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Vom Rohbau zu blühenden Landschaften

Was bedeutet die Neuaufstellung der FFA als „Filmförderung des Bundes“ konkret, wie geht es dort weiter – und was lehren die jüngsten, aktuell eher unangenehmen Erfahrungen aus Österreich in Sachen Anreizförderung? Antworten gab es bei „Let’s get started“ auf Einladung von Medienboard und SKW Schwarz.

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FFA-Vorstand Peter Dinges gab Auskunft zum Stand der Neuaufstellung der FFA als „Filmförderung des Bundes“ (Credit: Medienboard Berlin-Brandenburg)

„Let’s get started“: Unter diesem Motto laden Medienboard und SKW Schwarz nun schon traditionell zu einem prominent besetzten Blick auf das, was an Branchenthemen im neuen Jahr heiß zu sein verspricht. Was in diesem Jahr nicht zuletzt eines bedeutet: Förderung. In diesem Rahmen wollte man natürlich auch aus erster Hand hören, wie sehr die österreichischen Erfahrungen dafür sprechen, endlich auch in Deutschland Nägel mit Köpfen zu machen. Das konnte man im Prinzip auch – allerdings zu einem ganz besonderen Zeitpunkt. Denn Österreich ist uns nicht nur mit dem Fördersystem voraus – sondern auch mit einem Problem, das Deutschland womöglich noch bevorsteht: schwierige & zähe Regierungsbildung. Was das mit einem eigentlich als ungedeckelt propagierten Anreizsystem anstellt, bei dem die Nachfrage unterschätzt wurde? Dazu später mehr.

Zunächst gehörte die Bühne Peter Dinges, dessen Anstalt sich seit Anfang des Jahres mit einem neuen Untertitel im Logo schmückt: „Die Filmförderung des Bundes“. Hatte dann ja doch noch geklappt mit dem FFG – und mehr Punktlandung als Verkündung am 30. Dezember für ein Inkrafttreten am 1. Januar geht ja kaum.

Was es mit dem neuen Titel auf sich hat, was das FFG als „Mergergesetz“ bewirkt – und wie es um das Budget der FFA bestellt ist, nachdem die eigentlich zur Streichung vorgesehene Ersetzungsbefugnis bei der Filmabgabe nicht nur wieder (wenn auch mit geringerem Prozentsatz als zuvor, am Ende 15 Prozent) auftauchte, sondern (was dann aber auch nur konsequent war, nachdem große Plattformen das werbeunterstützte Angebot für sich und ihre Kunden entdeckt haben) auf Streamer erstreckt wurde: Das (und vieles mehr) lesen Sie in einem sehr ausführlichen Artikel von Anfang Januar, als der FFA-Vorstand sich bereits mit den entsprechenden Informationen an die Presse gewandt hatte. Kurz gesagt: Die FFA geht davon aus, rund zehn Prozent weniger an Barmitteln zu haben, zudem werden durch die Verlagerung von Fördermaßnahmen von Darlehen hin zu Zuschüssen (bzw. hin zu höheren Zuschussanteilen) die Rückflüsse entsprechend geringer ausfallen. „Mal sehen was kommt, man wird in den kommenden fünf Jahren ja vielleicht noch nachbessern können“, so Dinges.

Kaum drei Wochen sind seit diesem Termin vergangenen, aber es hat sich doch schon wieder einiges getan. Die damals schon angekündigte Erhöhung der Kappungsgrenzen bei DFFF I und GMPF ist ausverhandelt, die eigentlich vom Präsidium erst für Sommer vorgesehene Neukonstituierung des Verwaltungsrates könnte (diesen Punkt erwähnte Dinges explizit nicht, er war aber nicht zuletzt im Umfeld der Filmwoche Gesprächsthema) unter Umständen doch vorgezogen werden, zumindest gibt es in Teilen entsprechende Bestrebungen, mit denen sich der FFA-Verwaltungsrat bei seiner nächsten Sitzung wird befassen müssen. Die eigentlich vorgesehene Verlängerung der Amtszeit des amtierenden Gremiums gibt das (neue) FFG jedenfalls her.

