Wohlfühltermin geht anders. Was als Fazit im ersten Moment negativ klingen mag, unterstreicht tatsächlich nur, wie wichtig Formate wie die neu aus der Taufe gehobenen Ludwigsburger Mediendialoge sind. Denn auch wenn die politischen Ansagen zu monetären Förderperspektiven nicht gerade angenehm waren, entspann sich daraus ein wertvoller Austausch – der am Ende sogar in einer gewissen Perspektive mündete.

A bisserl was geht immer. Zugegeben: Dieser ausgesprochen bayerisch gefärbte Einstieg zu einer Rekapitulation einer Paneldebatte im baden-württembergischen Ludwigsburg mag im ersten Moment weit hergeholt erscheinen. Aber ganz abgesehen von der regelmäßigen Lesern womöglich schon vertrauten Affinität des Autors zur Kultserie „Monaco Franze“, passt dieser Ausspruch als Fazit der ersten Ausgabe der Ludwigsburger Mediendialoge auf dem Campus der Filmakademie Baden-Württemberg dann doch ein wenig wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Denn die Paneldebatte, die sich von einleitender „Champagnerlaune“ sehr schnell in Richtung des harten Bodens der finanzpolitischen Realität bewegte, mündete am Ende nicht nur im ausgesprochen angeregten Dialog – sondern dem Eindruck, dass zumindest der Wille da ist, für den es einen Weg zu finden gilt. Einen primär argumentativen, der ausreichend verfängt. Oder anders gesagt: Die Potenziale und Perspektiven liegen wie ein offenes Buch auf dem Tisch. Die alles andere als triviale Frage ist, wie man sie in Zeiten heben kann, in denen die Staatsfinanzen eher den Weg der Kürzung als der Aufstockung vorzugeben scheinen.
Aber von vorne: In Kooperation mit The SPOT hat die Filmakademie Baden-Württemberg erstmals zu den Ludwigsburger Mediendialogen geladen – und ihr Direktor Andreas Bareiß konnte dabei als Moderator in den Austausch mit einer ausgesprochen hochkarätig besetzten Runde um Staatssekretär Patrick Rapp (Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus BW), Staatssekretär Arne Braun (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst BW), MFG-Geschäftsführer Carl Bergengruen, Stefanie Larson (Direktorin Animation Media Creators Region Stuttgart), Lisa Purtscher (LiseLotte Film, FABW-Alumnae) und SWR-Programmdirektor Clemens Bratzler treten.
Einen Austausch, der zunächst einmal tendenziell positiv begann. „Denk ich an den Standort in der Nacht…“ war der Einstieg in die Fragerunde bewusst lyrisch formuliert – und „…wird eine Flasche Schampus aufgemacht“ signalisierte Enthusiasmus seitens Arne Braun, den dieser noch mit dem einen oder anderen Superlativ untermauerte. In seiner Begeisterung für die Leistung der Kreativen, die Filmakademie als veritablen Nukleus und die großen Potenziale, die im Ländle schlummern, war er durchaus nicht allein, auch wenn andere Mitdiskutierende dann doch schon im ersten Atemzug die sichtbaren Herausforderungen mit adressierten. Inadäquate Strukturen und zu wenig Geld im Vergleich mit anderen Filmstandorten kamen bereits in jenem Teil des Austauschs zur Sprache, der im Prinzip der angenehmste war.
Denn sobald es um das liebe Geld und um die Haushaltsverhandlungen für 2027 ging, fiel zwar auch noch der eine oder andere Begriff, den man im Bereich der Superlative verorten könnte. Allerdings nicht der positiv konnotierten.
