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Mary Alice Drumm über „Elio“: „Eine neue Welt für Pixar“


Am 19. Juni startet Walt Disney den neuen Pixar-Film „Elio“. Das große Schauwerte bietende Weltraumabenteuer wurde von Mary Alice Drumm produziert. Mit der langjährigen Pixar-Produzentin haben wir uns über die Besonderheit der Geschichte und die Herausforderungen bei der Visualisierung sowie über die einmalige Feedback-Kultur und den hohen Frauenanteil bei Pixar unterhalten.

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Mary Alice Drumm (Credit: Deborah Coleman / Pixar/Disney)

Das Filmmaterial, das Sie von „Elio“ gezeigt haben, sieht wirklich atemberaubend aus. Was macht dieses Projekt für Sie so besonders?

Mary Alice Drumm: Pixar-Filme zeichnen sich dadurch aus, dass sie diese immersiven Welten darstellen, diese erstaunlichen Welten mit einer Tiefe und Detailgenauigkeit, in denen man irgendwie leben möchte. Bei „Elio“ ist es das Universum – und Geschichte ist wirklich etwas Besonderes für mich. Es geht um einen kleinen Jungen, der sich einsam und ein wenig verloren fühlt und nicht dazugehört. Ich glaube, das Gefühl hatten wir alle schon einmal. Für ihn braucht es diese Reise durch das Universum, um einen unerwarteten Freund zu treffen, der ihm hilft, sich selbst so zu sehen, wie er ist, und zu erkennen, dass es wirklich um Verbindung, um echte Beziehung geht. Erst wenn man diesen Schritt macht und eine echte Verbindung herstellt, kann man sich wirklich geerdet fühlen und das Gefühl erlangen, dazuzugehören. Das sind tolle Themen. Darüber hinaus ist „Elio“ ein lustiges Abenteuer im Weltraum. Wer würde das nicht gerne sehen?

Aber was unterscheidet „Elio“ von anderen Pixar-Filmen, an denen Sie gearbeitet haben? Was waren besondere Herausforderungen?

Mary Alice Drumm: Zunächst gab es rein logistische Herausforderungen zu bewältigen: Unser Start fiel mit dem Beginn der Corona Pandemie zusammen, dann bekamen wir den Streik der Autoren und Schauspieler in Hollywood zu spüren. Die größeren Herausforderungen waren der Umfang und die Art und Weise, wie wir das „Kommunivers“ von „Elio“ visuell angehen würden. Wir hatten einen wirklich großen technischen Apparat, und wir haben uns viele Gedanken gemacht, wie wir die Teams daran arbeiten ließen. Tricky waren die fliegenden Scheiben, die permanent in Bewegung waren während des Drehs sowie Gestalt und Größe der Aliens, von denen wir so viele wie möglich haben wollen. Die verschiedenen Formen und Größen und die Praktikabilität der Rigs haben uns beschäftigt. Es galt, die richtige Balance zu finden. Unsere Haltung ist immer, den Film immer noch besser zu machen, während wir daran arbeiten, ein Maximum herausholen. Doch wann ist er gut genug? Woher weiß man das? Alle Beteiligten hängen sich rein, geben alles. Das ist immer eine Herausforderung, mit der wir ringen. Ich liebe es einfach, bei Pixar zu arbeiten, weil wir so viel Feedback aus dem Team bekommen durch den internen Brain Trust. Wenn man klare Ideen, klare Vorstellungen hat, wie man etwas besser machen kann, unterstützt einen das Studio immer. Bei Pixar finden meist viele große Änderungen am Ende einer Produktion statt. Auch bei „Elio“ haben wir viele wichtige Änderungen am Ende vorgenommen, die sich meiner Meinung nach wirklich ausgezahlt haben und den Film zu einem großartigen Film gemacht haben.

Ich stelle mir vor, dieses interne Feedback-Forum kann auch hart sein, wenn Kollegen eine Idee mal nicht gut finden. Wie kommen Sie damit zurecht? Wie funktioniert dieser Prozess Ihrer Meinung nach für Sie als kreative Produzentin?

Mary Alice Drumm: Wenn man zu Pixar kommt, weiß man, dass hier dieser Geist herrscht, dass alle immer die besten Filme machen wollen, die man machen kann. Der Brain Trust wird von diesem Spirit getragen. Es geht immer um ehrliche, unterstützende Kritik, damit der Film besser werden kann. Und so lange wir uns alle daran orientieren und auf diesem gemeinsamen Einvernehmen bewegen, ist alles in Ordnung. Klar gibt es Tage, an denen jemand mal Kritik übt, was man dann erst verdauen muss; es gibt aber auch Tage, an denen man überrascht ist, wie gut etwas funktioniert. Die kreative Arbeit ist einfach sehr persönlich. Aber dieses Feedback-Forum ist inzwischen eine Kultur, und jeder weiß, dass die Kolleg:innen mit ganz viel Herzblut und Liebe immer ihr Bestes tun. Letzten Endes wollen wir alle großartige Filme, und wir wollen, dass die Leute sie lieben und sie im Kino erleben. 