„Paradigmenwechsel“ in der Förderung

Generell hob Dinges auch bei diesem Termin die Vorteile des neuen Systems hervor, das zwar weiterhin auf Dualismus setzt und insbesondere im Bereich der kulturellen Filmförderung weiterhin auch auf Juryentscheidungen basiert, das mit einem Fokus auf Automatismus innerhalb der FFA-Förderung (automatische Produktionsförderung, automatische Verleihförderung, halbautomatische Kinoförderung) aber für Bürokratieabbau, Planungssicherheit und „kreative Freiräume ohne Bevormundung durch Kommissionen“ stehe. Und das vor allem mit deutlich niedrigeren Zugangshürden in Form der auf 25.000 Punkte (10.000 bei Talent-, Kinder- und Dokumentarfilm) aufwarte und so (auch in Verbindung mit der erweiterten Festivalliste) breiteren Zugang als je zuvor verspreche. Dinges hob dabei nicht zuletzt einen echten „Paradigmenwechsel“ hervor, die Umsetzung eines Gedanken, der im Grunde so alt sei wie seine Amtszeit: die Beteiligung von Autoren und Regisseuren.

Vom ursprünglich anvisierten Punktewert von rund einem Euro läge man für die in der ersten Jahreshälfte anstehende Ausschüttung potenziell nicht weit entfernt, der Wert könnte sich zwischen 85 und 95 Cent bewegen – es sei denn, es würde (was durchaus angedacht ist) noch ein mit vier bis fünf Mio. Euro ausgestatteter „Übergangstopf“ geschaffen, der den Punktewert dann auf etwa 65 bis 75 Cent drücken würde. Was (nicht zuletzt in Anbetracht der zuletzt noch eingegangenen Kompromisse, siehe v.a. die Ersetzungsbefugnis) dennoch ein „echter Erfolg“ für die Produzentinnen und Produzenten sei. Im Fall der automatischen Verleihförderung spreche man sogar von einem „nie dagewesenen“ Punktewert von 60 bis 70 Cent (bei zuvor zwischen 16 und 17 Cent) – das seien „sehr gute Nachrichten“.

Ob es mit Blick auf die kulturelle Filmförderung bei den rund 25 Mio. Euro bleibt, die in Aussicht stehen, muss man natürlich abwarten – schließlich ist das noch der Plan einer alten Bundesregierung. Sechs Förderjurys sollen sich künftig um diesen Bereich kümmern – und Dinges bekräftigte, dass man im Mai mit der ersten Jury(sitzung) an den Start gehen wolle, die Veröffentlichung der Richtlinie sei für das Umfeld der Berlinale vorgesehen. Konkreter konnte er dazu noch nicht werden. Je früher, desto besser, versteht sich.

Die Förderjury jedenfalls seien im Prinzip gebildet und müssten nur noch abgesegnet werden – und Dinges versprach schon jetzt eine „tolle, hochdiverse Besetzung“, die die Vielfalt der Bevölkerung ebenso widerspiegle wie die breite Expertise der Filmwirtschaft.

Inklusiver Kurs wird fortgesetzt

Ein Punkt, der Dinges tatsächlich besonders wichtig ist, denn ein Kompromiss beim FFG liegt ihm – das hatte er schon Anfang Januar skizziert – besonders im Magen. Die ersatzlose Streichung des Diversitätsbeirats, verbunden mit der Streichung von Vielfältigkeits- und Nachhaltigkeitszielen aus dem Aufgabenkatalog der FFA, der sich im § 2 des FFG („unserem Gebetsbuch“) findet. Das bedeute – und dieser Punkt war ihm wichtig – aber ausdrücklich nicht, dass sich die FFA derartiger Anliegen nicht auch in Zukunft annehmen werde. In Gesprächen mit der BKM und betroffenen Gruppen habe man sich gemeinsam dazu bekannt, den eingeschlagenen Kurs der diverseren Verankerung von Filmförderung in der Gesellschaft fortzusetzen. Die aus dem Gesetz gestrichenen Ziele würden sich ohnehin aus dem strukturellen Gedanken der FFA ergeben, man werde weiter den Weg einer demokratischen, inklusiven und diversen Förderung beschreiten. Allein schon deshalb, weil man diese Impulse benötige, um dem deutschen Film jene Frischzellenkur zu verpassen, die er vielleicht benötige. Der anhaltende Applaus im Saal bestätigte Dinges in dieser Haltung.

Den bereits übergangsweise erfolgenden Ausbau der Anreizförderung (in Form der Erhöhung von Fördersätzen und Kappungsgrenzen) lobte Dinges ausdrücklich als mutigen Schnitt und rechtzeitiges Signal, das nun auch als Hypothek für die Zukunft im Raum stünde. Was die alte Regierung begonnen habe, sei eine neue aufgefordert, fortzusetzen. Denn die aktuelle Lösung müsse in ein wettbewerbsfähiges Anreizsystem übergehen – und das schnellstmöglich, denn die vorhanden Mittel würden nicht ewig reichen. „Das Steueranreizsystem muss sich nahtlos anschließen, damit sich keine Förderlücke auftut. Es muss kommen – und das nicht nächstes Jahr, sondern gleich dann, wenn der Haushalt steht.“ Viel Applaus. Klar.

