Das Landgericht Berlin II hat es ver.di untersagt, Gemeinsame Vergütungsregeln für Synchronbuchautor:innen und Synchronregisseur:innen aufzustellen bzw. an deren Aufstellung mitzuwirken. Wir sprachen mit BSD-Vorstand Tobias Neumann über die potenziellen Folgen.

Ende vergangener Woche hatte der Bundesverband Synchronregie und Dialogbuch e.V. (BSD) bekanntgegeben, sich mit einer Klage vor dem Landgericht Berlin II gegen die Gewerkschaft ver.di durchgesetzt zu haben. Im derzeit noch nicht rechtskräftigen Urteil wurde es ver.di untersagt, Gemeinsame Vergütungsregeln für Synchronbuchautor:innen und Synchronregisseur:innen aufzustellen bzw. an deren Aufstellung mitzuwirken. Hintergrund des Streits war eine Ende Juni vergangenen Jahres vorgestellte GVR, die Netflix mit ver.di und dem BFFS abgeschlossen hatte – und die auch die genannten Werke aus dem Synchronbereich gelten sollte.
SPOT hat bei Tobias Neumann, dem geschäftsführenden Vorstand des BSD, zu den Hintergründen und möglichen Folgen nachgefragt:
Inwieweit ist der BSD bemüht, mit Netflix eigene GVRs zu verhandeln?
Tobias Neumann: Der BSD hatte Netflix bereits im Jahr 2021 zu GVR-Verhandlungen aufgefordert und diese Verhandlungen 2022 für gescheitert erklärt, weil Netflix keine Verhandlungen führen wollte. Daraufhin hat der BSD ein gesetzliches Schlichtungsverfahren bei Gericht nach § 36a Abs. 3 UrhG beantragt, welches nach einer gerichtlichen Odyssee Ende 2024 zu einer für den BSD positiven Entscheidung und der Einrichtung einer Schlichtungsstelle führte. Das Schlichtungsverfahren läuft derzeit noch. Netflix hatte mit ver.di, BFFS und BVFT hinter dem Rücken des BSD GVR-Verhandlungen geführt, um augenscheinlich vor Beginn des Schlichtungsverfahrens Fakten zu schaffen.
Was bedeutet das Urteil – gesetzt den Fall es wird rechtskräftig – für die bereits abgeschlossene GVR?
Tobias Neumann: Das ist eine interessante Frage. Die zwischen Netflix, ver.di, BFFS und BVFT abgeschlossenen GVR sehen ein Verteilungsschema vor, das aus Sicht des BSD unangemessen niedrige pauschale Folgevergütungen über einen Gesamttopf nach einem bestimmten Schlüssel zwischen den beteiligten Gewerken verteilt. Da die GVR einschließlich der Verteilung für die Gewerke Synchronbuch und -regie unrechtmäßig aufgestellt wurde, erscheint die Wirksamkeit der gesamten abgeschlossenen GVR aus Sicht des BSD mehr als fraglich.
Gibt es Ihres Wissens derzeit andere GVR-Verhandlungen, in denen ver.di für Bereiche verhandelt, die durch den BSD repräsentiert sind?
Tobias Neumann: Aktuell ist uns nicht bekannt, dass ver.di andere GVR-Verhandlungen führt, in denen die Gewerkschaft für die vom BSD repräsentativ vertretenen Gewerke Synchronbuch und -regie verhandelt. Entsprechende Übergriffe durch ver.di bei der Aufstellung von GVR sind aber bereits von anderen Urheberverbänden wie dem Bundesverband Regie (BVR), dem Verband Kinematographie (BVK), dem Bundesverband Filmschnitt Editor (BFS) und dem Verband der Berufsgruppen Szenenbild und Kostümbild (VSK) massiv moniert worden.