2024 neigt sich dem Ende zu, die aktuellen filmpolitischen Debatten laufen weiter. SPOT hat sich in der Branche umgehört – und fragte nach den prägenden Themen dieses und des kommenden Jahres.
Ein Branchenjahr wie eine (sehr holprige) Achterbahnfahrt, ein Branchenjahr, das es dramaturgisch mit jedem Thriller hätte aufnehmen können – das dabei aber vor allem von maximaler Unsicherheit geprägt war. Mittlerweile haben sich die Dinge ein wenig sortiert, mittlerweile weiß man zumindest, was man bis zum Jahreswechsel (oder vielleicht besser: Regierungswechsel) noch erwarten kann und was nicht. 2024 neigt sich dem Ende zu, die aktuellen filmpolitischen Debatten laufen weiter – und SPOT hat sich zwischen Mitte und Ende November dazu umgehört.
#1 Was war das prägende Thema Ihres persönlichen Branchenjahres – und warum?
Thomas Beranek: Die Widerstandsfähigkeit des Kinomarktes gegen den streikbedingten Produktionsengpass, der einen Großteil des Jahres geprägt hat. Die Lücken fehlender Großproduktionen in den Startlisten ließen vielfältige Filmen glänzen: Eine aus deutscher Perspektive exquisite Award Season für das Arthouse mit „The Zone of Interest“, „Perfect Days“ und „Anatomie eines Falls“. International fällt hier noch „Poor Things“ hinein. Ein Grenzen verschiebender Erfolg. Das galt auch für mehrere Genre-Hits, welche beeindruckende Besucherzahlen erreichten. Allen voran „Terrifier 3“, aber auch „The Substance“ und „Longlegs“. Mehrere Filme mit primär weiblicher Zielgruppe haben Blaupausen geschaffen, wie „Nur noch ein einziges Mal“, „Wo die Lüge hinfällt“ und „Challengers“. Lokal ist „Eine Million Minuten“ ein wunderbares Beispiel. Zudem ein originär deutscher Titel. Das gilt auch für „Alter weißer Mann“. Die Strahlkraft japanischer Titel illustrierte Miyazaki’s fordernder „Der Junge und der Reiher“. Zudem haben smarte Startdaten und ambitionierte Kampagnen einzelne Filme im internationalen Vergleich erfolgreicher laufen lassen. Neben „Ella und der schwarze Jaguar“ ist hier vor allem „Horizon“ hervorzuheben. Jeder einzelne dieser Erfolge ist ermutigend. Sie zeigen den Bedarf an einem breiten Angebot als wesentlichen Faktor für die nachhaltige Genesung der Branche.
#2 Was wird Sie im kommenden Jahr voraussichtlich am meisten beschäftigen?
Thomas Beranek: Inwieweit das steigende Filmangebot 2025 zu einem signifikanten Wachstum des Kinomarkts führt. Es wird das erste Jahr seit 2019, welches nur indirekt von den disruptiven Ereignissen der Pandemie und den Streiks in Hollywood beeinflusst ist. Mit dem Wegfall dieser Restriktionen wird der Status Quo der Kinobranche klarer. Nach der leichten Kontraktion in diesem Jahr ist generell von einer weiteren Erholung des globalen Kinomarkts auszugehen, die an den Trend von 2023 anschließt. Die Startliste für 2025 bietet einen breiten Mix. Neben wenigen großen Franchises sind viele Titel jedoch noch mit einer hohen Ergebnisunsicherheit behaftet. Dies bedeutet ein stärkeres Up- aber auch Downside. Spannend wird die Neuausrichtung von DC und des MCU nach der holprigen jüngeren Vergangenheit. Es wird sich zeigen, inwieweit ein Fundament geschaffen werden kann, die marktbeherrschende Stellung des Genres aus dem letzten Jahrzehnt fortzusetzen. Für den deutschen Film stimmt ein starkes Line-up bekannter Charaktere positiv.