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Matthias Damm zu Cineville Deutschland: „Es funktioniert!“

In den Niederlanden seit über einem Jahrzehnt etabliert, wurde das in Österreich und Belgien bereits zuvor adaptierte Abomodell Cineville nun auch in Deutschland gestartet. Mit einem Auftakt nach Maß, wie Matthias Damm als einer der Initiatoren schildet.

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Matthias Damm vom Casablanca Nürnberg ist einer der Initiatoren und Vorstände von Cineville Germany (Credit: Casablanca Nürnberg/Privat)

Manchmal reichen wenige Worte, um eine Nachricht auf den Punkt zu bringen. So auch im Fall von Cineville, dass nun auch den Weg nach Deutschland gefunden hat seit Mitte August in fünf Städten und rund 30 Kinos angeboten wird. Es funktioniert. Punkt. Ein wenig genauer haben wir aber natürlich trotzdem nachgefragt, wollten wissen, wie und von wem das Angebot angenommen wird, was sich an Auffälligkeiten abzeichnet – und welche Pläne man für die Zukunft hegt.

Was lässt sich zwei Monate nach dem offiziellen Startschuss von Cineville Deutschland über die Resonanz sagen?

Matthias Damm: Wir sind absolut glücklich, zumal dem eigentlichen Start monatelange, intensive Vorbereitungen vorausgingen. Wir stehen natürlich noch am Anfang, aber Stand heute haben wir um die 1300 aktive Abos, zu denen zuletzt pro Tag zwischen 20 und 30 hinzukamen. Wir kennen die Zahlen aus den Niederlanden und Österreich, haben darauf basierend auch interne Prognosen – und es ist wunderbar, dass wir uns nun in der Tat kontinuierlich dem Bild nähern, das wir aus den anderen Cineville-Märkten kennen. Es geht am Anfang aber gar nicht einmal so sehr um die absoluten Zahlen, die ja ohnehin noch deutlich wachsen werden. Sondern wir stellen vor allem vor Ort in den Kinos fest, wie gut das Angebot angenommen wird und wie reibungslos es funktioniert. Wir hatten gestern eine Sneak in einem nahezu vollen Saal und ich habe dort mal in die Runde gefragt, wer von den Anwesenden denn schon mit einem Abo da ist – das war sicherlich knapp ein Viertel der Leute. In den letzten Wochen haben wir uns über alle Vorstellungen hinweg bei einem Aboanteil an den Besuchen zwischen fünf und zehn Prozent bewegt. Ich hätte nie zu wetten gewagt, dass wir so schnell dorthin kommen würden.

Zeichnet sich denn auch ab, dass kleinere Filme profitieren?

Matthias Damm: Absolut – und genau das ist ja Idee und Ziel dahinter. Natürlich landen Toptitel wie „Joker: Folie à Deux“ oder „The Substance“ weiterhin ganz oben, das ist ja nur logisch. Aber es ist sehr auffällig, wie stark der Zuspruch für Filme wie „Megalopolis“ oder „Memory“ bei uns ausfiel. Gerade letzterer ist bundesweit völlig untergangen, bei uns hat er es jedoch unter die meistbesuchten Titel geschafft. Alles, was wir bislang beobachtet haben, deutet klar darauf hin, dass das Abo dazu motiviert, sich noch intensiver mit dem Programm zu beschäftigen und auch mal den einen oder anderen Film mehr anzusehen. Titel also, die man ansonsten links liegen gelassen hätten. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Denn tatsächlich haben wir schon jetzt festgestellt, dass es Aboinhaber gibt, die sich Filme auch ein zweites Mal ansehen, oft mit einer Begleitung, die voll bezahlt. Das haben wir in den Gesprächen mit den Gästen öfter gehört: Dass man einen Film, der einem selbst gefiel, gerne auch noch einmal mit anderen Leuten sieht, wenn man für den zweiten Besuch nicht extra zahlen muss. Solche Phänomene unterstreichen, was mein Vorstandskollege Jürgen Lütz gerne sagt: Aboinhaber sind Micro-Influenzer. Sie fungieren auch als Multiplikatoren, um die Filme und unsere Häuser bekannter zu machen. All das ist natürlich Teil der Rechnung hinter einem Abomodell.

