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Endgültige Einigung bei Tarifverhandlungen für Film- und Fernsehschaffende

Mitte September war von ver.di überraschend ein Scheitern der Tarifverhandlungen erklärt worden, doch die rasche Fortführung der Gespräche trug Früchte: Die Tarifparteien vermelden nun die endgültige Einigung. Teil dieser ist auch, den zuvor beendeten Manteltarifvertrag übergangsweise wieder in Kraft zu setzen. Die Verhandlungen zu KI werden unterdessen fortgesetzt.

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Hand drauf: Bernhard F. Störkmann (BFFS), Björn Böhning (Produktionsallianz) und Matthias von Fintel (ver.di) feiern die Einigung (Credit: Wiebke Wiesner )

Es hat zwar einer Runde mehr bedurft als noch Mitte Juli angenommen, aber nun ist die endgültige Einigung erzielt: Der BFFS, ver.di und die Produktionsallianz haben sich am vergangenen Samstag in einer neunten Verhandlungsrunde zum Mantel- und Schauspieltarifvertrag für die Herstellung von Film- und Fernsehproduktionen auf den Neuabschluss des Manteltarifvertrages, des Gagentarifvertrages und des Schauspieltarifvertrages geeinigt. Außerdem vereinbarten die Tarifparteien einen neuen Alterssicherungs-Tarifvertrag über eine betriebliche Altersvorsorge auf Basis einer Entgeltumwandlung für die Film- und Fernsehschaffenden.

Ein vorläufiges Ergebnis war schon Mitte Juli erzielt worden, allerdings hatte dieses überraschend nicht die Zustimmung der ver.di-Tarifkommission gefunden. Die Fortsetzung der Verhandlungen war Mitte September allerdings umgehend vereinbart worden – und diese führte nun zum abschließenden Durchbruch. Schon zuvor hatte man sich in Kreisen der Tarifparteien zuversichtlich gezeigt, dass die Hürde relativ zeitnah würde genommen werden können. Stein des Anstoßes bei ver.di waren die Regelungen zur Arbeitszeit, die dortige Tarifkommission hatte auf Nachbesserungen im Sinne eines frühzeitiger zu gewährenden „Arbeitszeitverkürzungstages“ gedrängt.

Nicht Teil der jetzigen Einigung sind – wie schon bei der vorläufigen Einigung aus dem Juli – tarifvertragliche Regelungen zum Umgang mit KI. Das stellt allerdings keine Überraschung dar, denn es war bekannt, dass die Gespräche dazu separat vom Rest der Punkte fortgesetzt würden. Laut BFFS streben die Tarifparteien einen KI-Tarifvertrag mit kurzer Laufzeit an.

Konkret vereinbart wurde nun laut einer Mitteilung des BFFS:

• Erhöhung der Einstiegsgage und der Tarifgagen: Für Schauspieler:innen wird die Gagenuntergrenze für die ersten fünf Drehtage künftig auf 1050 Euro je Drehtag angehoben. Ab dem sechsten Drehtag sinkt diese Gagenuntergrenze auf 900 Euro. Mit dieser Vergütung, die sich nur nach der Anzahl der zu leistenden Arbeitstage vor der Kamera berechnet, werden alle von der Schauspieler:in zusätzlich zu leistenden Arbeitstage, die vor allem für Vor- und Nachbereitungsarbeiten wie beispielsweise Kostüm- und Maskenproben, Regiebesprechungen, das Lernen von Texten oder Nachsynchron anfallen, abgegolten.

• Für das Team hinter der Kamera soll es zwei Gagenerhöhungen um je 2,5 Prozent ab Mai 2025 und Januar 2026 geben.

• Betriebliche Altersvorsorge: Gewerkschaften und Produktionsallianz haben sich tariflich darauf verständigt, die betriebliche Altersvorsorge auf eine nachhaltig solide Grundlage zu stellen. Die betriebliche Altersvorsorge wird künftig nicht nur bei Produktionen für öffentlich- rechtliche Sender greifen, sondern auch bei solchen für private Sender, Streamingdienste und für Kinoproduktionen. Außerdem ist es erklärtes Ziel der Tarifpartner, den Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklären zu lassen.

• eCasting-Standardregeln: Die tariflich vereinbarte Einführung von Standardregeln zum eCasting im Schauspieltarifvertrag setzt einen vernünftigen Rahmen und vor allem Grenzen für eCasting- Anforderungen.

• Nachwuchsfilm-Tarifvertrag: Nachwuchsfilme also Produktionen, bei denen Regisseur*innen als Debütant*innen zum ersten oder zweiten Mal die Regie übernehmen, werden künftig zu besonderen tariflichen Standards ermöglicht. Damit wird bei derartigen „Debüt-Produktionen“ ein Mindestmaß an fairen Arbeits- und Vergütungsbedingungen sichergestellt. Ein Arbeiten unterhalb aller tariflicher Mindeststandards für solche Filmproduktionen wird damit ein Riegel vorgeschoben. Schauspieler*innen, die für Produktionen engagiert werden, die unter den Nachwuchstarifvertrag fallen, dürfen pro Drehtag nicht weniger als die festgelegte Gagenuntergrenze von 850 Euro erhalten.

