Am 8. April wurden im Rahmen des Bolzano Film Festival Bozen die Kurzfilme der ersten Runde des neuen, von der IDM initiierten Trainingsprogramms MASO gepitcht und der Launch der zweiten Runde gefeiert. Wir haben uns mit Renate Ranzi, Coordinator Film Location bei der Südtiroler Filmförderung, über die Besonderheit des Programms, aber auch über den Filmstandort Südtirol allgemein unterhalten.

Wie ist die Idee zum Kurzfilm-Programm MASO ursprünglich entstanden? Was genau unterstützt es?
Renate Ranzi: Die IDM Filmförderung existiert seit 2010. Im Jahr 2021 haben wir eine neue Förderschiene für Kurzfilme eingeführt. Diese Förderung haben wir aus zweierlei Gründen ins Leben gerufen: einerseits wollen wir Filmschaffende, die am Anfang ihrer Karriere stehen, fördern, andererseits aber auch bereits etablierten Produzent:innen und Regisseur:innen eine Chance geben, neue künstlerische Formen zu testen. Für beide Gruppen eignet sich der Kurzfilm sehr gut. Als Filmförderung und Standort sind wir in einer Grenzregion angesiedelt und setzen jährlich rund 30 Initiativen zur Talente-Entwicklung um. Neben der Förderung sind eben auch die Knowhow-Vermittlung und das Netzwerk wichtig. Deshalb ist MASO entstanden, im Rahmen des Programms werden die Projekte finanziell gefördert, erhalten vor allem aber auch Unterstützung beim Entwickeln, Produzieren und Vertreiben ihrer Ideen.
MASO wird als Trainingsprogramm angeboten, zudem ist es international aufgestellt. Welcher Gedanke steckt da dahinter?
Renate Ranzi: MASO ist kein Weiterbildungsprogramm, sondern ein Trainingsprogramm, also Hands on. MASO ist als Talenteschmiede gedacht, als ein Haus, in dem gearbeitet und experimentiert wird, in dem die Filmschaffenden aber auch in einem sicheren Umfeld tätig sein können. Es ist uns gelungen, 13 internationale Partner zusammenzubringen. Federführend beteiligt sind das Bolzano Film Festival Bozen sowie die drei Kulturabteilungen des Landes. Aber auch über die Landesgrenzen hinweg sind verschiedene regionale und nationale Förderungen beteiligt. Sie alle unterstützen ihr lokales Projekt, wenn es für MASO ausgewählt wird, mit einem Stipendium. Diese Filmförderungen, die ihrerseits eine Kurzfilmförderung anbieten, sind auch gewillt, die Projekte in einem zweiten Schritt finanziell zu unterstützen.
„Unsere noch junge Kurzfilmförderung gewinnt über MASO international an Bekanntheit.“
Wie waren die Erfahrungen mit der ersten Runde?
Renate Ranzi: Das Programm haben wir ja erstmals im April 2024 gelauncht und waren überrascht als auf Anhieb 132 Projekte aus 45 Ländern eingereicht wurden. Das hat uns gezeigt, dass es wirklich Bedarf gibt. Acht Projekte wurden nach ihrer künstlerischen Qualität mit Hilfe eines internationalen Fachbeirats ausgewählt. Die Filmteams setzen sich immer aus Autor:in bzw. Regisseur:in und Produzent:in zusammen, insgesamt nehmen also jeweils 16 Filmschaffende am Programm teil. Dieses Jahr sind es 70 Prozent Frauen, was uns freut. Bei den Workshops werden die Teilnehmer:innen von Tutor:innen unterstützt, etwa aus den Bereichen Drehbuch und Produktion, aber auch Expert:innen für Gender und Diversität, KI und visuelle Effekte. Enrico Vannucci, der Mitglied der Jury von Pardi di Domani des Filmfestival Locarno ist, leitet das Programm inhaltlich. Die Projekte von MASO #1 werden im Rahmen des diesjährigen Bolzano Film Festival Bozen in einer Pitching-Session vorgestellt. Dabei werden auch Kuratoren von A-Festival Kurzfilmsektionen anwesend sein.
Es ist interessant, dass die IDM ein Programm lanciert, das sich an Filmschaffende aus der ganzen Welt richtet. Welchen Benefit hat der Standort davon?
