Smarter Independent-Genre-Mix aus Body-Horror- und Beziehungskomödie über ein Paar, das sich nach dem Umzug aufs Land zwangsläufig und auf extreme Weise näherkommt.
FAST FACTS:
• Festivalhit und Spielfilmdebüt des australischen Regisseurs und Drehbuchautors Michael Shanks
• Produziert von Hauptdarsteller- und Real-Life-Couple Alison Brie und Dave Franco, die zusammen u.a. die Prime-RomCom „Jemand, den ich mal kannte“ (2023) geschrieben und realisiert haben und davor in Francos Regiedebüt „Rental – Tod im Strandhaus“ (2020) vor der Kamera standen
• Eine der großen Überraschungen des Sundance Film Festivals 2025, wo der US-Filmverleiher Neon für 17 Millionen Dollar die Rechte erwarb
CREDITS:
Land/Jahr: Australien/USA 2025; Laufzeit: 102 Minuten; Drehbuch: Michael Shanks; Regie: Michael Shanks; Besetzung: Dave Franco, Alison Brie, Damon Herriman, Jack Kenny; Verleih: Port au Prince Pictures; Start: 31. Juli 2025
REVIEW:
In Zeiten, in denen man das Gefühl hat, dass der Horror in der Alltagsrealität allgegenwärtig ist, bleibt auch die romantische Komödie nicht davon verschont. „Together – Unzertrennlich“ ist eine Millennial-Romanze, in der die kompromisslose Zugewandtheit zweier Menschen, die einst als ultimatives Couple Goal angesehen wurde (man denke an „Before Sunrise“!), die schlimmste aller Vorstellungen ist, ein direkter Weg in die Verdammnis, vergleichbar mit einem Song der Spice Girls („2 Become 1“). Michael Shanks‘ Regiedebüt feiert nicht nur die Vereinigung zweier Genres, sondern auch die seiner im echten Leben verheirateten Stars Alison Brie und Dave Franco als Hauptdarsteller:innen und Produzent:innen. Das Power-Couple des amerikanischen Independent-Kinos verschaffte dem Projekt seit der Premiere beim diesjährigen Sundance Film Festival eine Menge Publicity, wofür unlängst auch eine Plagiatsklage sorgte. Derzufolge soll „Together – Unzertrennlich“ auffällige Parallelen zu einem anderen Debütfilm aus dem Jahr 2023 aufweisen, dessen Drehbuch Brie und Franco ebenfalls angeboten wurde – allerdings, nachdem Shanks‘ Skript bereits bei der WGA registriert worden war (die Anschuldigungen wurden inzwischen zurückgewiesen).
Dass einem manches bekannt vorkommt, liegt in der Natur der Sache und des Genrefilms, in dem das Zitieren von Vorbildern ja ohnehin ein Qualitätsmerkmal ist. Schon der Prolog zollt John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ Respekt, lässt zwei Hunde in ein Erdloch stolpern und daraufhin auf ekelerregende Weise eins werden. Die Protagonisten erwartet Ähnliches, als sie ihren Umzug von New York in die Provinz vorbereiten, wo Millie einen Job als Lehrerin angenommen hat. Ihr langjähriger Freund Tim tut sich schwer mit der lebensverändernden Entscheidung, hat sich seitdem von Millie distanziert, fürchtet das Ende seiner erfolglosen Musikerkarriere, braucht seine Partnerin aber gerade deshalb mehr als sie ihn, wie seinem Gesichtsausdruck und den Gesprächen von Freunden und Bandkollegen zu entnehmen ist. Abgesehen davon ist er schwer traumatisiert vom Ehe- und Ableben seiner Eltern und wird von einem wiederkehrenden Albtraum geplagt, in dem er seine zombiegleiche Mutter neben der verwesenden Leiche seines Vaters in ihrem Schlafzimmer findet. Millie hofft auf einen Neuanfang und nutzt die Gelegenheit ihrer Abschiedsparty, um vor Tim auf die Knie zu gehen, ihre Hände wie eine Schmuckschachtel zu öffnen, als wolle sie ihn verschlingen, woraufhin er kurzfristig erstarrt und verstummt. Trotzdem beziehen sie gemeinsam ein einsames Haus fern der Zivilisation, weil sie miteinander immer noch besser dran sind als allein oder einfach nicht ohne den anderen sein wollen.

