufiger wechselt als Iris ihre Spracheinstellungen. Während man den Eindruck gewinnt, tief in das Innere eines Lovebots blicken zu können, erfährt man nur andeutungsweise etwas über die Beweggründe des Besitzers, dem „die Welt da draußen keine andere Wahl lässt“, wie es an einer Stelle heißt. Entsprechend Iris’ Programmierung hat auch der Film ein etwa vierzigprozentiges Intelligenzlevel: Zu mindestens sechzig Prozent möchte er einfach unterhalten, verweist dabei aber sehr smart fortwährend auf alle möglichen Themen des Zeitgeists. Das erinnert ein wenig an die rachsüchtige Mordlust und an die Originalität von Zoë Kravitzs „Blink Twice“, auch in „Companion“ steckt eine aberwitzige, unerwartete Auseinandersetzung mit Machtmissbrauch, dem Machtungleichgewicht in Beziehungen. Es geht um Liebe im Social-Media-Zeitalter, unseren Umgang mit künstlicher Intelligenz, die Frage, was Menschen und Roboter in naher Zukunft unterscheidet, und was uns noch bleibt, wenn selbst das Meet Cute im Kino nur fake ist.
Corinna Götz