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REVIEW FILMFEST HAMBURG: „ I Am the Greatest“


Episodenfilm, der in die Gedanken von sieben verschiedenen Menschen eintaucht. Dadurch gelingt es dem Regieduo Nicolai Zeitler und Marlene Bischof  in ihrem ersten Langfilm, der bei den First Steps Awards zweifach nominiert ist, eine Vielfalt an Themen aufzugreifen. Hier unsere Besprechung.

I Am the Greatest  ©BerghausWoebke Rebecca Meining  x
„I Am the Greatest“ (Credit: BerghausWoebke/ Rebecca Meining)

CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland 2025; Laufzeit: 96 Minuten; Regie/ Drehbuch: Nicolai Zeitler, Marlene Bischof;; Besetzung: Katharina Stark, Ben Felipe, Mark Waschke, Alev Irmak, Peter Trabner, Susana Fernandes Genebra, Carlo Schmitt, Thapelo Mashiane, Christian Erdt, Martin Weigel, Julia & Luise Gleich, Friederike Ott; Produktion: BerghausWöbke

REVIEW
Wer einmal wissen möchte, wie es im Kopf von Overthinkern zugeht, muss sich nur „I Am the Greatest“ anschauen. In sieben Episoden taucht das Regieduo, bestehend aus Nicolai Zeitler und Marlene Bischof, in die Gedankenwelten verschiedenster Menschen ein. Da ist etwa der Mann, der unhöflich angerempelt wird und sich dann detailliert ausmalt, wie er den Übeltäter zusammenschlägt – und nebenbei auch noch eine junge Frau vor dessen Übergriffigkeit rettet. Oder etwa die Frau, die sich gerade auf einem Date befindet, auf das sie nicht wirklich Lust hat. Auch wenn der Mann, mit dem sie sich trifft, überaus verständnisvoll ist, hinterfragt sie immer wieder sich selbst und ihre Aussagen. Bevor sie ihn begrüßt, werden zahlreiche Szenarien durchgespielt: Soll sie ihn auf die Wange küssen? Oder umarmen? Die Hand geben – nein, wer gibt dann seinem Date die Hand? Selbst beim Sex kann sie die sich überschlagenden Gedanken nicht abschalten.

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„I Am the Greatest“ (Credit: BerghausWoebke/ Rebecca Meining)

Auch wenn jede Episode die Gedanken einer Person aufgreift und Menschen zeigt, die überfordert mit ihrem Leben sind, nutzt der Film die Episoden, um die unterschiedlichsten Themen und Geschichten aufzugreifen. Das fängt beim Datingleben in Verbindung mit toxischer Männlichkeit an und geht über die Sorgen, mit denen Eltern sich herumschlagen, bis hin zu zerbrechenden Beziehungen. Dadurch bietet der Film eine Identifikationsgrundlage für zumindest die meisten Zuschauenden – nicht zuletzt, weil die Gedankenwelten der Figuren unglaublich realistisch und nahbar vermittelt werden. So sind etwa die gleichen Gedanken mehrfach, auch überlappend zu hören, wenn das gleiche Szenario im Kopf einer Person in verschiedenen Varianten abgespielt wird. Verwendet wird hier als Eröffnungsepisode der Kurzfilm „Alles Übel der Welt“, den das Duo 2020 gemeinsam umsetzte. Wie auch dieser, sind alle sieben Folgen recht schnörkellos inszeniert – geboten werden keine Hochglanzbilder, sondern teils graue, dreckige Aufnahmen. Das lässt „I am the Greatest“ real und ungeschönt wirken.

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„I Am the Greatest“ (Credit: BerghausWoebke/ Rebecca Meining)

Wie das meistens bei Filmen dieser Art der Fall ist, sind die Episoden von unterschiedlicher Qualität. Zwischenzeitliche treten durchaus einmal Ermüdungserscheinungen auf, da die Herangehensweise an die Geschichten schließlich immer die gleiche ist. Etwas Abwechslung bringt etwa eine Story mit sich, die während einer Meditation vor dem inneren Auge einer Figur spielt. Erst sehen die Zuschauenden nur einen schwarzen Bildschirm und hören die Stimme der Frau, die die Meditation führt. Dann gesellen sich die Gedanken der Protagonistin dazu, sowie die Bilder, die sie sich vorstellt. Noch mehr solcher kreativer Ideen hätten den Film definitiv noch einmal aufgewertet. Dennoch macht es Spaß, immer wieder zu entdecken, mit welcher Geschichte das Regieduo als nächstes um die Ecke kommt und wie diese enden – denn der Abschluss jeder einzelnen Episode ist perfekt ausgewählt und rundet die Storys wunderbar ab. Damit haben Nicolai Zeitler und Marlene Bischof einen Debütfilm geschaffen, wie er sein sollte: Vielleicht nicht perfekt, aber gerade deswegen so frisch, mutig und interessant. Die Nominierung bei den First Steps Awards ist hier mehr als verdient.

Lea Morgenstern