Findiger Kinderfilm über einen Affen im Berliner Zoo, der seinen Ausbruch plant, als er erfährt, dass es in einem Wald freilebende Artgenossen geben soll.
FAST FACTS:
• Ein echter Veit Helmer mit Handmacher-Charme
• Zielgruppengeprüft auf gefühlt zahllosen Festivals (und zurecht!)
• Nominiert für den Deutschen Filmpreis als bester Kinderfilm
CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland 2024; Laufzeit: 70 Minuten; Regie, Drehbuch: Veit Helmer; Besetzung: Benno Fürmann, Meret Becker, Heike Makatsch, Philipp Droste, Arnel Taci; Verleih: farbfilm; Start: 6. Juni 2025
REVIEW:
Man könnte sagen, dass Veit Helmer seit seinem ersten Spielfilm „Tuvalu“ vor mehr als 25 Jahren stets darauf hingearbeitet hat, einen Tierkinderfilm zu drehen. Seine Arbeiten, allesamt Projekte aus Leidenschaft, erstellt in akribischer Handarbeit und mit größtmöglichem persönlichen Einsatz, haben einen handgemachten Charme, eine erfrischende Unschuld, die sich der Filmemacher auch im vierten Jahrzehnt seiner Karriere bewahrt hat, Ausdruck eines ganz puren Verlangens, der Fantasie ihren freien Lauf zu lassen. „Tor zum Himmel“, „Baikonur“, „Absurdistan“ oder jüngst „Gondola“ sind die Arbeiten eines Mannes, der sein inneres Kind nie aus den Augen verloren hat und magischen Realismus auf eine ganz unverkennbare Weise zelebriert. „Akiko, der fliegende Affe“ wirkt jetzt wie eine Kulmination des bisherigen Schaffens: verspielt, naiv, staunend, überbordend, expressiv, geprägt von einer tiefen Überzeugung, dass im Kino alles möglich ist, ohne dass man VFX-Budgets in der Höhe des Bruttosozialprodukts größerer Inselstaaten verpulvern muss. Nennen wir es einfach einen Triumph der Fantasie, der Gegenentwurf des Überwältigungskinos aus Hollywood, zutiefst den Gründervätern des Kinos verpflichtet.
Jetzt also der fliegende und redende Affe Akiko, der von einem echten Affen gespielt wird (wie viele der anderen Tiere im Film), aber von Schauspielern in Affenkostümen umgeben ist. Wie die Tiere in dem DreamWorks-Animation-Klassiker „Madagascar“ lernt auch Akiko von seinem Großvater die Lektion, dass der Zoo nicht seine wahre Heimat ist und plant seine Flucht, die ihm schließlich mit einem kleinen Modellflugzeug gelingt, das die Affen einem Jungen abnehmen. Sind ja nicht doof, die Affen. Das ist findig umgesetzt, liebenswert, manchmal ein bisschen albern, affig, will man beinahe sagen, aber immer ist der Blick liebevoll und kindgerecht, wie übrigens auch die überaus humane Laufzeit von gerade einmal 70 Minuten. Null Overkill hier, manchmal eher Schülertheater mit der Lust am Fabulieren und bloßen Machen, grob skizziert und devil may care: Egal, wir ziehen das so durch. Benno Fürmann, Meret Becker und Heike Makatsch schauen zum Besuch vorbei, die ersten beiden als maliziöse Zoowärter, Makatsch als Polizeibeamter mit angeklebtem Schnauzer und vermutlich ihrer eigenen Lederjacke, die sie zum Dreh mitgebracht hat.
Akiko fliegt auf einem Adler, unterhält sich mit einem Waschbär mit Berliner Schnauze, ein Frettchen namens Susi, das in einem Briefkasten lebt, hilft mit. Das ist bisweilen herrlich hirnrissig, aber mit Entschlossenheit und bloßer Spinnerei umgesetzt, dass man den Kollegen, die in ihren Besprechungen schreiben, die Effekte seien nicht so gelungen, zurufen will: Leute, ihr rafft es nicht. Anders als solche Reviews ist „Akiko, der fliegende Affe“ nämlich nie langweilig und by the numbers, sondern beseelt von sich und seinen Einfällen, ein Filmerlebnis, wie man es in dieser Art wohl noch nie gehabt hat und das einen, ja, staunen lässt. Zwischendurch wird gesungen, ein bisschen Polka und Liedermacher, als wenn Tom Waits Kinderlieder schreiben würde. Mögen Veit Helmer nie seine verrückten Einfälle ausgehen!
Thomas Schultze