Ganz wesentlich ist für Dinges auch die weitere Arbeit an einer stärkeren Koordination der Förderung auf Ebene von Bund und Ländern. Er habe den Eindruck, dass dafür prinzipiell große Bereitschaft bestünde – und er habe nicht zuletzt in Gastgeberin Kirsten Niehuus eine Mitstreiterin in Sachen Harmonisierung, mit der er in ihrer verbleibenden Amtszeit noch intensiv am Thema dranbleiben werde.

Bleibt noch ein Thema: die Investitionsverpflichtung. Im Sinne der von ihm geforderten Neutralität beließ es der FFA-Vorstand bei der schlichten Hoffnung, dass man zu einer Einigung finden wird – in welcher Form auch immer.

Tatsächlich war die Investitionsverpflichtung dann auch – natürlich völlig erwartungsgemäß – das einzige Thema, bei dem es in einer anschließenden, von Torsten Zarges (DWDL) moderierten Runde einen echten Dissens gab.

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Angeregte Debatte mit einem großen Dissens und einer ganz großen Einigkeit: Torsten Zarges, Andreas Bareiss, Danny Krausz, Julia Maier-Hauff und Christian Sommer (Credit: Medienboard Berlin-Brandenburg)

Als MPA-Vertreter plädierte Christian Sommer dafür, sich eines Themas zu entledigen, das rechtlich auf wackeligen Beinen stünde (er bezog sich dabei nicht zuletzt auf die aus dem FDP-geführten Bundesjustizministerium geäußerten Bedenken), das nicht verspreche, Investitionen nach Deutschland zu holen (nachdem sich die Verpflichtung stets auf europäische, nicht etwa nur nationale Werke beziehe) und das als Streitpunkt in einer Diskussion, die teils „mit religiösem Eifer“ geführt werde, der zügigen Umsetzung dessen im Wege stehe, was der Standort wirklich benötige: ein konkurrenzfähiges Anreizsystem, das der wahre Schlüssel dafür sei, Produktionen an einen Standort zu holen. Das aus der dortigen Geschichte gewachsene französische Modell sei ohnehin nicht 1:1 übertragbar – und selbst im Nachbarland sei zu beobachten, dass das System dazu führe, dass mitunter „am Markt vorbei“ produziert würde. „Freiheit schreibt die schönsten Geschichten“, so sein Credo, das er nicht zuletzt auf etwaige Subquoten münzte, die nicht dazu beitragen würden, dem Markt jene Produktionen zu bescheren, die dieser benötige. Der bessere Weg sei es, ein attraktives Anreizmodell ganz entschieden anzugehen (was seiner Ansicht nach „sehr schnell“ gehen könne, wenn man sich darauf fokussiere) – und dann zu sehen, wie sich der Markt entwickle. 

Dass er in einer Runde, in der er zusammen mit Julia Maier-Hauff (Geschäftsführerin des Produzent*innenverbands), Andreas Bareiss (aktuell noch EVP Affairs & Operations bei Gaumont, bald Direktor der Filmakademie Baden-Württemberg) und Danny Krausz (Geschäftsführer und Produzent der österreichischen Dor Film), keine Mehrheitsmeinung vertrat, liegt ebenso auf der Hand, wie die Tatsache, dass von deren Seite die Forderung nach Umsetzung einer Investitionsverpflichtung mit Rechterückbehalt (auch im Nachbarland) noch einmal nachdrücklich unterstrichen wurde. Bareiss tat dies nicht zuletzt mit den Erfahrungen seiner französischen Kolleginnen und Kollegen und damit dem „hausinternen Vergleich“ im Rücken. Die Chance, es über den Rückgriff auf Umsätze, die ohnehin vor Ort generiert würden zu ermöglichen, auf breiter Basis „narrative Souveränität“ zu gewinnen, die Möglichkeit eigene Geschichten im eigenen Land zu realisieren, rechtfertige einen Markteingriff, wie er in anderen Ländern längst usus sei – insofern wundere er sich auch über die „Qualität der Juristinnen und Juristen im Justizministerium“.

Was bei diesem Termin überraschender Weise nicht zur Sprache kam (womöglich deshalb, weil der Schritt ohne die stringenten französischen Fensterregelungen kaum denkbar wäre): In Frankreich ist Disney für Disney+ gerade eine Investitionsverpflichtung in Höhe von ganzen 25 Prozent des dort erzielten Nettoumsatzes eingegangen – für eine Reduktion der Sperrfrist zwischen Kinostart und SVoD-Auswertung von 17 auf neun Monate.

