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Henning Baum zu „Der letzte Bulle“: „Er ist im Grunde nicht von dieser Welt“


Bei Prime Video startet am heutigen 31. Oktober die sechste Staffel der Serie „Der letzte Bulle“, Sat.1, der Ursprungssender des Formats, zieht am 24. November nach. Wir sprachen mit Henning Baum über das Comeback des unerschütterlichen Mick Brisgau und darüber, was ihm diese Figur bedeutet.

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Henning Baum ist Hauptdarsteller und Executive Producer der neuen Staffel (Credit: Joyn/Tom Trambow)

Musste man Sie eher zum Jagen tragen oder waren Sie eine Triebfeder für das Comeback des „Letzten Bullen“?

Henning Baum: Der Nukleus liegt in einem Telefonat zwischen Produzent Philipp Steffens und mir vor fünf Jahren.  Wir sprachen darüber, ob wir den „Letzten Bullen“ noch mal machen wollen. Mir war schnell klar, dass das eine sehr gute Idee ist. Mick Brisgau ist eine der vielseitigsten und reichhaltigsten Figuren, die ich je gespielt habe. Er hat in mir immer ein Feuerwerk an Spielfreude ausgelöst. Philipp Steffens und ich haben dann gemeinsam den Weg zum Comeback bereitet, auch inhaltlich. Ich bin ja als Executive Producer daran beteiligt und habe den ganzen Prozess mitgestaltet. Also um Ihre Frage zu beantworten: Nein, man musste mich nicht zum Jagen tragen. Ich bin ein Bluthund, der sofort Witterung aufnimmt, sich ins dichteste Dickicht hineinstürzt und die Sauen aufstöbert.

Wie schwer war es, das Szenario für ein zweites großes Comeback, eine zweite „Wiederauferstehung“ zu finden? Die Parallelen zum Start der ersten Staffel liegen ja auf der Hand und machen die neue besonders reizvoll.

Henning Baum: Das war eine Idee von mir. Ich bin einfach in die Geschichte zurückgegangen. Wo haben wir Mick Brisgau verlassen? Er saß auf einem Felsen am Meer und war im Begriff, die Welt zu bereisen. Was ist auf dieser Weltreise passiert? Ich wusste genau, wo er gewesen ist, wie und wo es zu dem Absturz des Flugzeugs kam. Das alles habe ich quasi recherchiert. Ich konnte meine Fantasie an konkrete Orte ansetzen. Und durch die Idee der einsamen Insel wird er im übertragenen Sinne wieder aus der Welt, aus der Zeit herausgenommen. Er darf nicht teilhaben am Heranwachsen seines Kindes, von dem er nicht mal das Geschlecht weiß. Ich habe hier gerade das Buch „Hiob“ von Joseph Roth. Natürlich ist das eine andere Geschichte, die bei Mick Brisgau in gewisser Weise dennoch darunterliegt. Mick wird immer wieder alles genommen, trotzdem hält er an seinem Glauben fest. Er gibt nie auf, ist auch nie verbittert oder zynisch. Im Grunde hat er dieses Gottvertrauen, geht positiv und guten Willens in die Welt hinein.

Empfanden Sie es als reizvolle Aufgabe, Mick Brisgau in eine Zeit der Wokeness zurückkehren zu lassen?

Henning Baum: Die Welt, in der wir leben, hat sich in den letzten elf Jahren noch weiter verändert. Wir sehen eine Umwertung von Begriffen, auch eine Umkehrung von Werten und Normen. Mick Brisgau ist durch diese Fish-out-of-water-Situation nicht diesen Prozessen unterworfen. Während alle anderen jeden Tag dieser Veränderung ausgesetzt sind und gar nicht merken, dass sie plötzlich in einer völlig veränderten Welt aufwachen, sieht er das sofort. Er sagt das auch in der Serie und verwendet das Bild von den Fröschen im Kochtopf, die nicht herausspringen, wenn man den Topf langsam aufheizt. Ihr merkt nicht, dass langsam alles gaga wird. Er ist der Zeit entrückt und sieht die Dinge klar. Deswegen kann er dem Zeitgeist widerstehen und erkennt, wo der Zeitgeist in Irrungen und Wirrungen abdriftet. Denn Brisgau hatte schon immer ein ganz klares Wertesystem.

