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Erik Haffner zu „Ghosts“: „Als wäre dieser Stoff für mich ausgedacht gewesen“


Am 7. März startet in der ARD Mediathek im Auftrag des WDR die deutsche Fassung des erfolgreichen BBC-Comedy-Formats „Ghosts“, das Regisseur Erik Haffner auf entzückende Weise zu einem ganz eigenen Erlebnis hat werden lassen. Wie er es angepackt hat, verrät er im SPOT-Interview.

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Erik Haffner, Regisseur von „Ghosts“ (Credit: privat)

Als Sie „Kohlrabenschwarz“ zur Serie umfunktionierten, haben Sie sich die originalen Hörspiele bewusst nicht vorher angehört. Wie sind Sie bei „Ghosts“ vorgegangen?

Erik Haffner: Diesmal habe ich es anders gemacht. Ich habe es mir angeschaut, weil es sich diesmal wirklich um eine Adaption handelt. Ich wollte sehen, wo die klaren Unterschiede bei uns sein mussten. Ich habe mir zwei Staffeln des britischen Originals angesehen, von der amerikanischen Fassung dann nur ein paar Folgen. Die Briten haben wie wir on location gedreht, mit einer Comedy-Gruppe, die zusammen schon „Horrible Histories“ gemacht hatte. Man spürt sofort, wie super die aufeinander eingespielt sind. Aber auch da musste ich irgendwann aufhören – insgesamt gibt es fünf Staffeln. Ich wollte es ab einem gewissen Punkt der Vorbereitungszeit nicht mehr vermischen bei mir im Kopf. 

Sie waren auch sehr involviert in die Schreibarbeit.

Erik Haffner: Da muss man den Kopf freikriegen, damit man seine eigene Sache machen kann. Wir haben es uns erlaubt, kreativ zu sein. Erst einmal ganz grundsätzlich, aber dann auch, was den Umgang mit dem Original anbetraf. Die dritte Folge unserer Staffel eins beispielsweise gibt es auch bei den Briten, da aber erst in der zweiten Staffel. Mir war es wichtig, dass eine der Hintergrundgeschichten eines der Geister schon zu diesem Zeitpunkt erzählt wird. Damit wird die Welt geöffnet, deuten sich die vielfältigen Möglichkeiten an, die sich bei der Serie andenken lassen. Da ist man mit einem Mal emotional eingebunden. Diesen Effekt wollte ich beim Publikum auslösen. 

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Drehstart für „Ghosts“: Regisseur Erik Haffner (links oben) Executive Producerin Nina Sollich (3.v.l. oben) und Leiter Programmbereich Fiktion Alexander Bickel (rechts oben) mit den Stars der sechsteiligen Serie (Credit: WDR / BBC Studios / Frank Dicks)

Sie haben die Serie für BBC Studios realisiert. Gab es denn ein bestehendes Regelwerk für die Serie, das es zu beachten galt? Wie frei waren Sie bei Konzeption und Umsetzung Ihrer deutschen Fassung?

Erik Haffner: Wir waren sehr, sehr frei. Das hat uns selbst gewundert. Gleich zu Beginn habe ich die Frage gestellt, ob es eine Bibel gäbe oder eine Art Vision-Keeper, der uns auf die Finger schaut und klarstellt, was wir auf keinen Fall machen dürften. Einmal schaute für zwei Tage mitten während der Dreharbeiten ein wahnsinnig netter Engländer vorbei, der alle die verschiedenen Adaptionen in anderen Ländern betreut. Es war wie ein kleines Wunder. Wir durften uns aus dem gesamten Portfolio des britischen Originals bedienen, mussten es aber nicht. Wir hätten auch komplett eigene Wege gehen können.

Was Sie auch gemacht haben…

Erik Haffner: Die Folgen 1 und 2 sind noch sehr nahe dran am Original, weil die Situation erst einmal etabliert und die Geschichte ins Rollen gebracht werden muss. Aber spätestens ab Folge 4 entwickelt das deutsche Format verstärkt ein Eigenleben. Ich war gerade eben im Writers Room für eine vielleicht mögliche zweite Staffel. Und da gehen wir auch in komplett eigene Richtungen.