Neben dem Feedback in laufenden Filmproduktionen gibt es bei Pixar eine andere Kultur, wenn es um neue Filmideen geht: es reicht nicht, nur eine Idee zu pitchen. Es sollen immer drei sein, richtig? Was ist der Gedanke dahinter?

Mary Alice Drumm: Das ist allgemein der Vorschlag. Aber es kam auch schon vor, dass ein Regisseur nur zwei Ideen pitchen wollte, die ihn begeisterten. Dann holt er das OK der anderen ein. Es kam noch nie vor, dass so etwas abgelehnt wurde. Aber die grundsätzliche Idee ist, dass man nicht zu tief in die Materie eindringt. Es sollen drei Ideen sein, die man gut findet und im Rahmen von Brain Trust diskutiert werden. Man darf auch immer sagen, welche Idee man persönlich am meisten mag. Mein Bruder arbeitet als Talentmanager in der Welt des Spielfilms. Und da geht es oft erst mal darum, Verfilmungsrechte zu optionieren oder nach Drehbuchautoren zu suchen. Hier bei Pixar heißt es stattdessen: Wir glauben an DICH und wir wollen, dass DU bei einem Film Regie führst. Also überlege dir drei Ideen, bei denen du dir vorstellen könntest, fünf Jahre deines Lebens zu investieren, bis daraus ein fertiger Film geworden ist. Der Brain Trust ist wie ein Richtungsweiser, man bekommt eine Hilfestellung, Support, eine Einschätzung bezüglich Zuschauerpotenzial etc. Als die Idee zu „Elio“ vorgestellt wurde, hat jeder den netten Aspekt darin gesehen. Was besonders gut punktete, war die Tatsache, dass bei Pixar noch kein Weltraumabenteuer gemacht wurde. Das ist eine neue Welt für Pixar.

„In den letzten Jahren hat sich viel verändert, sind mehr und mehr Regisseurinnen zu Pixar gekommen.“

Die ursprüngliche Idee stammt von Adrian Molina, mit dem Sie bei „Coco“ zusammengearbeitet haben. An welchem Punkt sind die beiden Regisseurinnen Madeline Sharafian und Domee Shi an Bord gekommen?

Mary Alice Drumm: Mit Adrian hat die Arbeit an „Elio“ begonnen. Das war ganz wunderbar. Während dieser Phase hat er bereits darüber nachgedacht, nach „Elio“ an „Coco 2“ zu arbeiten. Dann haben die Streiks der Autoren und Schauspieler Hollywood durcheinandergewirbelt, auch „Elio“. Kurz nach den Streiks war klar, dass sich die Arbeit an „Elio“ länger hinziehen würde. Bei Pixar teilen wir die Ressourcen, man kann nicht alle Kräfte auf ein Projekt hin bündeln. So kam es zu dieser Art von Kreuzung, an der es mit „Coco 2“ losgehen sollte, Adrian aber unbedingt auch Teil dieser „Elio“-Anfangsphase sein wollte. Er hatte eine tolle kreative Zusammenarbeit mit Domee und Maddy. Für die beiden war es eine gute Gelegenheit, einzuspringen und den Film zu beenden. Sie haben diese gemeinsame Sensibilität. Und Maddy haben wir zu verdanken, dass Elio tatsächlich ein Abenteuer im Weltall erlebt. Das hatten wir zuvor noch gar nicht wirklich ausgearbeitet. Jeder mochte das. Jede von ihnen brachte etwas auf den Tisch. Es war also eine lustige Erfahrung. Und ich sehe die Handschrift von allen Dreien in dem Film.

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„Elio“ (Credit: 2025 Disney/Pixar)

Mit Ihnen, Domee und Madeline sind drei Frauen im Lead bei „Elio“. Animation/Animationsfilm hat in meinen Augen immer noch eine sehr nerdige Seite, die man eher mit Jungs/Männern verbindet. Gibt es genug Frauen bei Pixar?

Mary Alice Drumm: In den letzten Jahren hat sich viel verändert, sind mehr und mehr Regisseurinnen zu Pixar gekommen. Wie Domee, die zuvor bei „Rot“ Regie führte, und wie Maddy Kurzfilme für Pixar inszenierte. Domee bei „Bao“ und Maddy bei „Burrow“. Sie waren also beide in dem richtigen Mindset. Auch in der Abteilung Visuelle Effekte gibt es Frauen bei Pixar. Die Supervisor bei „Rot“ war Danielle Feinberg und auch bei „Elio“ bekleidet diesen Posten eine Frau, Claudia Chung. Allgemein ist festzustellen, dass in den letzten paar Jahren immer mehr Frauen Führungspositionen bei Pixar eingenommen haben. Ich bin also daran gewöhnt. Aber in der Welt des Live-Action-Films frage ich mich auch manchmal: Wo sind die Regisseurinnen? Bei Pixar leben wir aktuell in einer luxuriösen Situation und für mich ist es nichts Ungewöhnliches, dass es bei uns so viele weibliche Führungskräfte gibt.

