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Produktionsallianz vs. „Stupid German Market“

Mit einer Kampagne unter dem Motto #FilmReformJETZT trägt die Produktionsallianz die Debatte um die Förderreform noch einmal in die Breite. Weswegen das so wichtig ist, erläuterten Björn Böhning und Janine Jackowski im Rahmen eines Pressegesprächs – bei dem sie aber auch betonten, dass Pessimismus nicht weiterhelfe. Zäh gestalten sich aber nicht nur die Reformdebatten – sondern auch die Tarifverhandlungen.

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Einen Tag vor Anpfiff der Fußball-EM erscheint es natürlich besonders passend, dass Produktionsallianz-CEO Björn Böhning ein Bild aus dem Fußball wählte, um klarzumachen, weswegen man die Förderreform trotz der bekannten Hürden weiterhin nicht nur positiv, sondern nach seinen Worten auch „zuversichtlich“ begleitet – auch wenn BKM-Vertreter die Branche nun schon mehrfach darauf vorbereitet haben, dass nicht alle geplanten Säulen zum Jahreswechsel stehen dürften und man für einzelne eher den Sommer 2025 als Zielkorridor anpeilt. Nicht umsonst soll Michelle Müntefering schon angeregt haben, die FFG-Reform zu verschieben, um sie auf zeitliche Höhe mit anderen Säulen zu bringen… Aber: „Pessimismus bringt nichts“, so Böhning. „Das wäre wie der Coach, der seiner Mannschaft bei 1:0-Rückstand in der Halbzeitpause rät, sich jetzt nicht mehr ins Zeug zu legen!“

Wobei die aktuelle Situation in der deutschen Produktionswirtschaft, die Böhning gemeinsam mit Janine Jackowski als neuer Vorsitzenden der Kinosektion des Verbandes bei einem Pressegespräch vor dem traditionellen Sommerfest schilderte, mit einem 1:0-Rückstand womöglich ein wenig zu freundlich umschrieben wäre. Denn auch wenn Pessimismus wenig bringen mag, wenn es um das Drängen um eine vollumfängliche (und vollumfänglich pünktliche) Förderreform geht: Mit Blick auf die derzeitige wirtschaftliche Situation herrscht dann doch eine pessimistische Grundstimmung vor. Laut letztem Stimmungsbarometer bei ganzen 90 Prozent der Allianz-Mitglieder; 52 Prozent würden die Lage sogar als „sehr schlecht“ einschätzen. Kein Wunder, wenn bei einer ohnehin mehr als angespannten Auftragslage die Ankündigung von ARD und ZDF im Raum steht, Programmausgaben potenziell um zehn Prozent zu reduzieren.

Im Magen liegt der Produktionsallianz laut Böhning und Jackowski vor allem auch ein „Missverhältnis“ zwischen den Einnahmen und den hiesigen Produktionsausgaben der Streamer, denen PwC bis 2027 Umsätze in Deutschland in Höhe von 4,7 Mrd. Euro vorhersage. Demgegenüber seien deren Programminvestitionen in Deutschland zuletzt auf gerade einmal 250 Mio. Euro zusammengeschrumpft, nachdem sie 2022 noch rund 400 Mio. Euro betragen hätten. Ein anderer Aspekt: Vaunet prognostiziere noch für dieses Jahr einen Zuwachs bei den InStream-Werbeumsätzen um 17 Prozent. 

„Streamer machen enorme Gewinne, die vorwiegend im Ausland versteuert werden, gleichzeitig saugen sie den Werbemarkt leer“, so Böhning, der auch noch eine Analogie aus Zeiten der Filmfonds bemühte. Sprach man damals von der „Stupid German Money“ habe man es angesichts derartiger Rahmenbedingungen aktuell mit einem „Stupid German Market“ zu tun. 

Ein wichtiges Mittel dagegen sind aus Sicht der Produktionsallianz natürlich mit einem Rechterückbehalt verbundene Investitionsverpflichtungen. Abseits der Hoffnung, dass diese kommen (wie sie es bereits in 13 europäischen Ländern taten, wenngleich in unterschiedlicher Ausgestaltung und teils – etwa in Spanien – ohne Rechterückbehalt), konnten Böhning und Jackowski aber wenig zum derzeitigen Stand sagen. Was kein Wunder ist, schließlich soll seitens der BKM voraussichtlich im Juli ein neuer Entwurf vorgelegt werden, der sich – wie an anderer Stelle zu erfahren war – potenziell erheblich von der ersten Fassung unterscheiden wird. 

Ob die Kinoquote – gegen die sich die Sender nicht zuletzt mit Verweis auf ihre Programmhoheit wehren – einer der Knackpunkte sein könnte? Böhning formulierte es so: Natürlich sei eine Investitionsverpflichtung ein Eingriff. Allerdings einer, für den die EU bewusst den Rahmen geschaffen habe – und ein gut begründeter, insbesondere vor dem Hintergrund, dass aktuell keine fairen Marktverhältnisse im Verhältnis zwischen Auftraggebern und -nehmern herrschten. Dennoch erhöhe jeder weitere (Unter-)Eingriff die Anfordernisse an die Begründung. Insofern stelle sich durchaus die Frage, wie viele Subquoten am Ende möglich seien, ohne die „Scheunentore nach Karlsruhe zu weit aufzustoßen“.

