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Jan Ehlert zu „Achtsam Morden“: „Constantin Film und Netflix: A match made in heaven“

Morgen startet mit „Achtsam Morden“ ein Jahr nach „Liebes Kind“ die nächste Netflix Originals Serie aus dem Hause Constantin Film: Jan Ehlert, der neue CCO des Filmkonzerns, war von Anfang als Produzent mit an Bord. Ein Gespräch über die Leidenschaft für die richtigen Stoffe, rasante Marktveränderungen und die richtige Strategie.

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Jan Ehlert, CCO Constantin Film, Geschäftsführer Constantin Television (Credit: Constantin Television)

Achtsamkeit! Klingt verrückt. 

Jan Ehlert: Wir haben das wirklich gemacht! Tom Schilling, Regisseurin Martina Plura, meine Produktionskollegin Nina Viktoria Philipp und ich haben relativ kurz vor dem Dreh tatsächlich einen Achtsamkeits-Crashkurs durchlaufen, mit einer wunderbaren Achtsamkeits-Coachin in Berlin. Es ist… verblüffend. Ich kann es nur jedem ans Herz legen. Oder zumindest vielen. 😊

Wie findet man einen Stoff wie „Achtsam Morden“ – vor allen anderen?

Jan Ehlert: In diesem Fall war es der gute Kontakt zu dem Literaturagenten von Karsten Dusse. Er hat uns auf „Achtsam Morden“ aufmerksam gemacht, als der Roman noch gar nicht erschienen war. Wir haben die Fahnen gelesen und waren sofort überzeugt davon. Man kann gar nicht den Finger drauflegen. Es hat irre viel mit der Hauptfigur zu tun, viel mit der Zeit, in der wir leben. Und auf eine ganz erstaunliche Weise ist der Roman unterhaltsam. Man fühlt mit, es liest sich sehr schnell, es ist ebenso lustig wie spannend. Wir haben uns im Grunde sofort dafür entschieden, diesen Stoff für die Constantin Film zu kaufen. 

Wie ging es weiter? 

Jan Ehlert: Wir haben schnell die Entscheidung getroffen, den Stoff als Serie zu realisieren. Wir fanden, dass sich das durch die Figurenkonstellation mit einer ganz besonderen Hauptfigur anbot. Wir wollten genug Raum zur Entfaltung dieser Figuren haben. Wir erzählen die Geschichte jetzt in 240 Minuten. Für mich fühlt sich das nicht an, als würden wir die Prämisse überstrapazieren. 

Warum war Doron Wisotzky der Richtige für die Adaption? Worauf musste man achten?

Jan Ehlert: Doron kenne ich schon sehr lange. Wir sprechen die gleiche Sprache, können uns schnell und sehr direkt einigen. Und wir können uns auch die Meinung sagen, was von großem Wert ist bei einem Stoff wie diesem mit seinem sehr eigenen, sehr schwarzen Humor, der schon auch einmal ausreizt, wo die Gratlinien des guten Geschmacks verlaufen. Wenn man sich aus der Arbeit kennt und schätzt, kommt man schnell weiter. Doron halte ich für einen der größten Profis in seinem Metier, mit dem ich bisher arbeiten durfte. Bei einer Serie, bei der eine klare Vision, eine klare Linie und Sprache gebraucht wird und das Bedürfnis besteht, der Vorlage filmisch zu entsprechen, muss man jemanden haben, bei dem man weiß, dass er abliefern kann – und dabei nie aus den Augen verliert, dass wir ein sehr breites Publikum erreichen wollen.

„Wenn man Tom Schilling an Bord hat, weiß man, dass man richtig abliefern muss. Er ist ein Vollprofi mit hohem Anspruch und ist entsprechend ambitioniert, was er für seine Arbeit vorfinden muss. Das beginnt beim Drehbuch und zieht sich durch alle Aspekte der Produktion.“

Wie Sie bereits gesagt haben, steht und fällt „Achtsam Morden“ mit der Hauptfigur, ein, je nach Sichtweise, mausgrauer oder slicker Anwalt, der unentwegt unterschätzt wird und so schmalschultrig ist, dass andere Leute glauben, sie könnten mit ihm umspringen, wie es ihnen gefällt. Wenn man Tom Schilling in der Rolle sieht, kann man sich keinen anderen in der Rolle vorstellen. Aber man muss erst einmal auf die Idee kommen – und ihn dann erst einmal dafür gewinnen. 

