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Benjamin Heisenberg über „Der Prank – April, April!“: „Inspiration und Energie, pralles Leben und Humor“


Benjamin Heisenberg hat mit „Der Prank – April, April!“ (hier unsere SPOT-Besprechung) einen unserer Lieblingsfilme des noch jungen Jahres gedreht. Wie er dazu kam, einen Film für die Familie zu erzählen, ein Feelgoodmovie im besten Sinne, und wie er generell vorgeht bei der Wahl seiner Projekte – sei es in der bildenden Kunst oder im Film – erzählt er im Interview. Kinostart ist am 13. März.

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Benjamin Heisenberg (Credit: Ernst Kehrli)

Haben Sie Verständnis, wenn Leute erst einmal darauf reagieren, dass Benjamin Heisenberg einen Film für Kids gemacht hat – wie bitte, soll das denn zusammengehen?

Benjamin Heisenberg: Wenn man meine Spielfilm-Filmographie anschaut, dann wird man sich diese Frage stellen. In meinen Kunstvideos wird man dagegen viele Anteile erkennen, die bereits in diese Richtung gehen. Ich habe schon ganz früh, seit meinem Kunststudium, immer wieder Videos mit Kindern gemacht, weil mich Kindheit und Jugend als Lebenszeitraum per se interessiert. Im Falle von „Der Prank“ war ausschlaggebend, dass sowohl ich als auch mein Koautor Peer Klehmet jeweils zwei Jungs haben, die in dem Alter der Jungs im Film waren und wir beide einen Kinofilm machen wollten, in den wir gerne mit ihnen reingehen würden. Family Entertainment at its best, das durch alle Altersklassen hindurch funktioniert, mit einem Thema, das bei allen gut ankommt, das spannend, aber nicht zu spannend ist, aber nicht zu furchterregend. Unsere Kinder waren also der Hauptanlass, diesen Film genau so zu machen, wie wir ihn gemacht haben, als Feelgoodmovie, der nicht den Anspruch meiner Arthouse-Filme hat, die die Zuschauer stark herausfordern. Letzteres würden Kinder in der Mehrheit einfach nicht schätzen, und sie würden sich nicht auf den Film einlassen.

„Es ging immer darum, die Situation im Sinne der Komödie und des Spannungsaufbaus maximal auszuloten.“

Ihr Film ist ein Film, der Jugendlichen gefallen soll, und nicht ein Film, von dem ein Erwachsener denkt, dass er Jugendlichen gefällt. Vor allem kommt er ohne pädagogischen Auftrag daher…

Benjamin Heisenberg: Das freut mich, dass Sie das sagen. Wir wollten tatsächlich ganz bewusst keinen erhobenen Zeigefinger oder eine sozialkritische Geschichte oder dergleichen erzählen, sondern vom Lustprinzip aus fragen: Was würde uns selbst wirklich Spaß machen? So kamen zwei Ideen zusammen: Erstens: Ein Streich oder Aprilscherz in den Mittelpunkt zu stellen und zweitens die Bewegung zweier Jungs, die sich à la Erich Kästner auf eine Reise durch die Großstadt begeben. Der Auslöser ist der Streich und der ganze Film ist eine Kettenreaktion, die daraus entsteht. Das sind die zwei Prämissen. Von diesen ausgehend, haben wir uns lustvoll weiterbewegt mit Gangstern und scheinbaren Gangstern, Pranks und auch melancholischen Passagen und allerhand lustigen Verwicklungen. Es ging immer darum, die Situation im Sinne der Komödie und des Spannungsaufbaus maximal auszuloten. Dabei wollten wir Leichtigkeit behalten und dem Wunsch folgen, die Zuschauer zu aktivieren. Ich habe das so stark von Kinobesuchen in meiner Kindheit in Erinnerung. Man kommt aus dem Kino und ist total aufgeladen und inspiriert und hat das Bedürfnis an der Welt teilzunehmen. Dann nimmt man sich plötzlich etwas vor und stürmt los, mitten ins Leben. Diesen Spirit wollen wir mitgeben. Das ist der Kern. Weniger erklären, keinen didaktischen oder moralischen Anspruch an die Welt, dafür Inspiration und Energie, pralles Leben und Humor. Dazu passt auch die Idee, am Ende des Films, im Abspann immer weiter zu erzählen. Das hat mir großen Spaß gemacht.

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„Der Prank“ von Benjamin Heisenberg (Credit: Kundschafter Films)

Ihr Film könnte auch nirgendwo anders als in Berlin spielen. Die Stadt ist ein eigener Protagonist.

