Beim Networking-Programm Producers on the Move der EFP ist die österreichische Produzentin Katharina Posch von Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion dabei. Was sie sich erhofft und welche Stoffe sie im Gepäck hat, verrät sie hier.
Sie sind beim Networking-Programm Producers on the Move in Cannes dabei. Was steht auf dem Timetable?
Katharina Posch: Uns erwartet ein vielseitiges Angebot. Wir haben ein exklusives Treffen den Redaktionen von Arte, es gibt das Netzwerktreffen von Eurimages, ein Film Breakfast bei Cinecittà, One on One Pitches zwischen den Koproduzent:innen und einen ganzen Tag bin ich nur mit Sales Agents im Raum. Damit sind die fünf Tage gut ausgefüllt.
Was bedeutet Ihnen diese Teilnahme, was erhoffen Sie sich davon?
Katharina Posch: Für mich ist es eine tolle Chance, viele Koproduzent:innen und Sales Agents in Cannes kennenzulernen, um meine aktuellen Projekte voranzutreiben. In den letzten Jahren habe ich bei der Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion mit den „Geschichten vom Franz“/„Neue Geschichten vom Franz“-Filmen den Kinderfilmbereich aktiviert und mit Deutschland koproduziert. Jetzt schaue ich vermehrt in Richtung europäische/internationale Koproduktion.
Sind die Projekte, die mitreisen, spruchreif?
Katharina Posch: Es sind drei Stoffe, die stark female driven sind und für die wir Koproduktionsländer benötigen. Ein Stoff spielt in einem Reality-Bachelor-TV-Setup auf einer mediterranen Insel, die hat Österreich nicht zu bieten.
Mit wem arbeiten Sie hier zusammen?
Katharina Posch: Bei „I’m not here to make friends“, so der Titel, arbeite ich mit Julia Niemann zusammen, die bereits mit Daniel Hoesl Ko-Regie bei „Veni Vidi Vici“ führte. Es ist ihr erstes alleinverantwortetes Projekt, auf das ich mich sehr freue.
Und die anderen Projekte?
Katharina Posch: Eines ist bereits in Postproduktion, Marie Luise Lehners Debütfilm „Wenn du Angst hast, nimmst du dein Herz in den Mund und lächelst“. Wir haben vor zwei Wochen abgedreht, gehen im Herbst in die Einreichphase zu den Festivals und sprechen nun in Cannes mit Sales Agents. Das ist ein guter Moment. Darüber hinaus habe ich einen Serienstoff im Gepäck, von dem ein Pilotdrehbuch und ein Staffelbogen existiert. Die Serie heißt „Shit happens“. Es geht um eine Hash-Dealerin im Wien der 1990er Jahre. Das Ganze beruht auf einer wahren Geschichte, die bereits in einem Podcast umgesetzt wurde. Deutschland und Luxemburg sind als Koproduktionsländer angedacht. Die Finanzierungsphase läuft, aber bei Serien ist bekanntermaßen alles etwas unwägbarer.
Spotlight:
Katharina Posch
Katharina Posch ist Produzentin bei der Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion und hat zuletzt den Kinohit „Neue Geschichte vom Franz” als ausführende Produzentin betreut. Momentan konzentriert sie sich auf weiblich geprägte Arthouse-Filme und Drama-Serien für den internationalen Markt. Sie ist Mitbegründerin der European Film Conspiracy und produzierte den Tiger Award Gewinner „Soldate Jane“ von Daniel Hoesl. Katharina hat mehrere Jahre in der Filmbranche in Frankreich und Lateinamerika gearbeitet und ist Absolventin der Weiterbildung Serial Producing an der Filmuniversität Babelsberg und des ProPro – Producers‘ Programme for Women.
Wie ist die Geyrhalter Film aufgestellt und wie ist sie ausgerichtet?
Katharina Posch: Als Firma wollen wir uns möglichst breit aufstellen. Die Geyrhalterfilm ist eine mittelgroße Firma in Österreich mit um die zehn, zwölf Mitarbeitenden. Begonnen hat sie mit Dokumentarfilmen, es folgten Arthouse-Spielfilme, TV-Dokumentarfilme und -serien, und seit zwei Jahren entwickeln wir auch Feature Serien für Streaming und TV, mit denen wir uns in der Finanzierungsphase befinden. Das ist Neuland für uns. Hier müssen wir uns viel erarbeiten, zumal der Serienboom auch ein bisschen eingedämmt wurde.
Immerhin hat Österreich ein attraktives Anreizmodell…
Katharina Posch: Das hilft uns auch sehr. Dies bietet eine verbesserte Möglichkeit für minoritäre Koproduktionen. Dank des Anreizmodells können wir Koproduzent:innen ein gutes Angebot machen. Wir in der Geyrhalterfilm produzieren ansonsten meist majoritär, was sehr viel Entwicklungsarbeit bedeutet. Wenn wir als minoritärer Partner einsteigen, haben wir oft die Möglichkeit, die Projekte schneller abzuwickeln und partizipieren trotzdem als Koproduzent.
Auch wenn in Cannes ob des geballten Producers on the Move-Programms sicher wenig bis gar keine Zeit zum Filmeschauen bleibt: Welche Filme sind Ihnen ins Auge gestochen?
Katharina Posch: Jeder möchte „Kinds of Kindness“ sehen, den neuen Film von Yorgos Lanthimos. Aber Filme wie dieser erhalten immerhin einen regulären Kinostart. Viel eher würde ich in die Reihe Semaine de la Critique oder Quinzaine des cinéastes auf Entdeckungsreise gehen. Wenn ich Zeit finde, stelle ich mich da gerne in die Schlange und lass‘ mich überraschen.
Das Gespräch führte Barbara Schuster