Jan Ehlert: Ich könnte nicht sagen, dass es uns schwergefallen ist, ihn in der Rolle zu sehen und dann auch dafür zu begeistern. Und wir hatten das Glück, dass uns Tom Schilling gleich im ersten Termin als unausweichlich begegnet ist. Wir haben uns bei Netflix getroffen und er kam rein im maßgeschneiderten, dreiteiligen Anzug und war einfach Björn Diemel. Es war klar, dass wir keinen besseren mehr finden könnten. Wenn man Tom an Bord hat, weiß man, dass man richtig abliefern muss. Er ist ein Vollprofi mit hohem Anspruch und ist entsprechend ambitioniert, was er für seine Arbeit vorfinden muss. Das beginnt beim Drehbuch und zieht sich durch alle Aspekte der Produktion. Mit ihm hatten wir schon zur Endphase der Vorproduktion einen unglaublich starken Partner an der Seite. Tom Schilling kann man keinen falschen Satz in den Mund legen, selbst wenn man es darauf anlegte. 

Regisseurin Martina Plura und ihre Schwester, die Kamerafrau Monika Plura, sind ein eingespieltes Team und haben bereits tolle Arbeit abgeliefert, nehmen wir „Vorstadtrocker“ oder „Mein Lotta-Leben: Alles Tschaka mit Alpaka“. Als Kreativteam für „Achtsam Morden“ sieht man sie aber nicht sofort…

Jan Ehlert: Wir standen eher vor dem Problem, dass es eigentlich überhaupt keinen Regisseur gibt, den man sofort für diese Serie sieht. Natürlich haben wir schon die eine oder andere Serie gemacht, in der ein Anwalt im Mittelpunkt steht, aber sicherlich nichts, was die Tonalität gehabt hätte, die uns vorschwebte. Ich kannte Martina und Monika tatsächlich noch nicht, empfinde es aber als Geschenk, dass wir sie für „Achtsam Morden“ gefunden haben. Die beiden haben eine übersinnliche Verbindung, die sie miteinander eint, wenn es darum geht, eine starke Vision nicht nur zu finden und zu definieren, sondern sie im Anschluss auch umzusetzen. Wir haben sofort eine gemeinsame Sprache gesprochen. Das war bei diesem Projekt besonders wichtig. 

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Peter Jordan als Breitner und Tom Schilling als Björn (Credit: Courtesy of Netflix 2024/Julia Terjung)

Ihre Zusammenarbeit mit Netflix steht unter einem denkbar guten Stern. Erhöht der weltweite Sensationserfolg von „Liebes Kind“ den Druck auf Sie?

Jan Ehlert: Erfolg wollen wir natürlich haben. Aber an „Liebes Kind“ messen wir uns nicht. Schon gleich gar nicht, weil wir bereits mitten im Dreh waren, als sich die Zahlen von „Liebes Kind“ manifestiert haben. Ich unterstreiche aber den ersten Satz Ihrer Frage: Unter guten inhaltlichen Voraussetzungen, die sowohl bei der Vorlage von Romy Hausmann wie auch den Romanen von Karsten Dusse gegeben sind, sind Constantin Film und Netflix sicherlich ein match made in heaven. Weil wir uns genau die gleichen Dinge von Film- und Serienstoffen erwarten und uns für die gleichen Stoffe begeistern können. Ich habe das große Glück, bei der Constantin Film mit vielen sehr erfahrenen Kollegen arbeiten zu dürfen. Von jemandem wie Tom Spieß oder Friederich Oetker schneide ich mir natürlich gerne eine Scheibe ab. Wenn ich die Möglichkeit habe, ihnen nachzueifern, mache ich das gerne. Was man allerdings nicht kann: Man kann solche Erfolge nicht planen. Natürlich streben wir danach und setzen dafür alle Hebel in Bewegung. Wir wussten bei „Liebes Kind“, dass alle Beteiligten großartige Arbeit abgeliefert hatten. Aber dass die Serie derart durch die Decke gehen, zuerst lokal einschlagen und dann in die ganze Welt überschwappen würde, hätte sich keiner zu prophezeien getraut. Wir sind immer noch in der Top 10 der weltweit erfolgreichsten nichtenglischsprachigen Formate auf Netflix, der einzige Titel aus Deutschland. Das ist etwas, was kaum zu erreichen ist. Alles, was auch nur im Entferntesten in diese Nähe kommt, nehme ich mit Handkuss!