Benjamin Heisenberg: Total. Berlin hat als Stadt natürlich auch sehr stark diese Mischung verschiedener Lebenswelten. Es gibt die eher bürgerliche Welt in Pankow, Potsdam oder Charlottenburg. Dann aber auch die Hinterhoforte. Wir zeigen Berlin nicht von seiner grauen Seite, sondern eine fröhliche Mischung aus bekannten und weniger bekannten Orten. Das ganz düstere Berlin hätte einen Kinderfilm überlastet. Trotzdem ist „Der Prank“ ein echter Berlin-Film und die Stadt ist für mich als wirklich spürbare Großstadt in Deutschland wichtig. 

Haben Sie sich zusammen mit Peer Klehmet im Vorfeld noch mal andere Familienfilme angeschaut, um den Groove zu finden?

Benjamin Heisenberg: Wir haben eine ganze Reihe von Filmen angeschaut, „Der Prank“ zitiert andere Filme ganz gezielt. Unsere größte Inspiration war „Ferris macht blau“ von John Hughes aus den Achtzigern, den Peer und ich sehr lieben und den wir u.a. mit der Fahrt aus dem Mund der Mutter zitieren. Die Kettenreaktion ist eine Hommage an den bekannten Kurzfilm „Surprise“ von Veit Helmer, an „Wallace and Gromit“ mit ihrer Frühstücksroutine und auch an „Zurück in die Zukunft“, mit der Katzenuhr am Anfang. Die Augen in Großaufnahme erinnern sicher an Sergio Leone. Dann zitieren wir „Fahrenheit 451“ von Truffaut, wenn der Wagen nicht mehr steuerbar ist, schalten die Kinder die „Fahr-Einheit 451“ ein, und sogar „Terminator“ ist in einem Wortzitat verewigt… Es gibt noch eine Vielzahl weiterer Zitate, nach denen wir bewusst gesucht haben. Weil wir Filme lieben und wir die Referenzen auch upfront zitieren wollten, als Spaß für die Filmbuffs unter den Zuschauern. Die Amerikaner machen das ja viel. Tarantino, aber auch Filme wie „Shrek“ oder „Die Minions“ spielen die ganze Zeit mit Filmzitaten und ich liebe das sehr. 

„Diese Vielgestaltigkeit und Diversität waren uns sehr wichtig.“

Sie haben ein stimmiges Ensemble. Vor allem ein divers besetztes Ensemble, das offenkundig dieser Welt entspricht, in der der Film spielt… Bei Ihnen wirkt es organisch, nie out of place… 

Benjamin Heisenberg: Das war ein großes Thema. Redaktionen und Förderer legen sehr großen Wert auf eine diverse Besetzung. Ich empfinde Besetzungen in manchen Produktionen als sehr künstlich herbeigeführt. Bei uns hat es sich aus dem Storykonstrukt ergeben. Als Hauptdarsteller standen ein asiatisch-deutscher und ein deutscher Jugendlicher fest. Als ihre Freundin wollten wir ein afrodeutsches Mädchen. Diese Vielgestaltigkeit und Diversität waren uns sehr wichtig. Dann fanden wir es lustig, die Leute vom Pizzalieferdienst mit arabischstämmigen Menschen zu besetzen, die man klischeehaft immer als Bösewichte abstempelt, hier aber dann die Guten sind. Die anderen Clans sind auch ein Mix. Der Familienvater hat einen französisch-arabischen Hintergrund. Auch da gibt es die Vielgestaltigkeit. Wir haben uns viele Gedanken dazu gemacht und haben im Casting viel Zeit darauf verwendet, eine stimmige Welt zusammenzustellen, die auch für Berlin ja total realistisch ist. Das war kein leichter Prozess, gerade bei den Kindern, die ja auch noch Klavierspielen können mussten.

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„Der Prank – April, April!“ mit Noel Gabriel Kipp und Max Zheng (Credit: Kundschafter Filmproduktion/Port au Prince)

Ein großer, wichtiger Aspekt bei „Der Prank“ ist auch die Musik, bei der Sie mit Johannes von Weizsäcker zusammengearbeitet haben. Was waren hier Ihre Gedanken?

Benjamin Heisenberg: Ich bin sehr glücklich, dass der Film nur komplett neu komponierte Musik hat. Das finde ich besonders. „Money Rain“ ist von der Rapperin Die P komponiert worden, die ja auch mitspielt. Den Song werden wir demnächst auch mit einem Musikvideo veröffentlichen. Die anderen, sehr verschiedenen Songs stammen von Johannes von Weizsäcker, Ramin Bijan und Panos Ghikas und den tollen Score hat Christoph Zirngibl gemacht. Wir haben ganz bewusst eine Vielgestalt von Musik gesucht um zu vermeiden, dass sie ein homogener Körper ist. So gibt es Rapper, eher klassische Klavier-Musik, Chanson, Popsongs à la Cro und so weiter. Die Musik feiert sozusagen die gleiche Diversität wie die Darsteller:innen.

