ENCOURAGE Film Talents existiert nun bereits ein Jahr. Die Plattform für Austausch und Vernetzung von jungen Filmleuten wird stark nachgefragt und erfuhr für ihre zweite Runde während der Berlinale nun auch eine Erweiterung, wie Elli Leeb und Clemens Meyer im Interview mit THE SPOT erzählen. Für die Zukunft gibt es noch viele Ideen.
ENCOURAGE Film Talents fand vor einem Jahr – zur Berlinale – zum ersten Mal statt. Mit der Intention, eine neue Plattform zu schaffen für den Austausch und die Vernetzung von jungen Filmschaffenden, nachdem bei der Berlinale der Empfang der Filmhochschulen und die Perspektive Deutsches Kino weggefallen sind. Hat sich Ihr Engagement ausgezahlt?
Elli Leeb: Ursprünglich war die Idee zu diesem Branchenevent das Abschlussprojekt meines Studiums im Fachbereich Kulturen des Kuratorischen. Ich habe etwas gesucht, das sich langfristig etablieren lässt, nachdem der Empfang der Filmhochschulen eingestellt wurde. Mein Weg führte erst über das ehemalige Leitungsbüro des Empfangs, ich habe viele Gespräche geführt und herausgehört, dass es auf jeden Fall sinnvoll ist, eine Plattform für Talentfilmemacher:innen, im Rahmen der Berlinale, wieder aufleben zu lassen. Als Sparring Partner habe ich schnell Clemens und Sinje Irslinger ins Boot geholt. Klar war, dass wir das Angebot im Umfeld der Berlinale etablieren, es aber inklusiver gestalten wollen. Deshalb haben wir ENCOURAGE Film Talents auf den gesamten DACH-Raum ausgeweitet und auch Talente inkludiert, die als Autodidakten ihren Weg in der Branche gehen. Das ist ein großer Mehrwert. Neben so unterschiedlichen Zielgruppen im Talent-Bereich liegt uns die Vernetzung mit der Branche sehr am Herzen. Um die Perspektive Deutsches Kino etwas auszugleichen, haben wir dieses Jahr neben dem Get-Together als Herzstück zwei Screening-Tage neu, die wir als Showcase verstehen. Mittlerweile ist unser Team auch um einige tolle Menschen angewachsen, um dem Mehraufwand gerecht zu werden.
ENCOURAGE Film Talents beschränkt sich nicht auf die Berlinale als Umfeld. Sie tourten 2024 damit auch schon aufs Filmfest Hamburg und das Filmfestival Braunschweig. Wäre da eine Ausweitung auf noch mehr Festivals denkbar?
Clemens Meyer: Wir denken, ja. Das würde unserer Vision, das Event als Fortführung des Empfangs der deutschen Filmhochschulen zu öffnen, entsprechen. Im Anschluss an das Berlinale-Event 2024 haben wir deshalb früh damit begonnen, uns zu überlegen, was wir unterjährig noch anbieten können. Da sind Hamburg und Braunschweig auf uns zugekommen. Malika Rabahallah als neue Leiterin des Filmfest Hamburg hatte sich von Anfang an das Ziel gesetzt, Filmnachwuchs besser in das Festival zu integrieren. Somit wurden wir beim vergangenen Filmfest Hamburg – anders als bei der Berlinale – offizieller Teil des Festivals und durch die MOIN Filmförderung finanziert. Ebenso in Braunschweig, wo wir die Lücke des ehemaligen Hochschultags füllen konnten und dort in Kooperation mit nordmedia ein maßgeschneidertes Angebot stricken durften. Langfristig ist unser Ziel, das Event bei unterschiedlichen Filmevents im DACH-Raum, aber vielleicht auch darüber hinaus, auszubauen. Wir wollen ein Year-Round-Netzwerk an Veranstaltungen etablieren. Unsere Intention ist die langfristige Karriereentwicklung von Filmtalenten. Das heißt, dass wir dauerhaft und konstant Angebote machen wollen. Diesbezüglich befinden wir uns mit unterschiedlichen Festivals in Gesprächen. Ganz wichtig ist dabei, dass wir immer auf das jeweilige Festival schauen, dessen Schwerpunkte eruieren, um den dort anwesenden Nachwuchs möglichst gut abzuholen.