Wie zu bewerten war, dass sowohl Rapp als auch Braun mehr oder minder unverblümt durchblicken ließen, dass man voraussichtlich schon froh sein muss, wenn die Kultur- und Kreativwirtschaft im Haushalt für 2027 keine Etatkürzungen hinnehmen muss: Dazu gingen die Meinungen dann doch ein wenig auseinander. Dass Rapp und Braun erst gar keine Anstalten machten, die angespannte Finanzsituation in einem Land zu beschönigen, das in besonderem Maße an der massiv ins Schlingern geratenen Automobilindustrie hängt, durfte man als grundsätzlich begrüßenswerte Offenheit werten. Der Versuch, der Branche (und gerade auch den jungen Studierenden) den Blick auf die Situation in irgendeiner Form durch die sprichwörtliche rosarote Brille zu vermitteln, wurde erst gar nicht unternommen. Das war (trotz der absolut klaren Bekenntnisse zur Bedeutung der Branche) vergleichsweise schonungslos – damit aber vielleicht doch wohlfeilen Worten vorzuziehen, wie man sie in diesem Jahr schon beim einen oder anderen Förderempfang gehört hatte. Bevor dann – wie in NRW – wieder einmal der Rotstift angesetzt werden musste.
Auffällig war indes doch ein gewisser Kontrast, den die Worte von Rapp und Braun zur Rede von Ministerpräsident Winfried Kretschmann anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der MFG im Juli bildeten. Denn auch wenn diese weit davon entfernt gewesen war, belastbare finanzielle Versprechen abzugeben, hatte sie – was allerdings auch dem Anlass geschuldet gewesen sein mag – die Tür für zumindest überschaubare finanzielle Wohltaten doch (und das wörtlich) zumindest ein gutes Stück weit aufgelassen. Und obwohl Braun schon beim damaligen Termin sichtlich bemüht war, falsche Hoffnungen im Zaum zu halten (ohne dabei wie ein Stimmungskiller zu wirken), war MFG-Geschäftsführer Carl Bergengruen auf der Bühne doch anzusehen, wie wenig ihm der Gedanke behagt, zum Ende seiner Amtszeit mühevoll Aufgebautes mangels adäquater finanzieller Ausstattung perspektivisch beschädigt zu sehen.
Standortstudie als wesentlicher Kompass
Zumal natürlich auch im Raum stand: So anerkennenswert es ist, ehrliche Ansagen zu machen und so evident es angesichts der aktuellen Wirtschaftslage auch ist, dass der Landeshaushalt 2027 von einem Verteilungskampf, von Mängelverwaltung geprägt sein wird – darüber, ob die potenzielle Prioritätensetzung bei der Verteilung von Mitteln so aussehen muss, wie sie andeutungsweise aussehen könnte, lässt sich natürlich diskutieren.
Tatsache ist (und das wurde von Braun und Rapp nicht im Mindesten in Abrede gestellt), dass gerade im Bereich der Filmförderung mit vergleichsweise überschaubaren Mitteln Erstaunliches erreicht wurde. Nun mag die auch an diesem Abend von Bergengruen erneut zitierte Studie zum VFX-, Animations- und Games-Standort Baden-Württemberg leider nicht mehr ganz den aktuellen Stand widerspiegeln – aber das ändert nichts an den darin getroffenen Kernaussagen. Und vor allem nichts an den darin enthaltenen Handlungsempfehlungen.
Tatsache dürfte ebenso sein, dass die Bedeutung der baden-württembergischen Kultur- und Kreativbranche noch erheblich größer ist, als dies von außen womöglich wahrgenommen wird. Auch und gerade, was deren Beschäftigungszahlen angeht: Rund 200.000 waren es zuletzt – in der dortigen Automobilindustrie sind es nur noch rund 30.000 mehr. Jüngste Hiobsbotschaften noch nicht mit eingerechnet. Nicht, dass es darum geht, Branchen gegeneinander auszuspielen. Aber „Wie soll ich das dem Bosch-Mann erklären?“ besitzt als Argument vielleicht dann doch nicht mehr jenes singuläre Gewicht, das es noch vor ein paar Jahren gehabt haben mag. Oder um es mit den Worten von SWR-Programmdirektor Clemens Bratzler zu sagen: Man stehe vor der Grundsatzfrage, ob die Kultur- und Kreativwirtschaft nicht gerade einer jener Bereiche sei, die man in einer Zeit der Transformation, in einer Zeit, in der andere Segmente strukturelle Schwächen zeigten, die man in besonderer Weise stärken wolle. In Bayern etwa täte man es.