Renate Ranzi: Ein Programm wie MASO bindet Energie und kostet Ressourcen und natürlich müssen wir uns als IDM fragen, was unser Benefit ist. Südtirol ist eine Grenzregion und die internationale Vernetzung ist uns wichtig. Durch ein Programm wie MASO laden wir internationale Filmemacher:innen ein und können damit auch lokalen Talenten helfen, sich international zu vernetzen und zu agieren. Durch Programme wie MASO entstehen Kontakte, aus denen sich Partnerschaften und Koproduktion entwickeln können. Zudem gewinnt unsere noch junge Kurzfilmförderung über MASO international an Bekanntheit. Auch die Filmschaffenden versuchen wir zu vernetzen, damit diese bei Drehs in und außerhalb von Südtirol eingebunden werden und lokale Head of Departments in die Projekte involviert werden.
„Wir wollen Südtirol als einen Ort, an dem die gesamte Wertschöpfungskette abgewickelt werden kann, nach vorne bringen.“
Warum eignet sich das BFFB als Plattform?
Renate Ranzi: Grundsätzlich haben wir mit den Partnern am Standort, zu denen neben dem Festival auch die Filmhochschule ZeLIG gehört, die Idee, Südtirol als einen Ort, an dem die gesamte Wertschöpfungskette abgewickelt werden kann, nach vorne zu bringen. Das BFFB ist für MASO ein toller Partner, weil wir mit Vincenzo Bugno, dem künstlerischen Leiter des Festivals, einen Profi haben, der weltweit sehr gut vernetzt ist und MASO dadurch eine andere Visibilität und Anbindung erhält. Zudem passt es in die gemeinsame Strategie, den Branchen-Teil des BFFB auszubauen.
Was steht bei der IDM sonst noch an? Wie geht es mit INCONTRI weiter?
Renate Ranzi: Bei unserer etablierten, seit vielen Jahren sehr erfolgreich durchgeführten Konferenz INCONTRI gibt es dieses Jahr eine Änderung. IDM ist nämlich Partner des vierten Audio-Visual Producers Summit, den wir mit dem Verband der italienischen Produzent:innen APA in Meran ausrichten. Er wird vom 21. bis 23. Juli stattfinden. Es werden hochkarätige internationale Branchengrößen erwartet und wir freuen uns auch unsere DACH-INCONTRI-Community zu begrüßen.
Unlängst hat die IDM auch die Förderungen aus dem ersten Call des Jahres verkündet. Auf welche Projekte freuen Sie sich besonders?
Renate Ranzi: In der ersten Förderrunde des Jahres wurden zehn Projekte mit insgesamt knapp zwei Mio. Euro gefördert. Über 50 Drehtage und eine Wertschöpfung von über vier Mio. Euro fallen dafür in Südtirol an. Darunter sind fünf Spiel- und vier Dokumentarfilme sowie eine Doku-Serie. Sehr spannend ist die italienisch-britische Koproduktion „Switzerland“ unter der Regie von Anton Corbjin mit Helen Mirren in der Hauptrolle sowie die Doku-Serie „Master Forger“ von Stefano Strocchi über eine der größten Kunstbetrugsfälle. Unterstützt wurde auch der dritte Teil von „Woodwalkers“. Da freut uns besonders, dass mit Katja Rigali eine lokale Filmschaffende für das Kostümbild verantwortlich zeichnet.
Sind Sie insgesamt mit der Entwicklung des Standorts Südtirol zufrieden? Ist die Finanzierung der IDM gesichert?
Renate Ranzi: Grundsätzlich glaube ich, dass es eine in vielerlei Hinsicht herausfordernde Zeit ist. Aber wenn ich mir die Projekte des ersten Calls anschaue, sind wieder sehr schöne Projekte dabei. Für uns haben international erfolgreiche Produktionen wie „Vermiglio“ von Maura Delpero, oder auch eine Serviceproduktion wie „The Ice Tower“, der bei der diesjährigen Berlinale den silbernen Bären gewonnen hat, eine große Bedeutung. Sie verhelfen dem Standort zu mehr Visibilität und garantieren Kontinuität in der Beschäftigung lokaler Filmschaffender. Das ist für uns sehr wichtig. Unser Fördertopf ist mit 4,5 Millionen Euro pro Jahr stabil. Das ist ein wichtiges Signal für die lokale Branche, aber auch für internationale Partner. Jetzt gilt es, unsere Projekte und Aktivitäten weiterzuentwickeln und den Standort damit insgesamt mitzunehmen. Wir sind stolz auf die Projekte, die hier von lokalen Produktionsfirmen realisiert werden. Es geht immer darum, Projekte zu fördern, die eine künstlerische Handschrift tragen, aber trotzdem einen Benefit für den Standort liefern. Das ist eine Gratwanderung, aber wir haben tolle Filmschaffende, die auch bereits bei großen internationalen Produktionen in verantwortungsvollen Positionen Erfahrung gesammelt haben.
Das Gespräch führte Barbara Schuster