In welcher Zielgruppe liegt der Schwerpunkt bei den Abos?

Matthias Damm: Bei der Altersverteilung sehen wir momentan einen erheblichen Peak in der Altersgruppe zwischen 20 und 35 Jahren, da kommt der Großteil der Abonnentinnen und Abonnenten her. Der zweite Peak ist dann ab etwa 50 Jahren zu verzeichnen, also nicht zuletzt bei Leuten, deren Kinder aus dem Haus sind und die wieder mehr Zeit für Aktivitäten wie das Kino finden. Laut unserer Statistik hatten wir in der vergangenen Woche Abonnentinnen und Abonnenten im Alter von 18 bis 82 Jahren im Haus, das ist schon eine tolle Spanne. Unter 18 Jahren kann man das Abo gar nicht abschließen.

Wurden in der ersten Phase auch andere Interessenten als die Heavy User erreicht?

Matthias Damm: Dass gerade die Heavy User auf den Start des Modells hingefiebert haben, liegt wohl auf der Hand, aber tatsächlich sehen wir ganz erhebliche Unterschiede bei der Nutzungsfrequenz. Ja, wir haben einen „Spitzenreiter“, der es im September 30 Mal zu uns geschafft hat – und es gibt eine hohe Anzahl, die vier Mal und öfter geht. Aber wir sehen auch eine sehr große Gruppe, die das Abo monatlich ein bis zwei Mal nutzt – und es zeichnet sich ab, dass die Entwicklung auch im Mittel darauf zusteuert.

Sehen die Erfahrungen bei Ihren Kolleginnen und Kollegen denn ähnlich aus?

Matthias Damm: Im engsten Austausch bin ich derzeit mit meinen Kollegen aus dem Vorstand, Jürgen Lütz aus Köln und Felix Grassmann aus Hamburg. Sie berichten im Grunde exakt das Gleiche, wobei durchaus spannend zu sehen ist, wie sehr sich die teilnehmenden Kinos in ihrer grundsätzlichen Besuchsstruktur unterscheiden. Blicken wir nur auf Nürnberg: Wir im Casablanca haben einen Altersdurchschnitt von knapp über 40 Jahren, in der Meisengeige, die ein jüngeres Publikum adressiert, liegt der Schnitt unter 30 – und im Metropolis dafür bei über 50 Jahren. Was diesen Häuser aber gemein ist: Sie haben schon jetzt beträchtliches Besuchsaufkommen durch die Abonutzung. Das zeigt, dass unser Angebot nicht an einzelne Art von Kino gebunden ist, sondern dass es bei verschiedenen Konzepten und unterschiedlichen Programmschwerpunkten funktioniert. Je nach Kino laufen auch bestimmte Filme besser oder schlechter als andere. Aber was im Grunde überall gleich ist: Man erkennt die Leute dank der Karte an der Kasse, es gibt viele nette Gespräche, der ganze Ablauf funktioniert wunderbar.

An der Anbindung an die unterschiedlichen Kassensysteme arbeitet man aber noch?

Matthias Damm: Das ist richtig. Was wir seit dem ersten Tag haben, ist die Anbindung über Kinoheld. Bei allen Standorten, die ihr Online-Ticketing über diesen Weg machen, läuft es also ohnehin schon völlig reibungslos. Bei Cinetixx, Mars oder ticket.international sind die Schnittstellen in Vorbereitung, das wird peu a peu in den nächsten Wochen umsetzbar sein, denke ich. Der Ticketkauf ist aber natürlich überall möglich, es gibt momentan aber Standorte, an denen man online nur reservieren kann und das Ticket erst an der Kasse bekommt. Das ist noch nicht perfekt, aber es funktioniert problemlos.

Die physische Karte ist dennoch eher eine Übergangslösung?