Und wo wir gerade bei Argumenten sind, über die man gerne diskutieren möchte, auch wenn (oder gerade weil) sie nicht falsch sind: Es mag schon zutreffen, dass ein Finanzminister erst einmal nur auf das Geld blickt, das er ausgibt. Es ist sicherlich richtig, dass der vielfache Betrag, der etwa im Rahmen einer Anreizförderung zurückfließt, aus dessen Sicht „nur eine These ist, auf deren Basis man keinen Haushalt aufstellen kann“, wie Staatssekretär Braun erklärte. Aber das müsste für sämtliche Subventionen Gültigkeit besitzen, nicht etwa nur für jene im Kultur- und Kreativbereich.
Kleinteilige Struktur spiegelt sich im Anteil an der Bundesförderung
Woran es Baden-Württemberg (abseits der hervorragenden Ausbildung) im Filmbereich mangelt, sind Strukturen, die sich mit jenen anderer großer Filmstandorte messen können. Ein Punkt, der nicht nur von den Panelist:innen beklagt wurde, sondern auch aus dem Publikum von Vertretern des Filmverbands Südwest, die anhand der Zahlen einer eigenen Studie illustrierten, wie wenig der Standort an den Fördertöpfen auf Bundesebene partizipieren kann.
Bratzler unterstrich das grundsätzliche Bestreben seines Senders, Aufträge nach Möglichkeit auch regional zu vergeben, gab aber zu bedenken, dass es dafür auch einer Produzentenlandschaft bedürfe, die marktgerecht zu produzieren in der Lage sei, die im Zweifel auch eine gewisse Größe mitbringe. Man habe ein Herz für den Standort – aber eine Strukturförderung sei nicht Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrages. Immerhin: Die bislang bekanntermaßen eher hohe Eigenproduktionsquote wird beim SWR schon jetzt schrittweise abgebaut – unter anderem konnte sich die baden-württembergische Giganten Film unlängst mit ihrem Pitch für zwei 2026 zu realisierende „Schwarzwald-Tatorte“ durchsetzen. Wobei die nächsten „Tatorte“ beim SWR tatsächlich erst für 2028 zur Ausschreibung stehen. Denn wie Bratzler ausführte, gelte es erst einmal, eigene Strukturen abzubauen – und das sozialverträglich, ohne Kündigungen.
Aus den Worten des scheidenden MFG-Geschäftsführers sprach wiederum durchaus ein gewisser Frust, insbesondere mit Blick auf Streamer als mögliche Auftraggeber. Denn tatsächlich bekäme man etwa von Netflix relativ viele Anträge – im Bereich VFX und Animation. Die Mittel, eine Netflix-Serie als solche zu fördern, habe man aber schlicht nicht. Und wenn man als Land pro Jahr rund 1,2 Mio. Euro in die Games-Förderung stecken könne, nebenan in Bayern aber fast das Zehnfache des Betrages fließe, sei Abwanderung von Talenten traurige, aber bis zu einem gewissen Grad unvermeidliche Folge.
