Carla Buchal & Massih Parsaei über die Einladung nach San Sebastián: „Den Film frühzeitig international sichtbar machen“

„Lovers Sleep Alone (AT)“, das Spielfilmdebüt von Massih Parsaei, wurde zum diesjährigen Work in Progress Europa-Programm des San Sebastián Film Festival eingeladen. Wir haben bei dem Regie-Student der Filmuni Babelsberg und seiner Producerin, Carla Buchal von Film Five, nachgefragt.

Ihr seid mit „Lovers Sleep Alone“ ins WIP-Europa-Programm des San Sebastián Film Festival eingeladen. Herzlichen Glückwunsch! Was erwartet ihr euch? Wie werdet ihr euch auf die Präsentation dort vorbereiten?

Carla Buchal: Vielen Dank! Wir freuen uns unglaublich, dass „Lovers Sleep Alone (AT)“  in der WIP Europa-Sektion des San Sebastián International Film Festival gezeigt wird. Es ist eine wunderbare Gelegenheit, den Film in einem professionellen Rahmen zu präsentieren. WIP Europa bringt europäische Filme in der Postproduktion mit Branchenprofis aus Vertrieb, Festivals und Postproduktionshäusern zusammen. Für uns bedeutet das: wertvolles Feedback, konkrete Chancen auf Completion-Support, und die Möglichkeit, den Film frühzeitig international sichtbar zu machen. Um diese Chance bestmöglich zu nutzen, bereiten wir uns natürlich auch vor und arbeiten gerade an einer neuen Schnittfassung. Vor Ort möchten wir gezielt Termine mit Sales-Agenturen, Festival-Programmer*innen und technischen Partnern wahrnehmen und freuen uns über alle, die ebenfalls in San Sebastián sind und Lust haben uns dort zu treffen. 

Massih Parsaei: Ich freue mich sehr, den Film in dieser Phase der Montage einem größeren Kreis zu zeigen, darüber ins Gespräch zu kommen und das ganz besonders in San Sebastián. Wahrscheinlich liegt diese Freude auch daran, dass der Weg bis hierher sehr intensiv war: Das Drehbuch war von Anfang an sehr konkret auf die Bildsprache geschrieben und ließ selbst während des Drehs kaum Spielraum für Veränderungen. Die Arbeit im Schnitt bestand daher vor allem darin, den richtigen Rhythmus zu finden. Das war ein langer, schöner Prozess, in dem ich das vergangene Jahr fast ausschließlich allein im Schneideraum verbracht habe. Umso schöner, dass dieser nächste Schritt nun ausgerechnet in San Sebastián stattfinden wird.

Wie wichtig sind Industry-Plattformen bzw. Präsentationsmöglichkeiten wie WIP Europa für Euch? Ganz allgemein gesprochen…

Carla Buchal: Solche Plattformen sind für Filme in der Postproduktionsphase essenziell. San Sebastián bzw. WIP Europa ist hier besonders attraktiv. Aus Erfahrung wissen wir, dass ein Platz in einem WIP-Festival oft Türen zu weiteren Festivals, zu Verleih- und Vertriebspartnern öffnet. Das erleichtert den Postproduktionsprozess und ist gleichzeitig ein wichtiger Boost für die Auswertung und die generelle Sichtbarkeit. Für mich ist dieses Projekt zudem etwas ganz Besonderes. Es ist ein Film, der mich vom ersten Moment an berührt hat und mir sehr am Herzen liegt. Umso mehr freut es mich, wenn wir die Chance bekommen, seine Sichtbarkeit zu erhöhen und ihn einem größeren Publikum zugänglich zu machen.

Von was handelt der Film? Wie hat sich die Drehbucharbeit gestaltet?

Massih Parsaei: „Lovers Sleep Alone (AT)“ erzählt die Geschichte von Iman (33), der vor Jahren den Iran verlassen hat, den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen hat und nun im Exil in Berlin lebt. Von morgens bis spät in die Nacht arbeitet er in zwei Jobs, als Pfleger für einen älteren Mann und in einer LKW-Waschstation. Um die Leere zu füllen, erfindet er Geschichten. Seine einzige Beziehung ist eine heimliche Affäre mit André, einem Mann, den er nachts im Park trifft. Ein kurzer Besuch seiner Cousine Maneli (29), die er kaum kennt, verändert seine bisherigen Abläufe. Sie verbringen die Tage zusammen. Beide verbindet das erdrückende Gefühl ihrer Herkunft und eine generelle Unbeschwertheit. Als Teil einer neuen Generation erkennen sie sich gegenseitig. Sie unterhalten sich, gehen schwimmen, schlafen in einem Waldstück ein, bis es Zeit wird, sich zu verabschieden. Auf seinen endlosen Wegen durch die Stadt ziehen Fragmente aus dem Leben anderer Passant*innen an ihm vorbei. Seine Suche beginnt, sich mit der Welt zu verknüpfen. Berlin spielt im Film eine wichtige Rolle. Iman verbringt die meiste Zeit an verschiedenen Orten in der Stadt und ist kaum zu Hause. Wir haben deshalb schon früh mit der Locationsuche begonnen, noch bevor einige Szenen überhaupt geschrieben waren. Das Drehbuch war von Anfang an stark bildorientiert, weshalb die Kenntnis der Drehorte für uns besonders wichtig war. Während ich mehrere Fassungen schrieb, habe ich mich immer wieder mit Hanna Thomschke über das Drehbuch ausgetauscht. Nach einer Weile stieß sie als Co-Autorin dazu, und gemeinsam haben wir die Drehfassung entwickelt.“

Wie weit seid ihr mit der Produktion? Was sind die next steps?

Carla Buchal: Aktuell befinden wir uns in den letzten Phasen des Schnitts und planen, diesen bis Oktober abzuschließen. Anschließend folgt noch Sound Design und Color-Grading. Parallel dazu planen wir ab Spätherbst und Winter, den Film bei internationalen Festivals einzureichen. Unsere große Hoffnung ist, ab Frühjahr 2026 mit der Auswertung zu beginnen. Wo der Film seine Festivalpremiere feiern wird, ist für uns natürlich eine spannende offene Frage. 

Massih Parsaei: Momentan konzentriere ich mich auf die finalen Schritte im Schnitt. Nach dem Festival liegt mein Fokus auf der Fertigstellung des Schnitts und allen noch ausstehenden Arbeitsschritten der Postproduktion. Die Möglichkeit, die aktuelle Version des Films in San Sebastián zu zeigen, darüber zu sprechen und zugleich mit potenziellen Gesprächspartnern über die zukünftige Auswertung des Films ins Gespräch zu kommen, ist für mich eine großartige Chance.

Die Fragen stellte Barbara Schuster