Matthias Damm: Im Moment benötigen wir die Karte ohnehin, weil die App, die unsere Kollegen in den Niederlanden entwickeln, derzeit noch in Vorbereitung ist. Das hat aber durchaus nicht nur Nachteile. Klar, so eine Karte bedeutet nicht zuletzt logistischen Aufwand, schließlich muss sie bei Erstabschluss zugesandt werden. Aber wir haben festgestellt, dass es durchaus einen gewissen Clubausweis-Charme hat. Perspektivisch werden wir zwar vermutlich davon abrücken, Karten auszustellen, aber momentan ist das eine gute Lösung. Die App wiederum ist vor allem auch deshalb ein spannendes Projekt, weil wir damit einen neuen Kommunikationsweg schaffen – in beide Richtungen. Nutzer können sich dann ausführlichere Profile anlegen, dank derer wir wiederum unsere Gäste und ihre Gewohnheiten noch besser kennenlernen. Und wir können gezielt über Veranstaltungen und Filmstarts informieren und noch mehr Hintergründe liefern. 

Rund 30 Kinos waren schon zum Start dabei, gab es bereits Neuzugänge?

Matthias Damm: Ganz vereinzelt gab es die schon in diesen ersten Wochen, unter anderem ist Fürth bereits mit dem Babylon dabei. Ich kann jedenfalls schon einmal verraten, dass sich die Liste der teilnehmenden Kinos bis Januar um wenigstens knapp 20 verlängern wird. Darunter sind etliche in NRW, aber auch im Norden, Süden und Osten der Republik. Darüber hinaus sind wir mit vielen Kolleginnen und Kollegen im Gespräch, das Interesse ist enorm. Wichtig ist uns nicht zuletzt, mit Cineville in jeder teilnehmenden Stadt nach Möglichkeit mit mehr als einem Kino vertreten zu sein; idealerweise mit allen oder wenigstens nahezu allen Arthouse-Kinos vor Ort. Denn ein Abo wird, das haben sämtliche Erfahrungen gezeigt, natürlich umso attraktiver, je mehr Auswahl man nicht nur bei den Filmen bietet, sondern auch bei den Orten, an denen man sie sehen kann. Wie flexibel unsere Abonnentinnen und Abonnenten bei der Wahl der Kinos sind, wollen wir künftig noch genau analysieren. Aber es steht wohl außer Frage, dass es eine spannende Möglichkeit ist, auch andere Häuser abseits eines Stammkinos kennenzulernen. 

Wie sehen die nächsten Schritte aus, insbesondere hinsichtlich der Bewerbung von Cineville?

Matthias Damm: Wir sind gerade dabei, eine größere Kampagne in Richtung der Unis auszurollen. Wir werden in allen Städten, in denen Cineville angeboten wird, mit Werbung in den Erstsemestertüten vertreten sein, gleichzeitig wird es auch Plakatierungen geben, die sich wiederum primär an die studentische Zielgruppe als die wichtigste für ein solches Angebot richten. Wir fangen jetzt auch damit an, spezielle Veranstaltungen und Angebote aufzusetzen und werden sicherlich auch das Umfeld des European Arthouse Cinema Days nutzen, um Aboinhaber in besonderer Weise anzusprechen. Perspektivisch denkbar wäre, dass man bei künftigen Cineville-Veranstaltungen als Abonnent eine Begleitung kostenlos mitbringen kann. Das ist noch nicht spruchreif, aber wir sind mit den Verleihern zu unterschiedlichen Ideen im Austausch. Generell wachsen unsere Möglichkeiten für besondere Events natürlich in dem Maße, in dem unsere Verbreitung wächst. 

Die Sie trotz des großen Interesses aber nicht übers Knie brechen wollen?

Matthias Damm: Richtig, wir können da nur in einem Tempo vorgehen, dass wir auch handeln können. Die Software zu skalieren ist kein Problem, aber es geht ja auch um Bereiche wie Kundensupport. Der bereitet uns tatsächlich momentan noch wenig Aufwand, wir profitieren sehr davon, dass wir ein System adaptiert haben, das seit rund 15 Jahren erprobt und sehr ausgereift ist. Dass wir ganz viele Dinge nicht neu erfinden mussten, hat wirklich geholfen. Momentan können wir nur sagen: Es funktioniert – und es macht den Leuten Spaß!