Zu den ersten großen Entdeckungen des noch jungen Berlinale-Festivals 2025 zählt sicher die leichte französische Sommerkomödie „That Summer in Paris“ von Regiedebütantin Valentine Cadic über einen Paris-Urlaub während der Olympischen Spiele, der im neuen Wettbewerb Perspectives läuft.
FAST FACTS:
• Verzaubernde, witzige französische Sommerkomödie von der Regiedebütantin Valetine Cadic
• In einer Doku-Fiction-Tradition mit Guillaume Brac, Allice Rohrwacher oder Sara Summa
• Die Protagonistin Blandine reist im Urlaub für Olympia 2024 nach Paris
• Weltpremiere im neuen Berlinale-Wettbewerb Perspectives
CREDITS:
Frankreich 2025; Regie: Valentine; Buch: Mariette Désert; Kamera: Naomi Amarger; Produktion: Comme des Cinémas, Cinq de Trèfle Productions – Arnaud Bruttin, Antoine Jouve, Masa Sawada, Côme Chobert-Passot; Weltvertrieb: Urban Sales; Weltpremiere: Berlinale: 15.2.25 18.30 Uhr
REVIEW:
Die Protagonistin Blandine in der leichten französischen Sommerkomödie „That Summer in Paris“ („Le rendez-vous de l’été“) ist schon jetzt eine der unscheinbarsten Heldinnen dieser Berlinale 2025. Eigentlich nutzt sie nur ihren Urlaub, um von der eher ländlichen Normandie ins pulsierende Paris zu ihrer alleinerziehenden Halbschwester Julie (India Hair) zu reisen und die Schwimmwettkämpfe der Olympischen Spiele zu besuchen. Aber in der Erzählweise, wie der Film sie in Alltagssituationen, Nicht-Abenteuern und Zufälligkeiten zeigt, hat das Ganze etwas zutiefst Verzauberndes an sich.
Debüt-Regisseurin Valentine Cadic ist gekonnt auf den Spuren der aufregend-spröden Filmemacher-Bewegung von Größen wie Guillaume Brac, Mikhaël Hers oder Sara Summa unterwegs, die an der Schnittstelle zwischen Dokumentar- und Spielfilm arbeiten und die Poesie der Realität einfangen. Ein Großteil des Films entstand während den Olympischen Spielen in Paris 2024, womit der kleine Film auf einmal riesige Statistenheere und spektakuläre Kulissen für umsonst bekommt. Die begeisternde Stimmung, einen Sommer lang der Nabel der Welt zu sein, in dem sich alle zu umarmen scheinen, schwappt von der Kinoleinwand aufs Publikum über.
Erinnert auch an den Beziehungsmeister Eric Rohmer
Wobei „That Summer in Paris”, der in den Beziehungsschilderungen und Kommunikationen der Figuren untereinander auch vor allem an den großen Dialog- und Beziehungsmeister Eric Rohmer erinnert, geschickt die Erwartungen unterläuft. Blandine (gespielt von Blandine Madec) zieht zum Beispiel in ein zentral gelegenes Jugend-Hostel ein, bei dem man sich viele spannende Abenteuer für die Protagonistin ausmalt. Tatsächlich aber wird ihr noch am ersten Abend gesagt, dass sie für das Hostel mit 30 Jahren leider schon zu alt sei und sie sich doch bitte am nächsten Tag eine neue Unterkunft suchen soll.
So löst sich eine Verkettung von komisch-ungeschickten Folgeentwicklungen an, die unterstreichen, wie schön das Leben doch in den unspektakulären Momenten des Lebens abseits aller Pläne sein kann. Es muss nicht immer die große Romanze sein. Manchmal reicht auch ein lieb gemeinter Wangenkuss oder der Parkbesuch mit der neu kennengelernten Nichte, um sich auf ewig einzubrennen.
Caspar David Friedrich für eine neue Generation
Die Heldin Blandine, die viel mit einem ungeschickt schwer beladenen Rucksack durch die Stadt zieht und die man auf den ersten Blick leicht unterschätzt, wird häufiger von hinten gefilmt, aus der Rückenansicht gezeigt. Da gibt es eine Handvoll von Filmshots für die Ewigkeit, die teils fast an Caspar David Friedrich erinnern, so sehnsuchtsvoll sind sie mit der Romantik des Augenblicks eingeladen. Es ist ein ungemein lebendiger Film, weil sich die Szenen, Treffen und Gespräche ganz organisch zu entwickeln scheinen. Gleichzeitig hat das Ganze einen wundervoll elektronisch wabernden Score, der einen wie eine warme Decke einpackt.
„That Summer in Paris“ ist im neu umbenannten Perspectives-Wettbewerb (ehemals Encounters) eine der ersten großen Berlinale-Entdeckungen 2025, weil der Film auf den ersten Blick so unscheinbar wie seine Heldin daherkommt und dann doch so viel tiefer, witziger, schöner, poetischer, wahrhaftiger, melancholischer und aufregender ist, als man zuerst dachte.