So groß die Uneinigkeit in Sachen Investitionsverpflichtung auch war, so wenig passte im Prinzip ein Blatt zwischen die Mitdiskutierenden in Sachen Anreizmodell. Kurz gesagt: Es muss kommen, es muss schnellstmöglich kommen, es muss als ungedeckeltes, stetiges Instrument für absolute Verlässlichkeit und Planungssicherheit stehen. Und man sollte sich gegebenenfalls noch einmal über die tatsächliche Förderintensität unterhalten, denn 30 von 80 Prozent sind eben keine „echten“ 30 Prozent. Um es mit den Worten von Andreas Bareiss zu sagen: So erfreulich es sei, dass man am Ende doch noch mit einem neuen FFG in das Jahr gestartet ist und gleichzeitig die Anreizförderung zumindest im Wege der Übergangslösung gestärkt wurde: Noch fühle man sich wie der Bauherr in einem Rohbau, aus dessen Fenstern man verträumt herausblicke, um vor dem inneren Auge blühende Produktionslandschaften entstehen zu sehen. Wenn denn die geplanten Säulen alle kämen.

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Stand mit den aktuellen Erfahrungen aus Österreich mit im Zentrum des Interesses: Produzent Danny Krausz (Credit: Medienboard Berlin-Brandenburg)

Ein wenig getrübt ist die Freude über das dortige Anreizmodell unterdessen in Österreich. Nicht weil es keinen Erfolg hätte. Ganz im Gegenteil. Wie Danny Krausz schilderte, seien allein über FISA+ in zwei Jahren über 140 Mio. Euro an Förderung (bei einem Gesamtproduktionswert von 1,3 Mrd. Euro) ausgereicht worden, bei der Kinofilmförderung des ÖFI+ seien es im ersten Jahr rund 30 Mio. gewesen, im zweiten sollten es 60 Mio. werden. „Sollten“ für den Moment deshalb, weil das Antragsvolumen (nicht zuletzt dank des Zulaufs aus Deutschland…) laut Krausz sämtliche Erwartungen übertroffen und damit nicht nur die administrative Verwaltung, sondern auch die vorhandenen Töpfe überfordert hätte – mit der Folge, dass die Antragsportale in der zweiten Januarwoche erst einmal geschlossen wurden. 

Deckelung schafft „unerträglichen Wettbewerb“

Nun handelt es sich zwar im Prinzip um Instrumente, die als ungedeckelt propagiert wurden – aber das Problem liegt darin, dass im Haushalt nur ein durchaus großzügiger, aber doch begrenzter „Grundstock“ vorgesehen ist, der der tatsächlichen Nachfrage nicht gerecht wurde. Zwar wurde über ein Budgetbegleitgesetz die explizite, konsequente und notwendige Möglichkeit geschaffen, nachzuschießen – aber genau an dieser Stelle hakt es momentan wegen der schwierigen Regierungsbildung in Österreich. Dreiergespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS scheiterten, auch ÖVP und SPÖ fanden zu keiner gemeinsamen Linie, jetzt liegt der Ball im Feld von ÖVP und FPÖ… 

Krausz zeigte sich zwar zuversichtlich, dass auch in einer solchen Konstellation der Wille da sei, das Anreizmodell fortzuführen und bedarfsgerecht auszustatten. Aber er unterstrich dennoch nachdrücklich, wie wichtig es sei, einzuhalten, was propagiert worden sei. Automatische Modelle, die gedeckelt seien, würden zu einem „unglaublichen, unappetitlichen produzentischen Wettbewerb“ führen, der Unfrieden hervorrufe, der die Qualität nicht steigere, der schlicht „unerträglich“ sei.

Bareiss jedenfalls nahm nicht zuletzt diesen Erfahrungsbericht zum Anlass, noch einmal entschieden für ein System einzutreten, das nicht nur bei den Bedingungen vielleicht noch etwas attraktiver ausgestaltet sein könnte, als es letzter Diskussionsstand war – auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Deutschland nicht zuletzt auch bei den Produktionskosten in einem harten Wettbewerb steht; inklusive eines Escalators für nachhaltiges Produzieren stellte er einen Fördersatz von bis zu 45 Prozent in den Raum, wie er auf europäischer Ebene durchaus existiert. Sondern er plädierte auch dafür, dass der Begriff „ungedeckelt“ keine Worthülse bleiben dürfe. Sich wie in Österreich auf eine Art „Handshake-Agreement“ zum Nachschießen verlassen zu müssen – das werde in Deutschland keinesfalls funktionieren.

In diesem Sinne auch von unserer Seite: „Macht den Deckel drauf – aber wirklich nur den sprichwörtlichen!“