„Neben den Showcases ist neu, dass es dieses Jahr zwei anstatt ein Pitching gibt.“
Elli Leeb
Inwiefern stehen Sie mit der Berlinale im Austausch?
Clemens Meyer: Elli hat letztes Jahr eng mit Florian Weghorn in der inhaltlichen Konzeption zusammengearbeitet, vor allem in Bezug auf die Positionierung der Veranstaltung. Damals war er noch Berlinale-Talents-Leiter, mittlerweile ist er ja Berlinale Chief of Staff. Jetzt stehen wir in engem Austausch mit dem aktuellen Berlinale-Talents-Team und natürlich vor allem mit Jenni Zylka. Es ist aber eine rein inhaltliche Kooperation, wir sind eine externe Veranstaltung, was andere Vorteile bringt. Mal schauen, wie sich das ausbauen lässt.
Aufs diesjährige Programm geblickt: Was ist neben den Showcases noch neu?
Elli Leeb: Neben den Showcases ist neu, dass es dieses Jahr zwei anstatt ein Pitching gibt. Der Fokus liegt hier auf Work-in-Progress-Projekten und der Präsentation von Stoffkonzepten. Die Auswahl der Filme und der Pitchings treffen zwei unterschiedliche Kurationsteams. Uns ist wichtig, hierbei einen weiten Blick zu werfen, möglichst alle Hochschulen zu integrieren, aber auch Talente abseits des regulären Hochschulbetriebs.
Was wurde Ihnen bis dato gespiegelt, welche Resonanz haben Sie auf die von Ihnen geschaffene Plattform erhalten?
Clemens Meyer: Wir stehen mit vielen Leuten in engem Austausch. Wir sehen ENCOURAGE Film Talents immer noch in der Aufbauphase, in der wir Dinge austesten und an Stellschrauben nachjustieren. So haben wir für dieses Jahr zum Beispiel eine neue Location, sind von Kreuzberg, das einfach für viele Berlinale-Gäste logistisch schwierig war, ins Metropol am Nollendorfplatz umgezogen, das gut erreichbar ist, direkt an der U2 liegt, die zum Potsdamer Platz fährt. Allgemein stellen wir fest, dass wir dieses Jahr deutlich mehr Resonanz bekommen, dass das Interesse wächst, die Bekanntheit der Initiative größer geworden ist. Für unsere erste Ausgabe hatten wir nur fünf Monate Vorbereitungszeit. Der Organisationsvorlauf war knapp. Von Seiten des Nachwuchses ist der Wunsch nach Veranstaltungen wie ENCOURAGE Film Talents groß. Die Nachwuchsfilmemacher:innen wollen sich treffen, sich untereinander austauschen. Wir sehen unser Event auch als Plattform für die Findung zukünftiger Filmteams. Gleichzeitig laden wir die etabliertere Branche ein, um hier die Vernetzung herzustellen. Es gibt viel Interesse von Produktions- und Verleihfirmen. Und wir hoffen, dass sich noch mehr Partnerschaften ergeben.
Elli Leeb: Pro Hochschule müssen wir mit Einladungskontingenten arbeiten, da der Andrang bei den Studierenden so groß ist. Schön ist auch das gestiegene Interesse der Förderanstalten. Den Kontakt haben wir bereits vergangenes Jahr aufgebaut, weil uns wichtig ist, die abseits der etablierten Filmunis arbeitenden Filmemacher:innen auch zu inkludieren. Da haben die regionalen Förderer einfach den besseren Überblick, wer gerade an was arbeitet. Dieser Kreis hat sich nun deutlich vergrößert. Waren 2024 bereits Medienboard, nordmedia und MV Filmförderung dabei, sind es dieses Jahr nun mit MOIN, FFF Bayern, MDM, Hessenfilm und der FFA als Bundesförderung deutlich mehr Anstalten, die sich mit einer Veranstaltung beteiligen und ihre Talente zum Event bringen.
„Unter den Talenten spürt man schon eine gewisse Zukunftsangst.“
Clemens Meyer
Partnerschaften sind generell wichtig. Die Organisation eines Events wie ENCOURAGE Film Talents kostet Geld. Wer unterstützt Sie finanziell?