„Ich suche mir meine Stoffe immer danach aus, dass sie etwas ganz Besonderes und Eigenes haben.“

Erik Haffner

Was hat Sie denn ursprünglich an dem Material gereizt?

Erik Haffner: Ich suche mir meine Stoffe immer danach aus, dass sie etwas ganz Besonderes und Eigenes haben. Bei „Ghosts“ konnte ich bei meiner persönlichen Checkliste, was ein Stoff mitbringen sollte, ein Häkchen nach dem anderen setzen. Es ist historisch, was mich sehr anspricht. Es ist Comedy auf einem sehr hohen und freien Niveau, womit man bei mir natürlich offene Türen einrennt. Es hat einen gewissen VFX-Anteil, was mir immer gut gefällt. Es schwingt ein schwarzer Humor mit, was dem Ganzen eine gewisse Abgründigkeit gibt. Ein bisschen war es tatsächlich so, als wäre „Ghosts“ für mich ausgedacht gewesen. Ein ganz tolles Format.

Wie sah die Arbeit am Drehbuch aus? Wann sind Sie an Bord gekommen?

Erik Haffner: Die Autoren waren bereits an Bord, verschiedene Entscheidungen waren bereits getroffen worden. Es gab bereits ein Drehbuch für die erste Folge und die Storylines für die weiteren Episoden. Ich bin gemeinsam mit Claudius Pläging zum Team gestoßen, und wir haben noch ein paar Änderungen vorgenommen, besonders was die Backstorys der Geister anbetraf. Es gab eine gewisse Angst, die Serie könnte zu teuer werden, wenn man zu viele dieser Hintergrundgeschichten angreift. Da habe ich versucht, die Angst zu nehmen. Historisch lässt sich auch mit kleinen Mitteln, ein paar Kniffen, ein großer Effekt erzielen. Bei „Sketch History“ hatte ich das beispielsweise mit kleinem Budget auch effektvoll und überzeugend umgesetzt. Auf diese Weise ließ sich dann besagte Folge 3 stemmen, die zu 80 Prozent historisch ist und in der Vergangenheit spielt, wofür unser Schloss umgedressed werden musste. Mit Claudius hatte ich schon mehrfach gearbeitet, die beiden anderen Autor:innen, Yves Hensel und Aylin Kockler, kannte ich noch nicht. 

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„Ghosts“ von Erik Haffner (Credit: WDR / BBC Studios / Frank Dicks)

Sie arbeiten mit einer großartigen Besetzung. Stand die ebenfalls schon fest, als Sie zu dem Projekt stießen?

Erik Haffner: Der Cast stand noch nicht. Und natürlich war uns klar, dass die Serie damit steht oder fällt, wen wir für die sehr prägnanten Rollen finden würden. Es war das größte Casting, das ich bisher mitgemacht habe. Es waren fünf Runden, die wir in Berlin gedreht haben. Um die 70 Darsteller:innen waren dabei. Es war wahnsinnig schwierig. Mir war es wichtig, dass wir uns bei einem so großen Ensemble und einer Serie, die potenziell auf mehrere Staffeln ausgerichtet ist, kein Ei legen. Jeder Part musste stimmen. Ich habe sehr gute Erfahrungen mit homogenen Ensembles gemacht, sei es bei „Ladykracher“, „Sketch History“ oder „Pastewka“. Deshalb wusste ich, dass wir auch hier mit Bedacht vorgehen mussten, wenn wir denn tatsächlich mehrere Staffeln produzieren sollten. Nicht nur das schauspielerische Können und die nötigen Funny Bones waren deshalb entscheidend, sondern auch die Chemie. Die Schauspieler:innen mussten miteinander können, sich gegenseitig beflügeln. Wenn es auch nur den leisesten Hauch eines Zweifels gab, wenn es erschien, das Ensemble könnte aus der Balance gebracht werden, haben wir lieber zwei- oder dreimal überlegt. Wir haben uns dann auch die Freiheit genommen, Schauspieler:innen auszuwählen, mit denen wir konnten, die wir nett fanden, weil wir immer auch im Hinterkopf hatten: Womöglich werden wir mehrere Jahre miteinander verbringen. Das hat es noch einmal zusätzlich komplizierter gemacht.