Aber was ist die Strategie?

Jan Ehlert: Wir versuchen für das Publikum, das wir bei Netflix im deutschsprachigen Raum erreichen können, eine Serie zu machen, die es den Menschen leicht macht, sie zu mögen und idealerweise ein bisschen zu feiern. Wir hoffen, dass sie mitgehen. Und wenn sie mitgehen, machen wir gerne weiter damit. 

Als CCO von Constantin Film sind Sie seit diesem Jahr für die inhaltliche Ausrichtung für Serien/Streaming/TV verantwortlich. Bleibt da überhaupt noch Zeit, wirklich hands on als Produzent zu arbeiten?

Jan Ehlert: Wir befinden uns gerade in einer Übergangsphase. Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich mit „Achtsam Morden“ angefangen habe, ihn selbst optioniert und gekauft habe. Solche Projekte stemmt man nicht von heute auf morgen. Wir sind eine der größten unabhängigen Produktionsfirmen in Deutschland und haben die Besonderheit, bei uns auch im Management erfahrene Produzenten zu haben, die mit den operativen Bereichen, aus denen sie kommen, auch in ganz enger Verbindung stehen. Den Posten als CCO der Constantin Film habe ich nur, weil ich viele Jahre viele Dinge im TV-Bereich als Produzent realisiert habe und eine entsprechende Erfahrung mitbringe. Ich liebe einfach nichts mehr, als aus einer Idee für einen Film oder eine Serie das Beste herauszuholen. Wenn ich da mitmachen kann, dann finde ich die Zeit dafür. Ich weiß dann aber auch, dass ich jederzeit auf die Unterstützung und das Know-how der Kollegen vertrauen kann. Das Team ist fantastisch. Und natürlich verfolgen wir bei der Constantin Film die Philosophie: Es wird das getan, was gemacht werden muss. Die Zeit muss man finden.

„Und natürlich verfolgen wir bei der Constantin Film die Philosophie: Es wird das getan, was gemacht werden muss.“

Zu Ihren Aufgabenbereichen gehört „die Weiterentwicklung der kreativen Ausrichtung der Firma“. Was darf man sich konkret darunter vorstellen?

Jan Ehlert: Diese Frage lässt sich kaum in einer kurzen Antwort zusammenfassen. Ich denke, es gibt durchaus ein paar Dinge, die man aus der Entwicklung der letzten Jahre betrachten kann, zu der ich als Geschäftsführer in der Tochter Constantin Television beitragen durfte und durch die enge Zusammenarbeit mit Oliver Berben, die zurückreicht bis ins Jahr 2000. Wir haben eine klare Vorstellung davon, wo die Reise für uns hingeht. Es ist bezeichnend, darüber im Zusammenhang mit einer Netflix Originals Serie zu reden. Netflix DACH gibt es seit zehn Jahren, sie sind vielleicht das beste Beispiel dafür, was in dieser Zeit passiert ist. Längst wissen wir, dass sie gekommen sind, um zu bleiben. Gemeinsam mit anderen Mitbewerbern wie Amazon hat Netflix in dieser Zeit die Non-Theatrical-Landschaft sehr stark verändert, und das weit über den Bereich der eigentlichen Streaming-Plattformen hinaus. Es gibt auch nicht DIE Streaming-Plattform. Jede Streaming-Plattform in Deutschland hat einen anderen Grund, warum sie existiert. Genauso wie jeder Privatsender und, wenn man ehrlich ist, auch die beiden öffentlich-rechtlichen Sender sehr unterschiedliche Profile haben. 