Und wie sieht es nach Ansicht der Produktionsallianz in Sachen Anreizmodell aus? Wie wichtig es wäre, an dieser Stelle schnellstmöglich Klarheit zu haben, muss man im Grunde nicht mehr betonen. Jackowski konnte aber aus eigener Erfahrung als Produzentin mit zwei in der Finanzierung befindlichen Filmen bildlich darstellen, wie sich die Planbarkeit von Projekten im aktuellen Umfeld darstellt. Und was das Förderklima für die Ansiedlung von Projekten bedeutet. Sie selbst hätte mit der Komplizen Film das im Herbst vergangenen Jahres in Dreh gegangen Biopic „Maria“ mit Angelina Jolie „wahnsinnig gerne“ in Deutschland realisiert – allerdings habe sich das finanziell schlicht nicht darstellen lassen – ergo ging es (mit deutscher Crew) nach Ungarn, Frankreich und Italien. Derweil stünden die Studios hierzulande leer. „Der Fachkräftemangel“ ist momentan jedenfalls nicht das dringendste Problem“, so Jackowski.

Dass die Frage der Umsetzung des geplanten Modells (jüngstes wildes Gerücht in einem an Gerüchten reichen Berlin: es werde schon nach Möglichkeiten gesucht, eine Anreizförderung im Bundeswirtschaftsministerium anzudocken) nicht zuletzt an der Beteiligung der Länder hängt, die die Hälfte der Steuerausfälle tragen sollen, ist bekannt. Böhning sieht die mit diesen Ausfällen verbundenen Bedenken aber als völlig übersteigert an. Selbst unter Annahme einer 40prozentigen Steigerung der deutschen Herstellungskosten gegenüber dem Schnitt der Jahre 2021 bis 2023 (rund 700 Mio. Euro) spreche man nur von Steuerausfällen in Höhe von rund 286 Mio. Euro. Demgegenüber stünden Multiplikatoren, die zuletzt 6,3 beim DFFF I; 4,5 beim DFFF II und 7,5 beim GMPF gelegen hätten…

Generell will Böhning die BKM gegen Vorwürfe in Schutz nehmen: Es gehe um schwierige Gespräche. Aber Gespräche, die geführt würden – auch das Finanzministerium sei längst tief in die Materie eingestiegen und habe Berechnungen auf Basis der Forschungszulage angestellt – die übrigens auch eine Blaupause für die (einst schon im Rahmen des DFFF diskutierte) Berücksichtigung des Verleihs im Anreizmodell liefert.

Hinter dem Reformvorhaben stecke jedenfalls eine „tolle Vision“, so Jackowski, „mit dem Dreiklang wären wir einen Riesenschritt weiter“. Die Produktionsallianz jedenfalls wird nicht müde, auf eine rechtzeitige Realisierung dieses Dreiklangs (ein Begriff, der sich aus den Anfangstagen der Reformpläne gehalten hat, auch wenn man mittlerweile eher von vier Säulen spricht) hinzuwirken – und das nun auch in Form der Kampagne unter dem Motto #FilmReformJETZT, mit der die Produktionsallianz die Debatte nun noch einmal (vor allem auch via Social Media) in die Breite trägt. Auf einer eigenen Website finden sich ein zweiseitiges Factsheet mit Zahlen, Statistiken und Beispielen; ein Infopapier mit je fünf „Fakten und Irrtümern“ zur Förderreform und Social-Media-Visuals.

Zur Website www.filmreformjetzt.de

Als Ausdruck gesteigerter Nervosität will Böhning diese Aktion keinesfalls verstanden wissen. Es gehe dabei lediglich darum, die Diskussion noch einmal in die Breite zu tragen und klarzumachen, was drohe, wenn die Reform nicht (oder zu spät) komme.

Unterdessen kämpft die Produktionsallianz auch an anderer Front intensiv: Acht Verhandlungsrunden mit BFFS und ver.di zum neuen Tarifvertrag wurden bereits absolviert („Das sind fast schon Bahnverhältnisse“,so Böhning) – ohne dass sich schon ein Durchbruch abzeichne. Bei umstrittenen Kernthemen – namentlich dem Umgang mit KI, den Gagen und der Altersversorgung – habe man zwar Fortschritte erzielen können, sei aber „noch nicht über den Berg“. Man stehe zur Tarifpartnerschaft, man wolle flexible Arbeitszeiten ermöglichen und gute Löhne zahlen. „Aber wir müssen vernünftige Lösungen anstreben – das heißt auch, Träumereien abzustellen“.