Sie arbeiten seit 15 Jahren bei Pixar, haben entsprechend viel Erfahrungen gesammelt. Welchen Teil eines Films oder eines Projekts lieben Sie am meisten?

Mary Alice Drumm: Ich liebe es, Produzentin zu sein, weil ich so dieser Schirm sein und wirklich in alle Aspekte eines Prozesses involviert sein kann. Ich habe so viele Dinge, die ich als meine Lieblingsbeschäftigung bezeichnen würde, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Die besten Momente, die erstaunlichsten Momente sind die, wenn ich mit einer Gruppe von Leuten zusammen bin, egal ob es sich um die Story Artists oder die Animatoren handelt, und ich diese kreative Zusammenarbeit erlebe, jemand eine Idee vorschlägt, der nächste eine andere, um die erste noch besser zu machen, ein lustiger Witz eingebaut wird oder Animationstests sieht. Ich spüre, wie der Film zum Leben erwacht. Das sind mit Sicherheit meine Lieblingsmomente.

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Mary Alice Drumm von Pixar (r.) mit Birgit Hörl von Disney Deutschland bei der Footage Präsentation von „Elio“ (Credit: THE SPOT)

Pixar hatte 2024 diesen riesigen Erfolg mit „Alles steht Kopf 2“, einem Sequel. „Elio“ ist jetzt wieder ein Original, wofür Pixar ursprünglich stets stand. Glauben Sie, dass das einen Unterschied macht?

Mary Alice Drumm: Seit ich bei Pixar bin, herrschte eigentlich immer ein Gleichgewicht zwischen Sequels und Originalfilmen. Ich habe mich sehr für Originalfilme eingesetzt. Ich als Zuschauerin, die gerne ins Kino geht, würde mir wünschen, dass es generell mehr Originalfilme gibt. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir den Trailer von „Elio“ veröffentlicht. Ich schaue mir immer gerne die Kommentare an, und viele davon drückten ihre Begeisterung aus, dass es wieder ein Originalfilm ist. Aber gleichzeitig zu sehen, wie viele Leute für „Alles steht Kopf 2“ oder „Vaiana 2“ in die Kinos strömten, ist ebenfalls aufregend. Die Menschen wollen ins Kino für Filme, die alle ansprechen und die das Versprechen eines Pixar-Films erfüllen. Etwas Lustiges, etwas Bedeutungsvolles, das Sie mit Ihrer Familie teilen können. Und das verdient es, auf die große Leinwand gebracht zu werden. Ich bin also sehr zuversichtlich. Ich glaube, die Leute sind im Moment aufgeregt und hungrig nach einem Original. Wir freuen uns darauf, in die Kinos zu kommen, und wir hoffen, dass die Leute den Film sehen wollen.

„Pixar entwickelt sich ständig weiter.“

Und haben Sie das Gefühl, dass sich Pixar verändert hat, seit Pete Docter die Zügel in die Hand genommen hat?

Mary Alice Drumm: Pixar verändert sich ständig. Das ist so lustig. Ich scherze darüber ständig, dass sich das Studio jedes Jahr ändert. Das sagen alle Leute hier, nicht nur ich. Es ändert sich also ständig. Pixar entwickelt sich ständig weiter. John Lasseter hat großartige Filme gemacht, Pete Docter ist ein erstaunlicher Filmemacher. Ich hatte die Gelegenheit, bei „Elio“ sehr eng mit Peter zusammenzuarbeiten. Er zeichnet sich durch großartige kreative Instinkte aus. Außerdem ist er ein guter Partner und Mentor für Regisseure. In allen Filmen, die Pixar unter Petes Führung herausgebracht hat, kann man ein bisschen von Pete sehen. 

Pixar ist ein Teil von Disney, das wiederum Disney Animation hat. Inwieweit tauschen Sie sich mit den Kolleg:innen dort aus, oder ist es eher ein Konkurrenzdenken?

Mary Alice Drumm: Ein bisschen von beidem. Wir lieben sie und tauschen uns aus. Aber wir sind zwei verschiedene Studios mit sehr unterschiedlichen. Stilen. Ich bin ein großer Fan von Disney-Musicals, ich liebe sie. So etwas würde Pixar vermutlich nie machen. Wir haben beide unsere Stärken. Ein Disney-Zeichner hat unlängst ein Bild gezeichnet, das Stitch und Elio zusammen auf einem Luftkissenboard zeigt. Diese Art von Zusammenspiel mag ich. 

Das Gespräch führte Barbara Schuster