„Ich folge dem, was mich am meisten zieht.“

War „Der Prank“ insgesamt eine gute Erfahrung für Sie, nachdem Sie bei Ihren Spielfilmen bislang sehr bedacht darauf waren, Filme von einem künstlerischen Wert zu schaffen? Gibt es künftig weitere Kidsfilme von Benjamin Heisenberg? 

Benjamin Heisenberg: Das kann ich mir vorstellen. Es hat auf alle Fälle großen Spaß gemacht. Gleichzeitig war „Der Prank“ auch eine große Herausforderung, weil die Drehbedingungen mit Kindern ja sehr eingeschränkt sind. Insgesamt war es aber eine tolle Erfahrung, die Darsteller:innen waren super, das Team auch. Insofern kann ich mir gut vorstellen, in diese Richtung weiterzudenken. Wir haben noch ein paar Projekte in der Schublade, vielleicht ist da auch „Der Prank 2“ dabei. Mein nächster Film wird aber erstmal wieder ein eher ernster Liebesfilm.

Ihr letzter Spielfilm, „Über-Ich und Du“, stammt von 2014. Sie haben sich zuletzt wieder der bildenden Kunst zugewandt, schrieben auch einen Roman. Wie entscheiden Sie sich für Projekte, für Arbeitsweisen?

Benjamin Heisenberg: Einen genauen Plan, wann ich was machen will, in welchen kreativen Gefilden ich mich aufhalten möchte, verfolge ich nicht. Nach der Coronapandemie habe ich zum Beispiel noch den Kurzfilm „Er So Sie So“ inszeniert. Die Möglichkeiten, bestimmte Ausstellungen zu machen, kommen auf mich zu, genauso, wie die Lust, mit „Lukusch“ einen Roman zu schreiben. Ich folge dem, was mich am meisten zieht, oder bei dem ich perspektivisch das Gefühl habe, etwas ausdrücken zu können, was mir wichtig erscheint. Ich habe mich all die Jahre nicht bewusst gegen Spielfilme entschieden. Andere Projekte traten in den Vordergrund, wie das große Kunst am Bau Projekt Brienner 45, das ich mit meinem Bruder Emanuel und meiner Cousine Elisophie Eulenburg am NS-Dokumentationszentrum in München umsetzen konnte. Das hat viel Zeit gekostet. Daneben habe ich viel an der ZHdK in Zürich und der HFF München unterrichtet. Es macht mich glücklich, dass mir diese verschiedenen Möglichkeiten offenstehen und ich nicht komplett auf eine Richtung festgelegt bin. Gerade Kinofilme geraten in der Finanzierung manchmal ins Stocken. Wenn eine Förderung nicht kommt, verschiebt sich ein Projekt gerne mal zwei Jahre und das kann unangenehm werden, wenn man nicht noch ein oder zwei andere Standbeine hat, die Einkommen generieren. Außerdem bereichern sich meine Arbeiten in der bildenden Kunst und im Film gegenseitig. Und auch von Außen her sind diese beiden Bereiche heute nicht mehr so getrennt, wie sie das noch während meiner Studienzeit waren. 

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„Der Prank – April, April!“: Kinostart 13.3. (Credit: Kundschafter Filmproduktion/Port au Prince)

„Der Prank“ wurde von Kundschafter Film produziert, der Firma von Robert Thalheim, wie Sie ein Vertreter der Berliner Schule. Was zeichnete die Zusammenarbeit aus?

Benjamin Heisenberg: Ein gemeinsames Gefühl, was tolle Filme sind und was ein Film braucht. Das ist die wichtigste Grundlage. Es gibt gar nicht mehr so viele mittelgroße Firmen, die wirklich engagierten Spielfilm machen. Das ist bei der Kundschafter Film toll, weil man merkt, wie sie für ihre Projekte brennen. Sie haben sofort die Eigenheiten, die Qualität und das Potenzial von „Der Prank“ erkannt. Das brachte uns sofort auf eine Wellenlänge. Peer Klehmet hat mit der Kundschafter davor schon einige Projekte wie „TKKG“ und zuletzt „Kundschafter des Friedens 2“ gemacht. Da gab es also bereits einen engen Kontakt und ich kannte Robert Thalheim als Regiekollege gut und wir mochten uns schon immer. Deswegen war es ein natürliches Get-together.

Können Sie uns zum Schluss schon mehr über das anstehende Arthouseprojekt verraten?

Benjamin Heisenberg: Es ist eine Liebesgeschichte, die in einer sich weiterentwickelten, gegenwärtigen Gesellschaft spielt und die von einem erstaunlichen psychologischen Phänomen handelt. Das Projekt stammt von Autor Peter Bösenberg und entsteht unter dem Dach der Made in Germany in Köln. Ich bin seit einigen Jahren als Regie mit an Bord und in die Entwicklung involviert. WDR und Arte sind als Sender dabei, und wir wollen dieses Jahr die Finanzierung vorwärtstreiben, um 2026 drehen zu können.

Das Gespräch führte Barbara Schuster