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Florian Pochlatko über seine Einladung auf die Berlinale: „In Berlin zu laufen, ist die größte Ehre überhaupt“

Viele Jahre hat es gedauert, bis Florian Pochlatko sein Langfilmdebüt realisieren konnte. Jetzt hat es der Österreicher mit „How to Be Normal and the Oddness of the Other World“, so der interessante Titel, gleich in Tricia Tuttles neuen Wettbewerb Perspectives geschafft. Über den langen Weg und seine Sozialisierung im Kino sprechen wir im Interview.

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Florian Pochlatko studierte an der Filmakademie Wien unter Michael Haneke (Credit: Apollonia T. Bitzan)

Sie feiern mit Ihrem Langfilmdebüt „How to Be Normal and the Oddness of the Other World“ Weltpremiere im neuen Berlinale-Wettbewerb Perspectives. Tolle Sache, oder?

Florian Pochlatko: Es ist natürlich aufregend. Die Berlinale und die Diagonale sind die beiden Festivals, die mich ästhetisch am meisten erzogen haben. Neben dem Rechbauer Kino in Graz. Der Film ist referenziell gedacht, eine Reminiszenz an die Schlüsselerlebnisse, die man hat, wenn man filmisch sozialisiert wird. In Berlin laufen zu dürfen, ist die größte Ehre überhaupt und ist die schönste Positionierung, die ich mir hätte vorstellen können. Der Film ist sehr spezifisch und speziell für den deutschsprachigen Raum. Den Großteil des Drehbuchs habe ich in Berlin geschrieben. Es hätte keinen besseren Ort dafür geben können. Ich fühle mich gesehen, und finde es toll, in Perspectives laufen zu dürfen, weil ich mir die Debütfilmthematik bei „How to Be Normal“ sehr auf die Fahne geschrieben habe. Viele der Teammitglieder sind absolute Erstlinge gewesen. Ich habe auch noch nie mit ausgebildeten Schauspielern gearbeitet, immer nur mit Laiendarstellern. Das Ganze war ein Living a Life of First Times

Inwiefern steht Ihr Langfilmdebüt in Bezug zu Ihrem sehr gefeierten Kurzfilm „Erdbeerland“, Ihre letzte filmische Arbeit, die bereits 13 Jahre zurückliegt?

Florian Pochlatko: Die DNA ist sicherlich die gleiche. Aber „How to Be Normal“ ist schon anders. „Erdbeerland“ ist noch sehr verhaftet in einem Kanon von Wiener-Filmakademie-Schule, sehr sozialrealistisch. „How to Be Normal“ ist nun eher ein österreichisches Arthouse-Graphic-Novel, geht weg aus dem österreichischen Realismus.

„Im Schnitt haben österreichische Erstlingsfilme erst mit Mitte/Ende 30 stattgefunden.“

Sicherlich mussten Sie sich nach „Erdbeerland“ oft die Frage anhören, wann denn der nächste Film, wann vor allem das Langfilmdebüt kommt. In einem Interview sagten Sie dazu: „Ich werde erst wieder eine persönliche narrative Arbeit machen, wenn ich auch was zu erzählen habe.“ Das war nun bei „How to Be Normal“ der Fall…

Florian Pochlatko: Österreich ist als Filmland wahnsinnig präsent. Aber wir hatten dennoch starke strukturelle Probleme, Debütfilme auf Schiene zu bekommen. Das ist in Deutschland anders, weil da der Debütfilm in das Uni-System integriert ist. Das hat es bei uns nicht gegeben. Im Schnitt haben österreichische Erstlingsfilme erst mit Mitte/Ende 30 stattgefunden. Da gab es also ein strukturelles Loch von zehn Jahren, das viele Menschen betroffen hat. Ich bin zudem jemand, der stark aus dem Intuitiven arbeitet. Das hat es noch mal schwerer gemacht, etwas vorzulegen, was konzeptuell eingeordnet werden könnte. Gerade für die Förderer ist das wichtig. Es ist nicht so, als hätte ich die letzten zehn Jahre nicht jedes halbe Jahr eine neue Fassung zu einem Drehbuch geschrieben. Mittlerweile ist es leichter geworden, Debütfilme zu machen. Denn das Schöne an funktionierenden demokratischen Systemen ist, wenn man strukturelle Kritik äußert, wird man gehört. Dennoch werden immer noch viel zu wenig Debütfilme ermöglicht.

