Einer der großen Preisabräumer bei den Nordischen Filmtagen Lübeck war der norwegische Kinder- und Jugendfilm „Lars Is LOL“, der bereits eine erfolgreiche Festivalkarriere in Deutschland hinter sich hat. Erstaunlich, dass dieses so zauberhafte wie auch realistisch-harte Werk über Mobbing noch keinen deutschen Kinostart besitzt.
FAST FACTS:
• Hochdekorierter Kinder- und Jugendfilm aus Norwegen, der auf dem Filmfest München, beim Michel und jetzt bei den Nordischen Filmtagen abräumte
• Es geht um eine sensibel erzählte Mobbing-Geschichte mit einem Jungen, der das Downsyndrom hat
• Fantastische Kinderdarsteller: Allen voran Lilly Winger Schmidt und Adrian Øverjordet Vestnes
CREDITS:
Originaltitel: Lars er LOL; Norwegen 2023; Länge: 89 Min.; Kinder- und Jugendfilm; Regie: Eirik Sæter Stordahl; Drehbuch: Eirik Sæter Stordahl, Iben M. Akerlie; Produzentin: Caroline Hitland; Produktionsfirma: Nordisk Film Production; Weltvertrieb: TrustNordisk; Cast: Lilly Winger Schmidt, Adrian Øverjordet Vestnes, Norah Lulu Ali-Amoafo, Agnes Grønneberg Hagen, Ilias Bouyambib; Festival-Auftritte in Deutschland (u.a.): Filmfest München 2024, Filmfest Hamburg 2024, Nordische Filmtage Lübeck 2024
REVIEW:
Die elfjährige Amanda (Lilly Winger Schmidt) freut sich auf ihren ersten Tag im neuen Schuljahr, weil sie wie ihre Klassenkameraden Patin eines eingeschulten Erstklässlers werden soll. Dann kommt aber alles ganz anders, denn die Klassenlehrerin hat sie ausgesucht, sich um den neuen Mitschüler Lars zu kümmern, der das Downsyndrom hat. Amanda hadert mit der Situation, weil sich die Mitschüler über den Neuen lustig machen und Amanda Angst hat, auch Opfer des Spotts zu werden.
Kinder können noch grausamer als Erwachsene sein, insbesondere wenn sie digitale Werkzeuge wie Social-Media-Apps oder Blogs an die Hand bekommen. Auf eben solch einem Blog veröffentlichen nämlich anonym Mitschüler Aktionen von Lars, die sie als besonders witzig empfinden. Amanda, die nach einer Gewöhnungsphase eigentlich gut mit Lars auskommt und insgeheim sogar gerne mit dem Jungen spielt, muss sich entscheiden, was ihr wichtiger ist: Vor den anderen Klassenkameraden gut auszusehen oder zu Lars zu stehen.
Der junge norwegische Regisseur Eirik Sæter Stordahl gehörte am vergangenen Samstag zurecht zu den großen Abräumern der Preisverleihung der Nordischen Filmtage Lübeck 2024, wo der Kinder- und Jugendfilm „Lars Is LOL“ („Lars er LOL“) gleich doppelt gewann. Mit einer sicheren Schauspielführung und klaren Bildern schildert Stordahl sensibel und authentisch Konfliktsituationen von Heranwachsenden. Der Film behandelt Themen wie den sozialen Druck und Mobbing mit der richtigen Ernsthaftigkeit und emotionalen Tiefe, vergisst aber auch nie, dabei unterhaltsam, mitreißend und in Teilen wunderschön und einfach liebenswert zu sein.
Insbesondere wenn der Film den Jungen Lars mit seinem Vater zeigt, der in einer Art Villa Kunterbunt lebt und herzallerliebst bei den Zauberei-Spielchen des Sohnes mitmacht, baut sich eine faszinierende Parallelwelt zur harten Schulsituation auf, an der auch die Protagonistin Amanda gerne antizipiert. Sowohl sie als auch als Lars sind beide riesige „Harry Potter“-Fans, erfinden sich eigene Zaubersprüche und Fantasie-Szenarien, bei denen der Vater kräftig mitbaut.
Aber „Lars Is LOL“ funktioniert so gut, weil er beides hat: Die wunderschönen Spielszenen zwischen Amanda und Lars (Lilly Winger Schmidt und Adrian Øverjordet Vestnes spielen generell grandios), aber auch die knallharte Schulrealität mit wirklich teils richtig fiesen Mitschülern. Erstaunlich, dass dieser superstarke Kinder- und Jugendfilm, der bereits auf dem Filmfest München 2024 mit dem Cinekindl Award ausgezeichnet wurde, den wichtigsten Preis beim Michel auf dem Filmfest Hamburg 2024 bekam und schon 2023 in den norwegischen Kinos lief, noch keinen offiziellen deutschen Kinostart hat.
Michael Müller