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Lisa Gerig über „Die Anhörung“: „Die Resonanz ist riesig“

Mit ihrem Langfilmdebüt „Die Anhörung“ hat die Schweizer Filmemacherin Lisa Gerig groß abgeräumt. Im Interview spricht sie über die erfolgreiche Kinoauswertung in der Schweiz und die Suche nach einem deutschen Verleihpartner.

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Lisa Gerig machte ihren Abschluss an der ZhdK; „Die Anhörung“ ist ihr Langfilmdebüt (Credit: Joachim Clematide)

Mit Ihrem Dokumentarfilm „Die Anhörung“ haben Sie bereits viele Preise gewonnen, den Zürcher Filmpreis, den Prix de Soleure bei den Solothurner Filmtagen und auch den Schweizer Filmpreis. Was bedeuten Ihnen Auszeichnungen und welche Auswirkung haben Sie?

Lisa Gerig: Dokumentarfilm hat es an sich, dass die Geschichten nicht enden, wenn der Film fertig ist. Der Erfolg dieses Films ist eine Riesenfreude, weil er Sichtbarkeit schafft für ein Thema, das sehr wichtig ist. Für mich persönlich ist es ein toller Start, um einen nächsten Film machen zu können, die Preise helfen dabei, weiter Filme zu machen. Trotzdem bleibt eine Ambivalenz. Die Protagonist:innen begleiten den Film bis heute in den Kinos. Ihnen bringt ein Preis konkret nicht viel in ihrem Kampf um eine Aufenthaltsbewilligung. 

Sie beschäftigt das Thema Asylverfahren nicht nur als Filmemacherin. Sie sind seit Jahren auch Aktivistin im Asylbereich. Bereits Ihr Kurzfilm „Zaungespräche“ kreiste darum. War für Sie klar, dass Sie mit Ihrem ersten langen Dokumentarfilm diesen Weg weiterbeschreiten würden?

Lisa Gerig: Es war keine bewusste Entscheidung. Es hat sich so ergeben, weil mich das Thema nicht loslässt. Ich habe viele Bekannte und Freund:innen, die Asylgeschichte haben, und meine Schwester leitet einen Verein, der sich für Rechte von Geflüchteten einsetzt. Die Nähe zum Thema ist gegeben. Und dass ich mit meinem Medium damit arbeite, war nur logisch. Ich habe über die Jahre eine Kompetenz in Sachen Asylpolitik aufgebaut und weiß, wovon ich spreche. Das finde ich wichtig. 

Ihr Film spielt zwar in der Schweiz. Die Anhörungsverfahren im Asylbereich sind sicherlich in anderen europäischen Ländern ähnlich…

Lisa Gerig: Die Übertragbarkeit des Themas ist auf alle Fälle gegeben. Es wäre zum Beispiel sinnvoll, wenn mein Film auch beim BAMF in Deutschland gezeigt werden würde. Ich war unlängst mit meinem Film beim DOK.fest in München. Nach der Vorführung kam eine Dolmetscherin des BAMF auf mich zu und sagte, dass das Gezeigte sehr vergleichbar sei mit dem, was sie bei ihrer Arbeit erlebe. 

„Die Anhörung" (Credit: Outside the Box)

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Ihr Dokumentarfilm lässt Antworten offen und erklärt sich nicht zur moralischen Instanz, was positiv ist. War es einfach, dieses Projekt vom Boden zu bekommen?

Lisa Gerig: Es war erstaunlicherweise kein Kampf. Ich hatte das Glück, dass meine Produzent:innen Maurizius Staerkle Drux und Eva Vitija von Anfang an sehr viel Vertrauen in mich und viel Energie in das Projekt gesteckt hatten. Die Finanzierung hat sich zwar über zwei Jahre hingezogen, aber das ist fast normal. Es gab zwar eine erste Absage für die große Herstellungsförderung, beim zweiten Anlauf hat es dann aber geklappt. Ausschlaggebend war, dass wir im Dossier bereits betont haben, dass der Film nicht die Opferrolle von Asylsuchenden betont, sondern ein Schweizer System, ein Verwaltungsverfahren beleuchtet.

Sie haben in Zürich und Genf mit Schwerpunkt Schnitt studiert. Ihren Abschluss an der ZHdK machten Sie mit dem dokumentarischen Kurzfilm „Zaungespräche“. Bleiben Sie beim Dokumentarfilm, oder würde Sie die Fiktion auch reizen?

Lisa Gerig: Wenn ich über mein nächstes Projekt nachdenke, denke ich dokumentarisch. Grundsätzlich bin ich aber offen. In meinem Bachelor-Studium habe ich auch schon fiktional gearbeitet, das waren aber allererste Versuche. Ich fühle mich dem Dokumentarfilm näher verbunden, kann mir aber auch vorstellen, dass sich da mal was anderes einschleicht.

„Die Anhörung“ hatte Ende Januar seinen Kinostart in der Deutschschweiz. Wie verlief die Kinoauswertung?

Lisa Gerig: Die war und ist sehr gut. Der Film ist bis heute noch im Programm. Aktuell stehen wir bei 15.000 Zuschauende, was für einen Dokumentarfilm in der Schweiz extrem gut ist. Er läuft auch in der italienischen und französischen Schweiz. Sicherlich hat geholfen, dass wir den Film intensiv mit einer Kinotour begleitet haben. Mir war wichtig, viele Podiumsgespräche auch mit den Protagonist:innen zu machen. Die Resonanz war und ist riesig. 

Gibt es einen deutschen Verleihpartner?

Lisa Gerig: Leider noch nicht. Wir suchen danach und freuen uns über Anfragen. 

An was arbeiten Sie aktuell? Und spüren Sie vielleicht auch einen gewissen Druck, weil Sie mit Ihrem ersten Film nun schon so viel wichtige Preise abgeräumt haben?

Lisa Gerig: Ich möchte einen Film rund um das Thema Putzen machen. Aber mehr kann ich dazu noch nicht sagen. Einen Druck verspüre ich nicht, weil ich vor sechs Monaten zum ersten Mal Mutter geworden. Das sorgt für den nötigen Ausgleich, was super ist.

Das Gespräch führte Barbara Schuster

„Die Anhörung“