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REVIEW FILMFEST MÜNCHEN: „Stabil“


Mentale Gesundheit unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist ein riesiges Thema auf diesem Filmfest München. Ein sehr gelungenes Beispiel ist die bittersüße ARD-Mediatheken-Serie „Stabil“, die dann auch direkt in einer Jugendpsychiatrie spielt.

Stabil
Beren Zint in der Serie „Stabil“ (Credit: ARD Degeto Film/Rat Pack Filmproduktion/Flo Hanatschek)

FAST FACTS:

• Herausforderndes, aber sehr lohnenswertes ARD-Serienformat in der Jugendpsychiatrie
• Mental Health Issues sind nach der Corona-Pandemie, in Zeiten von Social Media und unsteten Familienverhältnissen ein riesiges Thema
• Rat Pack Filmproduktion produzierte hauptsächlich für die ARD-Mediathek

CREDITS:

Auftraggeber: ARD Degeto Film (Redaktion: Carolin Haasis, Christoph Pellander); Produktion: Rat Pack Filmproduktion (Christian Becker, Tina Kringer, Sina Scheying); Regie: Teresa Fritzi Hoerl, Sinje Köhler; Drehbuch: Teresa Fritzi Hoerl, Mareike Almedom, Berthold Wahjudi, Sarah Claire Wray; Vorlage: Chiara Grabmayr, Teresa Fritzi Hoerl; Cast: Luna Mwezi, Caspar Kamyar, Beren Zint, Katharina Hirschberg, Ronald Zehrfeld, Abak Safaei-Rad; Weltpremiere: 1. Juli 2025 Neues Deutsches Fernsehen auf dem Filmfest München

REVIEW:

Mentale Gesundheit in der jungen Generation ist ein riesiges Thema. Genau genommen der Mangel an dieser, wenn man auf einige der besten Filmfest-München-Werke der vergangenen Tage blickt. Das gilt für die betreute Wohngruppe in Stella Marie Markerts royaltenenbaumesken „Danke für nichts“ mit Lea Drinda genauso wie für die große epische RTL+-Young-Adult-Serie „Euphorie“ oder eben die ARD-Mediatheken-Serie „Stabil“ von der Rat Pack Filmproduktion für die ARD Degeto Film.

„Stabil“ legt die Handlung konsequenterweise gleich ganz in die Jugendpsychiatrie. Von daher sei hier eine Trigger-Warnung ausgesprochen, weil Themen wie Selbstverletzungen und suizidale Gedanken durchaus behandelt werden. Die Serie, bei der die auch schreibende Teresa Fritzi Hoerl und Sinje Köhler Regie führten, ist harter Tobak. Aber guter und sehr sehenswerter harter Tobak.

Die junge Greta (Luna Mwezi) wird in die Jugendpsychiatrie eingeliefert, weil sie ihre Schuldgefühle gegenüber der bei einem Unfall verstorbenen Schwester nicht in den Griff bekommt. Heimlich ruft sie immer noch auf dem Handy-Anrufbeantworter der toten Schwester an, um nochmal ihre Stimme zu hören. Damit ist jetzt aber in der Psychiatrie Schluss, wie ihr Betreuer Uwe (Ronald Zehrfeld) erklärt, weil alle Smartphones abgegeben werden müssen.

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Das „Stabil“-Team beim Filmfest München 2025 (Credit: Ronny Heine / FILMFEST MÜNCHEN)

Aus Freaks werden Freunde

Greta wird mit dem Publikum hineingeworfen in eine Gruppe junger Menschen, die auf den ersten Blick wie echte Freaks wirken: die kleine blonde Zimmergenossin Michelle (Katharina Hirschberg) wäscht sich zum Beispiel nicht und lässt ihre Hälfte des Zimmers zu einer Art Mordor der Psychiatrie verkommen. Um ihre Mundwinkel bildet sich Schorf, weil sie sich regelmäßig Chilischoten „bestraft“. Sie fühlt sich ungeliebt von ihrer Mutter zurückgelassen.

Ein anderer Fall ist Frederik (Beren Zint), den alle nur Fresse nennen. In seiner ersten Szene sieht man ihn sich seine Hände am Sicherheitsglas blutig schlagen. Beren Zint hat eine beeindruckende furchteinflößende Präsenz in der Rolle. Wie aber bei allen Figuren nimmt sich die Serie „Stabil“ Zeit in der behutsamen Charakterzeichnung, um die Hintergründe genauer zu beleuchten und vielschichtigere Facetten zu zeigen.

Intensiv, aber auch wholesome

Die jungen Männer und Frauen sind in der Psychiatrie nicht ein- oder weggesperrt, sondern genau am richtigen Platz. Sie haben mit dem kumpeligen Uwe oder der Autorität, aber auch Wärme ausstrahlenden Dr. Kim (Abak Safaei-Rad) das richtige Personal an der Hand und unterstützen sich gegenseitig. Teils bevorzugen sie es sogar, hier als zuhause bei den Eltern zu sein wie Alireza (Caspar Kamyar), der ein Auge auf die neue Greta wirft. Es ist eine kontrollierte Umgebung, in der sie sich besser ihren Ängsten stellen oder zumindest damit leben können.

Die Serie „Stabil“ hat dabei zahlreiche intensive und emotional aufwühlende Szenen, wenn sie Momente der Eskalation oder der Düsternis erzählt. Aber Teresa Fritzi Hoerl und ihre Regiekollegin Sinje Köhler samt dem Writers Room um Mareike Almedom, Berthold Wahjudi und Sarah Claire Wray haben daraus eine bittersüße Geschichte mit dem richtigen Händchen für die passende Popmusik zum rechten Zeitpunkt gemacht, bei der das Zusammenwachsen der Gruppe mit der Zeit – in den ersten drei gezeigten Episoden auf dem Filmfest – auch eine angenehme Wholesomeness verbreitet. Schnell fühlt man mit diesen jungen Figuren und will, dass es ihnen miteinander besser geht.

Jacqueline Rietz hat die jugendlichen Haupt- und Nebenfiguren gecastet, die ein Füllhorn an spannenden und talentierten neuen Gesichtern sind. Ganz erstaunlich, welche emotional herausfordernden Figuren dort so dicht und überzeugend dargestellt werden.

Michael Müller