Elli Leeb: Wir arbeiten mit allen Filmhochschulen im DACH-Raum zusammen, die uns als langfristige Partner mit der jeweils selben Summe unter die Arme greifen. Auch von den erwähnten Förderern bekommen wir finanzielle Unterstützung. Aber Finanzierungslücken gilt es trotzdem noch zu füllen. Wir freuen uns über jeden neuen Kontakt.
Clemens Meyer: Mit Studio Zentral haben wir einen neuen Unterstützer gewinnen können. Außerdem gibt es neben Preistiftenden natürlich inhaltliche Partnerschaften, wie mit First Steps und Sehsüchte. First Steps macht mit uns ein Panel, Sehsüchte richtet die After Party aus. Wir haben auf Unterstützer:innen auf unterschiedlichen Ebenen, MUBI und Salzgeber wären beispielsweise hier noch zu nennen.
Sie sind beide selbst Filmschaffende, studieren an der Filmuni Babelsberg. Was sind Themen, die die jungen Talente derzeit umtreiben?
Elli Leeb: Grundsätzlich bin ich positiv eingestellt. Auch wenn derzeit eine etwas gelähmte Stimmung herrscht, sowohl in Deutschland als auch in Österreich. Projekte, die aktuell in der Finanzierungsphase stecken, haben es schwer. Es ist natürlich toll, dass die FFG-Novellierung auf den letzten Drücker stattgefunden hat. Beim Diversitätskriterium, das uns ein großes Anliegen ist, sollte aber nachgebessert werden. Ich befinde mich gerade als Produzentin in der Stoffentwicklung eines Spielfilms. Dieses Projekt versuchen wir als Koproduktion zwischen Deutschland und Österreich entweder als Debütfilm oder als Abschlussfilm aufzustellen. Das ist gar nicht so einfach, aber aufgrund der zwei Förderlandschaften grundsätzlich vielversprechend.
Clemens Meyer: Ich habe zuletzt beim Filmfestival Max Ophüls Preis viele Gespräche geführt. Unter den Talenten spürt man schon eine gewisse Zukunftsangst. Nicht nur auf die Fördersituation gemünzt, sondern auch darauf bezogen, dass viele Firmen Stellenabbau betreiben oder Stellen, die frei werden, nicht neu nachbesetzen. Ich denke aber auch, dass das eine Übergangsphase ist. Wir hoffen, dass das neue FFG für Aufbruch sorgt. Die Goldenen Zeiten, als Firmen Absolvent:innen in Scharen direkt aus den Filmhochschulen abgeworben haben, weil so großer Mangel herrschte, scheinen aber vorerst vorbei.
Das Gespräch führte Barbara Schuster
Spotlight:
ENCOURAGE Film Talents auf der Berlinale
LENCOURAGE Film Talents bietet anlässlich der 75. Berlinale ein dreitägiges Programm. Am 17. Februar beginnt das Event mit Filmscreenings im SİNEMA TRANSTOPIA (S+U-Bhf. Wedding). Am 18. Februar findet ein Get Together im Metropol (U-Bhf. Nollendorfplatz) statt. Den Abschluss bilden weitere Filmscreenings am 19. Februar, ebenfalls im SİNEMA TRANSTOPIA.
Das Program des ENCOURAGE Film Talents Get Together – 18. Februar 2025
- ab 10:30 Uhr Einlass & Netzwerkfrühstück
- 11:00-12:30 Uhr Script Sparks – Pitch Session
- 12:30-13:15 Uhr Meet the Talents – Meet the Industry
- 13:15-14:45 Uhr Final Touch – Pitch Session
- 14:45 – 15:30 Uhr Meet the Talents – Meet the Industry
- 15:30 -16:45 Uhr Zukunft durch Talent – Welche Perspektiven hat der DACH-Raum durch die Förderlandschaft? – Fish Bowl Talk
- 17:15 – 18:45 Uhr Tell it to the Audience – Einzigartige Geschichten publikumsrelevant erzählen – Panel Talk
- bis 20:30 Uhr Drinks ‘n Dance
Und danach? filmrizz Party @ Lido by Sehsüchte International Student Film Festival.