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„How to Be Normal and the Oddness of the Other World“ (Credit: Golden Girls Film)

Sie haben mit der Produktionsfirma Golden Girls Film zusammengearbeitet, die von Arash T. Riahi geleitet wird. Was zeichnet sie aus? Warum war er der richtige Partner bei „How to Be Normal?“

Florian Pochlatko: Arash ist ein offener Partner, der das Projekt von Anfang an unterstützt hat und alles dafür gegeben hat. Er ist hinter mir gestanden, er hat mich unterstützt, hat an mich geglaubt, mich da durchgeführt. Das werde ich ihm ein Leben lang nicht vergessen. Es gibt ganz wenige Menschen, die mit so einer idealistischen Überzeugung Filme machen und ihr Leben dem Kino gewidmet haben. Das macht Arash, das macht Golden Girls Film. Es war eine wunderschöne Zusammenarbeit auf Augenhöhe, was nicht selbstverständlich ist. Wir kämpfen gemeinsam für das Kino. Das ist etwas ganz Spezielles und Seltenes. 

„Man erkennt wahre Größe daran, dass man es nicht nötig hat, andere klein zu machen.“

Was haben Sie in den Jahren zwischen „Erdbeerland“ und „How to Be Normal“ außer Drehbücher weiterentwickeln gemacht? Man muss sich ja auch ernähren…

Florian Pochlatko: Ich habe mich mit B-Jobs im Kulturbereich, im Filmbereich und auch im Sozialbereich über Wasser gehalten. Dass man halt einigermaßen durchkommt. So war es zwar möglich zu Überleben, aber nie möglich, groß zu denken. Die Lebenskosten gering halten ist angesagt, Radl statt Auto, WG-Zimmer statt Wohnung. So kann ich mein Leben trotzdem dem Kino widmen. Das ist meine Überzeugung. Des Geldes wegen mache ich das nicht.

Sie haben bei Michael Haneke studiert. Was hat er Ihnen mit auf den Weg gegeben?

Florian Pochlatko: Ich schätze schon, was er als Filmemacher alles erreicht und gewonnen hat. Für mich war aber seine Haltung, die er vermittelt hat, viel beeindruckender. Er war immer da, hatte immer ein offenes Ohr. In all den vielen Jahren, die er als Professor an der Filmakademie Wien unterrichtet hat. Er war mit 100prozentiger Leidenschaft dabei. Es gibt niemanden, der alles so genau gelesen hat, wie Michael Haneke. Das sage ich nicht, weil ich ein Liebling von ihm war. Seine Überzeugung gegenüber seiner Professur hat mich einfach beeindruckt. Wenn man merkt, dass jemand seine Professur so ernst nimmt, nimmt man es als Student auch hochernst. Da ist man einfach dabei. Ich kann es in einem Satz zusammenfassen. Man erkennt wahre Größe daran, dass man es nicht nötig hat, andere klein zu machen. 

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„How to Be Normal and the Oddness of the Other World“ (Credit: Golden Girls Film)

Sie stammen aus einer Kino- und Produzentenfamilie. Epo-Film wird von ihrem Vater Dieter und von ihrem Bruder Jakob geleitet. Bestand eine Option, Ihren Debütfilm unter dem familiären Dach zu machen?

Florian Pochlatko: Ich bin sehr eng mit meiner Familie, mit meinem Vater und meinem Bruder. Aber den ersten Langfilm mit der Firma meiner Familie zu realisieren, stand für mich außer Frage.

Das kann man nachvollziehen.

Florian Pochlatko: Ich habe natürlich Projekte, die ich mit meinem Bruder entwickle. Die sind aber einfach anders profiliert. 

Wann wussten Sie, dass Sie Filmemacher werden wollen?

Florian Pochlatko: Dadurch, dass ich quasi im Kino und der Videothek meiner Eltern aufgewachsen bin, liegen Film und Kino in meiner DNA… Es wäre wahrscheinlich anders gekommen, wenn ich in einem anderen Umfeld aufgewachsen wäre. Am wenigsten bekannt ist eigentlich mein Onkel Werner Pochath, ein großer Exploitation-, B-Movie-Star, der mit allen Größen gespielt hat, von David Bowie über Marlene Dietrich bis hin Franco Nero. Der hat mich als Kind sehr geprägt. Der war mein Held. Es hat sich bei mir früh herauskristallisiert, dass ich Kino machen will. Für mich ist Kino ein Sehnsuchtsort, ein heiliger Ort. Da liegt meine Überzeugung, im Kinosaal. 

Das Gespräch führte Barbara Schuster