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Aus der Zeit gefallen: Henning Baum als Mick Brisgau (Credit Joyn/Tom Trambow)

Er hat das Herz am rechten Fleck. Er scheint der richtige zu sein, um Licht in düstere Zeiten zu bringen.

Henning Baum: Er lässt diese Düsterkeit gar nicht zu. Er lässt die Werte der Welt nicht in sich rein. Er ist im Grunde nicht von dieser Welt. Seine Werte zielen auf etwas Höheres ab, auf das Höchste. Er trägt diesen göttlichen Funken in sich, der ihn erhält. Und er lässt es nicht zu, dass dieser göttliche Funke ausgetauscht wird durch etwas Weltliches. Deswegen hat er dieses innere Leuchten und kann damit auch durch diese dunkle Welt gehen.

Im Grunde ist er immer noch der gleiche wie 2014, aber er hat jetzt einen Sohn.

Henning Baum: Er ist der gleiche, angereichert um elf Jahre Meditation, elf Jahre Ruhe und Gelegenheit zu denken. Natürlich ist er auch älter geworden. Und er hat einen Sohn, zu dem er aber nicht einfach so hingehen kann. Da gibt es eine Barriere. Er muss hinnehmen, dass dieser Sohn nicht weiß, dass er sein Vater ist. Das schmerzt ihn, aber er geht da nicht mit der Brechstange ran. Er nimmt die Umstände an.


„Es liegt ein großer Segen darin, dass wir uns vor über 17 Jahren als Ensemble getroffen haben.“

Es ist ein toller zusätzlicher Spannungsbogen. Das gesamte Ensemble, auch mit den gut ausgedachten Erweiterungen um Peri Baumeister und Torben Liebrecht, wirkt sehr harmonisch, als ob überhaupt keine Zeit verstrichen wäre. Fühlte es sich für Sie auch so an?

Henning Baum: Es liegt ein großer Segen darin, dass wir uns vor über 17 Jahren als Ensemble getroffen haben. Alle Beteiligten, Robert Lohr als Pathologe, Helmfried von Lüttichau als Ferchert, mein alter Freund Maximilian Grill, Tatjana Clasing als Uschi. Wir verstehen uns sehr gut und alle haben betont, was für eine große Freude es ist, wieder in diesem Ensemble spielen zu können. Alle haben gleich eine große Spielfreude entwickelt. Bei den Leseproben haben wir gemerkt, wir kommen sofort ins Spielen. Wir haben bei den Leseproben noch neue Ideen entwickelt, die wir eingebaut haben. Das können wir, weil wir so schnell Zugriff auf die Figuren haben, weil sie für uns alle so schlüssig sind.

Ein großer Moment ist auch, als in der zweiten Folge das Garagentor aufgeht und der wunderbare Opel Diplomat wieder auftaucht. Ohne den hätte was gefehlt.

Henning Baum: Sehr schön. Ich sehe schon, Sie erkennen die Ästhetik des Vergangenen. Und so ein V8, der ist ja auch nachhaltig, wie das Mick an einer Stelle betont. Der macht seinen Job schon seit 50 Jahren

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Im Ensemble liegt die Kraft: Henning Baum, Helmfried von Lüttichau und Maximilian Grill (Credit Joyn/Tom Trambow)

Hat sich die Partnerschaft mit Prime Video in irgendeiner Form inhaltlich bemerkbar gemacht? Gab es Wünsche, Anregungen? Und wie haben Sie das Zusammenspiel zwischen Sat.1 und Prime erlebt?

Henning Baum: Ich weiß natürlich nicht, was hinter den Kulissen abläuft, aber ich habe es so empfunden, dass man uns weitestgehend Autonomie gelassen hat. Die Zusammenarbeit mit Prime und Sat.1 habe ich als inspirierend empfunden. Wenn da Anmerkungen kamen, waren das gute Ideen. Das war eine gute Zusammenarbeit.

Und Sie haben natürlich Lust mit dem „Letzten Bullen“ weiterzumachen?

Henning Baum: Natürlich. Das ist ja nicht auserzählt und steckt noch voller Geschichten. Und das Leben da draußen schreibt immer wieder neue Geschichten und Absurditäten, mit denen man umgehen kann. Wir alle haben große Freude an dieser Geschichte, wir wollen die Menschen erfreuen und vor dem Fernseher versammeln, damit sie sich an unserer Serie erfrischen können.

Das Interview führte Frank Heine