Der Lackmustest war dann Ihre Ansage: Bist Du bereit, vier Jahre ausschließlich das Kostüm eines Legionärs zu tragen… 

Erik Haffner: … oder keine Hose anzuhaben! Sebastian Schwarz erschien tatsächlich zum Casting und kam ohne Hose in den Raum. Das gab gleich ein Fleißbienchen in meinem Aufgabenheft. 

„Eitelkeiten waren überhaupt kein Problem. Wenn überhaupt, dann haben sie sich zu gut untereinander verstanden. Die waren wie ein Sack Flöhe!“

Erik Haffner

Den Teamgeist sieht man der Serie an.

Erik Haffner: Es herrschte große Solidarität und Einigkeit am Set. Da hatten wir unsere Hausaufgaben beim Casting tatsächlich gut erledigt. Wir hatten bisweilen neun Leute in einer Szene. Da ist klar, dass nicht jeder einen Monolog halten kann, dass man vielleicht nur Stichwortgeber ist. Wenn Texte im Pingpong mit einzelnen Sätzen hin- und herfliegen, muss man selbst manchmal hintanstehen. Die Freude ist das Dabeisein beim Entstehen, wenn man sieht, dass es funktioniert. Da sind alle immer gleich wichtig. Eitelkeiten waren überhaupt kein Problem. Wenn überhaupt, dann haben sie sich zu gut untereinander verstanden. Die waren wie ein Sack Flöhe! Manchmal musste ich dann strenger Papa sein und dazwischengehen und mit einer Ansprache im kleinen Kreis für Ruhe und Konzentration sorgen: Leute, mehr Disziplin!

War denn wirklich alles so gut, wie Sie es beschreiben? Gab es nicht doch auch Dinge, die sich in dieser ersten Staffel nicht umsetzen ließen?

Erik Haffner: Es war nicht so einfach, wie es sich anhört. Wir hatten ein hartes Pensum. Schlendrian konnten wir uns nicht leisten, wir haben gearbeitet wie bei einer Sitcom, also nicht nur drei Minuten Material am Tag, auch wenn man es dem Ergebnis nicht ansieht, wie ich finde. Es ging zack-zack. Bei einem solchen Tempo muss man Abstriche machen, keine Frage. Am meisten habe ich vermisst, die Kellergeister nicht schon unterbringen zu können. Im britischen Original gibt es eine Gruppe Geister, Pesttote, liebenswerte Zombies, die sich ausschließlich im Keller aufhalten. Das war schon vor meiner Zeit herausgekürzt worden, um das üppige Ensemble nicht noch größer zu machen. Ich arbeite mit Hochtouren daran, sie in einer möglichen zweiten Staffel doch noch einzuführen. 

Können Sie sagen, worauf Sie am stolzesten sind, was Ihnen die meiste Freude bereitet hat?

Erik Haffner: Ich wollte eine lustige Serie inszenieren, die einen ganz, ganz großen Anteil Wärme hat. Das lag mir am Herzen: So schrullig und negatorisch diese Geister manchmal auch sein mögen, soll man sie voll mögen, man soll neugierig auf ihre Hintergrundgeschichten sein. Ich wollte Family-Entertainment im besten Sinne erschaffen. Ich glaube, das hat auch funktioniert. Wenn es mir gelungen sein sollte, dann bin ich stolz und glücklich. Weil das wollte ich. Ich wollte eine warme Serie machen, die man gerne sieht. 

Das Gespräch führte Thomas Schultze.