• Familienfreundlichere Arbeitszeiten: Künftig wird die tägliche Arbeitszeit uneingeschränkt nicht länger als zwölf Stunden dauern. Eine tägliche Arbeitszeit von über zehn Stunden soll beim Team mit 25 Prozent und eine Wochenarbeitszeit von über 50 Stunden mit 50 Prozent zusätzlich vergütet werden. Wird ein Film- und Fernsehschaffender für mindestens fünf volle Drehtage zusammenhängend beschäftigt, erwirbt der Film- und Fernsehschaffende einen Anspruch auf 2,5 Stunden sowie für jeden weiteren zusammenhängenden Drehtag einen Anspruch auf jeweils 30 Minuten arbeitsfreie Zeit. Sofern der Film- und Fernsehschaffende für 20 Drehtage eingeplant wird, erhält er einen freien und bezahlten Tag zwischen dem 2. und 16. Drehtag gewährt. Auch diese Regelung tritt zum 1. Mai in Kraft.

Der neue Manteltarifvertrag und Gagentarifvertrag treten wie der neu verhandelte Schauspieltarifvertrag zum 1. Januar 2025 in Kraft und haben eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2026. Die Tarifparteien haben sich darauf verständigt, bis zum Inkrafttreten der Neuabschlüsse den beendeten Manteltarifvertrag einschließlich des Gagentarifvertrages und Schauspieltarifvertrages rückwirkend zum 16. September wieder in Kraft zu setzen.

Stimmen aus dem BFFS zur Einigung:

„Mit der nun tariflich abgesicherten betrieblichen Altersvorsorge für alle Filmschauspieler:innen und Filmschaffenden stärken wir die wichtige Säule für die Altersvorsorge unserer vielen tausend Kolleg*innen, die wegen ihrer ausnahmslos befristeten Dreh-Engagements über die gesetzliche Altersvorsorge nur ungenügend abgesichert sind. Die Tarifeinigung stellt daher für unsere soziale Absicherung im Alter einen unermesslichen Fortschritt dar“, so Heinrich Schafmeister, Bevollmächtigter des BFFS- Vorstands für Tarifverhandlungen.

„eCasting, also der Besetzungsprozess, bei dem Schauspieler:innen aufgefordert werden, zuhause bestimmte Vorsprechszenen aufzunehmen und diese den Besetzungsverantwortlichen zuzuschicken, verlangt von den Schauspieler:innen oft einen hohen Aufwand und enorme Kosten. Deshalb war es wichtig hier nun Tarifstandards einzuziehen“, sagt Katharina Abt, Mitglied des BFFS-Vorstands.

„Wir freuen uns, dass wir zum Jahrestag unseres Verhandlungsbeginns gemeinsam mit unserer Partnergewerkschaft ver.di und der Produktionsallianz für die wichtigen Themen Arbeitsentlastung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, betriebliche Altersvorsorge und Erhöhung der Einstiegsgage für Schauspieler:innen nun eine für alle Seiten akzeptable tarifliche Einigung gefunden haben“, so Bernhard F. Störkmann, geschäftsführender Justiziar des BFFS.

Die Produktionsallianz zur Einigung:

„Endlich! Nachdem ver.di einseitig und überraschend die Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag für gescheitert erklärt hatte, haben wir nun den Durchbruch erzielt. Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich auf neue Tarifregelungen für die Branche und die Film- und Fernsehschaffenden geeinigt. Damit sind Rechtssicherheit und Wettbewerbsklarheit für die nächsten Jahre sichergestellt. Mit dem Erhalt der Flexibilität von Arbeitszeiten, moderaten Gagenerhöhungen und einer langen Laufzeit wurden die Ziele der Arbeitgeber vor der Tarifrunde weitgehend erfüllt. Das ist ein wichtiges Signal an die Branche in wirtschaftlich unsicheren Zeiten“, so Produktionsallianz-CEO Björn Böhning. Und weiter: „Gewerkschaften und Arbeitgeber haben hart gerungen. Ein Jahr Tarifrunde liegt hinter uns. Ich bin erleichtert, dass die Sozialpartnerschaft in der Branche weiterhin trägt und danke den Verhandlungsführern von ver.di und BFFS für die harte, aber stets verantwortungsbereite Gesprächsführung. Auch wenn das Ergebnis für die Arbeitgeber schwierige Herausforderungen birgt: Mit den Elementen von Arbeitszeitflexibilität und Erholungsanspruch sowie Elementen der Alterssicherung und künftigen Regeln für Künstliche Intelligenz haben wir der Branche den Weg in die digitale Zukunft sozialpartnerschaftlich bereitet.“