Wie meinen Sie das?

Jan Ehlert: Als ich angefangen habe als Produzent vor zehn Jahren, habe ich „Rosa Roth“ betreut. Das fühlt sich an wie aus einer anderen Epoche. Die Art, wie wir arbeiten, hat sich rasant verändert und beschleunigt. In den letzten Jahren hat man feststellen können, dass es eine Kontinuität, wie man sie in den Nuller- und Zehnerjahren kannte, nicht mehr gibt, weil alles einem rasanten Wandel unterworfen ist, auch die Sehgewohnheiten der Menschen. Man muss viel mehr dranbleiben, kann sich nicht mehr auf gerade Erreichtem ausruhen. Man muss wissen, was man wo machen will. Man muss die Dinge jedem Player maßgeschneidert anbieten. Dafür muss man sehr viel laufen, nah bei den Leuten sein, immer wissen, was als nächstes gefragt sein wird und versuchen, sich darauf vorzubereiten, um auf möglichst vielen Kanälen einem möglichst breiten Publikum das anzubieten, was es gerne haben möchte, wofür es sein Geld ausgeben und seine Zeit investieren möchte. Das ist unser Angebot. Wir wollen den Menschen den Tag besser machen, an dem sie sich dafür entscheiden, unsere Produktionen anzusehen. Sie sollen eine bessere Zeit haben, als wenn sie diese Zeit nicht investiert hätten. Viel mehr kann man nicht erreichen. Aber das ist schon eine ganze Menge. Und dafür setze ich mich ein. 

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„Achtsam Morden“ (Credit: Netflix)

Wie erreicht man das?

Jan Ehlert: Indem man sich breit aufstellt und schnell reagiert, besser noch agiert. Gemeinsam mit den vielen Kolleginnen und Kollegen bei der Constantin Film, Produzentinnen und Produzenten, Producerinnen und Producer, die sehr unterschiedliche Profile haben. Es kommt darauf an, dass die richtigen Leute an den richtigen Programmen arbeiten. Es muss zusammenpassen. Die Leute müssen das Publikum, für das sie arbeiten, verstehen und aufgrund dieses Wissens die passenden Programme liefern. Diese Matches, die würde ich gerne gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Management versuchen zu finden und dann dafür zu sorgen, dass sie gespielt werden können. 

Kann man „Achtsam Morden“ denn als Leuchtturmprojekt dessen ansehen, was Sie bei der Constantin Film umsetzen wollen?

Jan Ehlert: Es ist ein sehr gutes Beispiel. Bei „Achtsam Morden“ sieht man eine sehr direkte Verbindung zwischen dem Auftraggeber und dem Produkt, das von uns hergestellt wird. Wir haben ein sehr klares kreatives Alignment zwischen den Leuten, die Netflix-seitig an dem Projekt arbeiten, und den Leuten, die Constantin-seitig an dem Projekt arbeiten. Die Aufgaben sind klar zugeteilt, die Wege sind sehr direkt. Ich kann sehr schnell und sehr genau darauf reagieren, was Netflix sich wünscht innerhalb des Rahmens, auf den wir uns geeinigt haben. So muss das auch sein, wenn man Produktionen im Auftrag herstellt. Das nehmen wir ernst, dem stellen wir uns. „Achtsam Morden“ ist ein Netflix Original. Ich verstehe schon, dass man in der Produktionslandschaft sagt, man müsse in einer solchen Konstellation vorsichtig sein, wenn man alle Rechte abgibt. Es ist aber absolut möglich, Wege zu finden, Vereinbarungen zu treffen, dass es für alle Beteiligten in Ordnung ist, es so zu machen. Es ist bei „Achtsam Morden“ so, dass wir die Ersten waren, die an den Stoff geglaubt haben. Deshalb haben wir ihn gekauft und viel Zeit und Geld in seine Entwicklung investiert. Das Ergebnis ist der Stoff, den wir Netflix angeboten und schließlich produziert haben. Das werden wir auch in Zukunft wieder tun, in dem wir gute Angebote machen an die Landschaft der Auswerter. Das ist unser Job als Produzent. 

Das Gespräch führte Thomas Schultze.