Enge Zusammenarbeit mit der Industrie
Was übrigens auch noch nicht hundertprozentig ausreichend die Runde gemacht zu haben scheint, ist die Bedeutung, die die Zusammenarbeit mit der Industrie für die ansässige Kreativbranche längst besitzt – und in diesem Zusammenhang sei noch einmal auf die bereits erwähnte Standortstudie verwiesen: Denn gemäß dieser entfielen im Jahr 2022 ganze 18 Prozent der Umsätze der befragten Unternehmen aus dem Bereich VFX und Animation auf Werbung & Industriefilm, weitere 24 Prozent entfielen auf Visualisierungsdienstleistungen. Insofern überraschte auch die ausgesprochen hohe Zahl an Händen nicht, die bei der Frage von Staatssekretär Rapp in die Höhe ging, wer im Raum sich entsprechende Zusammenarbeit vorstellen könne.
Tatsächlich war es vor allem dieser Punkt, an dem sich dann doch so etwas wie eine Perspektive entwickelte – und das vor allem im ausgesprochen angeregten Dialog im Rahmen eines Formats, das genau darauf allergrößten Wert legte und das (ein absolut lobenswerter Ansatz) schon das Podiumsgespräch zu einem Gutteil dem Austausch mit dem Publikum gewidmet hatte. Vor allem Staatssekretär Rapp nahm sich auffällig viel Zeit für diesen Dialog (tatsächlich war er einer der Letzten, die sich an diesem Abend verabschiedeten) und sprach, wie schon auf der Bühne, sehr offen über das, was man abseits von Haushaltsfragen womöglich tun könne, um die Branche zu stärken.
Womit wir erneut bei der Studie und wieder bei deren Handlungsempfehlungen wären – und einem Punkt, der vor allem Stefanie Larson und Lisa Purtscher besonders am Herzen lag: die stärkere Vernetzung. Innerhalb der Branche, aber auch zwischen unterschiedlichen Branchen. Natürlich ist der auch als zentrale Maßnahme in der Filmkonzeption verankerte Wunsch nach einem (schon lange in der Diskussion befindlichen, aber trotz bereits erfolgter Betrachtung möglicher Standorte nie richtig aufs Gleis gekommenen) Gründerzentrum auch mit finanziellen Wünschen hinsichtlich der Unterstützung von Gründern verbunden.
Ein Wunsch, der übrigens nicht lediglich mit Verweis auf fehlendes Geld quittiert wurde, sondern vielmehr (seitens Rapp) mit dem Hinweis, dass es bereits „branchenoffene“ Gründerzentren gebe, dass das Land 180 Mio. Euro für die Start-Up-Szene zur Verfügung stelle – und dass es womöglich der bessere Weg sei, sich in dieser Richtung zu orientieren, einen (noch) engeren Schulterschluss mit anderen Branchen zu suchen.
Versprechen stärkerer Vernetzung
Und nicht zuletzt um diesen Schulterschluss bzw. generell um Perspektiven der Vernetzung – mit der Filmakademie wiederum in der möglichen Rolle eines Nukleus – ging es dann auch in gleich mehreren Gesprächsrunden, an denen sich vor allem Rapp lebhaft beteiligte. Proaktiv und durchaus mit dem Versprechen, sich der Sache konkret annehmen zu wollen. Auch wenn das monetäre Sorgen erst einmal nicht wirklich lindern mag: Man kann der Politik keineswegs vorwerfen, nicht grundsätzlich etwas für die Branche tun zu wollen (wobei sich das bloße „Wollen“ durchaus auch auf das Finanzielle erstreckt). Wenn jeder Austausch derart (potenziell) zählbare Ergebnisse hervorbrächte, wäre viel gewonnen. Zumal man den Eindruck gewinnen durfte, dass insbesondere die eine oder andere Runde abseits der Bühne dem gegenseitigen Verständnis nicht gerade abträglich war.
Klar ist aber auch: Zumindest mit dem auf der Bühne formulierten Ausblick kann und darf sich die Branche noch nicht zufriedengeben. Was schon für sich genommen weitere spannende Ludwigsburger Mediendialoge verspricht. Insbesondere dann, wenn dort weiterhin nicht um den heißen Brei herumgeredet wird. Auch wenn das nicht per se angenehm sein mag.