Michael Shanks, der seinen Film in einer Stellungnahme als „Spiegelbild seiner eigenen Lebenserfahrung“ bezeichnete, „inspiriert von seiner 16-jährigen Beziehung, die von Verflechtung von Identität und gegenseitiger Abhängigkeit geprägt war“, beschreibt sehr wahrhaftig die Paardynamik und Probleme seiner Generation und nimmt gewitzt jede romantische Erklärung der Liebe beim Wort. Das Art Department lässt die Grenzen zwischen praktischen und visuellen Effekten verschwimmen, der düstere Grusel-Score wird mit Indie-Gitarren-Sound vermischt, die Dramaturgie folgt klassischen Horrorfilm-Konventionen, verbreitet zu Beginn aber auch reichlich Mystery-Vibes im Stil des frühen M. Night Shyamalan. Als Tim und Millie bei einem Ausflug in den angrenzenden Wald von einem Unwetter überrascht werden, müssen sie eine Nacht in dem eingangs erwähnten höhlenartigen Loch verbringen, wo sie notgedrungen aus einer mysteriösen Wasserquelle trinken. Tags darauf bemerken sie verstörende physische Veränderungen. Ihre Beine, die sich im Schlaf berührt haben, sind wie mit Sekundenkleber fixiert, lassen sich nur mit großem Kraftaufwand (und eindringlichen Soundeffekten) voneinander lösen. Kaum ist er von Millie getrennt, kollabiert Tims Körper, wenig später können die beiden das Bett nicht mehr miteinander teilen, ohne dass sie sich gegenseitig die Luft zum Atmen rauben, und man war als Zuschauer vielleicht noch nie so gespannt auf eine Sexszene, die in diesem Zusammenhang dann auch zu den erwartbaren Höhepunkten gehört.

Im weiteren Verlauf kämpfen die Protagonisten gegen ihre selbstzerstörerische Anziehungskraft, die mitunter dämonischer Besessenheit ähnelt (um gleich noch William Friedkin zu zitieren). Tim sucht fieberhaft nach einer Erklärung für die Transformation, die bereits ein anderes Paar vor ihnen ausgelöscht haben könnte, das am gleichen Ort als vermisst gemeldet wurde. Millie vertraut sich ihrem freundlichen Kollegen und zufällig einzigen Nachbarn Jamie (Daniel Herriman) an, der ihren Zustand mit Platons „Symposium“ vergleicht, wonach der Mensch ursprünglich ein doppelgesichtiges, vierarmiges Wesen war, bevor dieses von Göttervater Zeus zweigeteilt wurde – folglich waren wir schon immer auf der Suche nach unserer fehlenden Hälfte, zu der wir uns magisch hingezogen fühlen. Den Beweis für diese Philosophie liefern die Stars des Films: Ihre tatsächliche Chemie, verbunden mit einem großartigen Gespür für die Balance von Drama und Comedy, ist der Klebstoff, der die Erzählung zusammenhält. Alison Brie und Dave Franco, die in gemeinsamen Interviews gerne die Sätze des anderen vervollständigen, machen auch vor der Kamera den Eindruck, als hätten sie sich gesucht und gefunden. Während Franco die wahrscheinlich wahrhaftigste, intensivste Performance seit „The Disaster Artist“ liefert, übernimmt Brie wie so oft den undankbareren Part. Dass Millie auf den ersten Blick nicht ganz so sympathisch wirkt, bringt die Rollenverteilung mit sich, die sie ihrem „Boy-Partner“ zuliebe schweren Herzens akzeptiert.

Allein die sorgfältige, glaubwürdige Figurenzeichnung legt nahe, dass die Gruseleffekte hier lediglich das Trojanische Pferd sind, das in eine Romanze eingeschleust wurde, um die Gefahren einer Too-Close-for-Comfort-Beziehung zu beleuchten. Der Film betrachtet diese zunächst skeptisch und stellt mehrfach nicht nur eine Trennung mit der Kettensäge in Aussicht. Überraschenderweise ändern sich zum Schluss die Vorzeichen, um den Body-Horror-Exzess und auch die Romantik eskalieren zu lassen und jeden Musiksnob eines Besseren zu belehren, der glaubt, eine seichte Spice-Girls-Ballade könne nicht unter die Haut gehen. Das hat einen etwas enttäuschenden Beigeschmack in dem ansonsten unterhaltsamen und tiefgründigen Vergnügen, erinnert aber auch daran, dass jede Liebe Opfer und Kompromisse verlangt.
Corinna Götz