Für die Verabschiedung eines neuen Filmförderungsgesetzes hat es gereicht – aber der Entwurf kam nicht ungeschoren durch die Wirren des Koalitions-Crashs. SPOT sprach mit Michael Sacher, Berichterstatter für Filmpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, über einen alternativlosen Kompromiss und den weiteren Weg bei der Reform.
Das FFG ist verabschiedet – in einer Form, die ihrer Partei einen Kompromiss abrang. Die berühmte Frage: Ist das sprichwörtliche Glas nun halb voll oder doch halb leer?
Michael Sacher: Der GAU wäre doch gewesen, wenn wir am Ende mit leeren Händen dagestanden wären. Auch das alte FFG zu verlängern, wäre die deutlich schlechtere Lösung gewesen. Von daher würde ich schon sagen, dass das Glas mehr als nur halb voll ist. Endlich besteht Klarheit darüber, dass die FFA ab 1. Januar auf Basis eines neuen Gesetzes arbeiten kann. Es ist dann doch ein großer Erfolg, den wir auf den letzten Metern noch errungen haben. Selbstverständlich stellt man sich die Frage: Zu welchem Preis? Der Diversitätsbeirat war nicht das Kernstück der Novellierung, aber es ist auf jeden Fall bedauerlich, dass die eine oder andere Partei immer noch Probleme damit hat, zu erkennen, dass Kulturpolitik auch Gesellschaftspolitik ist. Wir haben zurecht aus unterschiedlichsten Richtungen große Empörung über die Streichung vernommen. Aber von unserer Seite war dagegen einfach nichts zu unternehmen. Es war „Friss oder stirb“. Die Gefahr, mit einem völlig leeren Glas in der Hand zu enden, war schlicht zu groß. Das hört sich jetzt schrecklich an: Aber wenn das Spiel an einer Stelle vorbei ist, muss man sich das auch eingestehen, muss Verantwortung übernehmen und den einzig gangbaren Weg gehen. Wir müssen jetzt einfach schauen, wie es weitergeht. Dass wir uns weiter entschlossen für Diversität, Vielfalt und Nachhaltigkeit einsetzen werden, muss ich ja nicht betonen…
Welche Errungenschaften sehen Sie mit dem neuen FFG erreicht?
Michael Sacher: Das neue FFG bildet ein entscheidendes Fundament, es ist die wichtige Grundlage. Der nächste Schritt muss in einem Steueranreizmodell und einer Investitionsverpflichtung bestehen, denn erst dann wird ein komplettes Paar Schuhe draus. Wir konnten nun in einen Schuh schlüpfen, aber um richtig voranzukommen, brauchte man beide. Unabhängig davon ist das FFG an sich schon ein Game Changer, der mit mehr Automatisierung und einer Bündelung der Aufgaben bei der FFA für mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Effizienz sorgt – und der auch wichtige soziale Aspekte beinhaltet. Es sind am Ende einer intensiven Debatte tatsächlich große Schritte gemacht, die durch ein neues Anreizmodell verstärkt werden können.
Den zu Beginn der Reformdebatte formulierten Anspruch, auch und gerade den Weg geförderter Filme zum Publikum besser zu ebnen, vermag man aber doch ehrlicherweise nur bedingt zu erkennen…
Michael Sacher: Ich kann Kritik aus Reihen von Kinos und Verleih durchaus nachvollziehen. Das ist schon sehr produktionslastig. Ich bin ja in eine bereits laufende Reformverhandlung eingestiegen und hatte zuvor auch den Eindruck, dass die Ausrichtung ein wenig anders aussehen würde. Aber ich bin ein hoffnungsfroher Mensch und gehe davon aus, dass man an dieser Stelle auch noch nachschießen wird können.
Nun hatte der Kulturausschuss schon Anfang November eine FFG-Fassung abgesegnet, in der eine Regelung zur Altersvorsorge auf Richtlinienebene verlagert wurden. Ist der Aufschrei bei den Kreativen darüber berechtigt?
Michael Sacher: Auch da stellt sich schlicht die Frage, was man in der politischen Konstellation herausholen konnte. Gewisse Befürchtungen mögen berechtigt sein, aber man muss ja nicht vom Schlimmsten ausgehen, sondern kann dem FFA-Verwaltungsrat auch einen positiven Gestaltungswillen zugestehen. Grundsätzlich gilt für das FFG: Wir haben einen wichtigen Aufschlag geschafft – und Nachregulierung bzw. Nachjustierung waren schon immer wichtige Begleiter eines Gesetzes, das im Regelfall alle fünf Jahre novelliert wird. Keine Frage: Manche Dinge, die man sich gewünscht hätte, stehen nicht oder nicht in der erwarteten Intensität im verabschiedeten Text. Aber das heißt ja nicht, dass man daran nicht weiterarbeiten kann.
Claudia Roth konnte gestern noch mit einer sehr erfreulichen Nachricht zur Förderung von DFFF und GMPF aufwarten. Darf man das auch als gutes Signal dafür sehen, wie es parteiübergreifend mit den Debatten rund um eine neue Anreizförderung weitergehen könnte?
Michael Sacher: Das würde ich auf jeden Fall sagen. Dass man das Filmförderzulagengesetz nach dem Koalitionsbruch nicht bis Ende der Regierungszeit hinbekommt, steht ja leider fest, aber wichtig ist doch, im Prozess so weit zu gelangen, wie es möglich ist. Denn das Problem ist ja, dass wir zwar Ende Februar Neuwahlen haben, eine neue Regierung aber nicht schon am 1. März steht, um mit Vollgas loslegen zu können. Wir gehen doch alle zurecht davon aus, dass die wirkliche Regierungsarbeit eher zum Sommer hin starten wird. Es dauert also ohnehin. Umso wichtiger wäre es, dass alle Beteiligten, die den Kurs bislang mitgetragen haben, ihr Möglichstes unternehmen, um das Vorhaben so bei einer neuen Regierung – wie auch immer diese aussehen mag – zu platzieren, dass es es nicht noch ein halbes Jahr liegenbleibt. Wir haben mit der Verlängerung und Stärkung von DFFF und GMPF jetzt eine gute Übergangslösung. Trotzdem ist elementar, dass die weiteren Schritte schnellstmöglich angegangen werden.
Das Gespräch führte Marc Mensch