Die schönen goldenen Muskatnüsse, die Preistrophäen der Diagonale, wurden vergeben. In den Wettbewerben Spiel- und Dokumentarfilm gewannen „The Village Next to Paradise“ von Mo Harawe und „Bürglkopf“ von Lisa Polster. Beide Filme gewannen sogar weitere Preise. Die genderunabhängig vergebenen Schauspieler:innenpreise gingen an Florentina Holzinger („Mond“) und Marie Louise Stockinger („Gina“).
„The Village Next to Paradise“ von Mo Harawe wurde auf der 28. Diagonale als bester Spielfilm mit dem Großen Diagonale-Preis des Landes Steiermark geehrt. Die Auszeichnung ist dotiert mit 15.000 Euro vom Land Steiermarkt sowie mit 1000 Euro gestiftet von der Streamingplattform watchAUT plus einem Werbeguthaben dort im Wert von 3000 Euro sowie ein Gutschein in Höhe von 4000 Euro von The Grand Post – Post Production Houses. Die Spielfilmjury aus Hans Broich, Malika Rabahallah und Nele Wohlatz begründete ihre Entscheidung mit den Worten: „Der Film beginnt mit dem Einschlag einer Kampfdrohne. Dort, wo das Nachrichtenbild endet, eröffnet er seine Erzählung an einem uns fernen Ort und in einer entschleunigten Zeit. Mit einem feinen Gespür für Zwischentöne inszeniert er seine Figuren und ihr Tempo und entwickelt dabei seine behutsame Wucht. Die Beziehungen der Figuren zueinander lassen sich lange nur erspüren, bevor sie stückchenweise offengelegt werden und ihre Bedeutung entfalten. Dabei gelingt es dem Film, en passant andere gesellschaftliche Zusammenhänge aufzuzeigen, die sich im Verhältnis der Figuren etwa zu Geld, zu Schulden oder zur Gerichtsbarkeit niederschlagen. Und immer wieder zieht das Geräusch der Kampfdrohnen aus dem Off über die Köpfe der Figuren hinweg und erinnert uns an die Begrenztheit von Nachrichtenbildern. Ein politischer Film, der nicht laut werden muss – und gerade dadurch Hoffnung macht: durch seinen zarten, liebevollen Blick auf die Figuren und ihr Miteinander.“
Doch damit nicht genug für „The Village Next to Paradise“, der bereits den hochdotierten Thomas Pluch Drehbuchpreis gewonnen hat: Der Kameramann des Films, Mostafa El Kasheef, wurde nämlich ebenfalls ausgezeichnet und konnte sich über den Diagonale-Preis Bildgestaltung des Verbandes österreichischer Kameraleute AAC freuen. Und die Produktionsfirma, Freibeuter Film mit dem Duo Oliver Neumann und Sabine Moser, wurde mit dem mit 10.000 Euro dotierten Diagonale-Preis der VAM geehrt. Der zweite von der VAM – Verwertungsgesellschaft für audiovisuelle Medien vergebene Preis für eine herausragende Produktionsleistung ging an Ruth Beckermann für „Favoriten“, der die Diagonale 2024 eröffnete.
Den Dokumentarfilmwettbewerb gewann Lisa Polsters „Bürglkopf“, der im Januar beim Filmfestival Max-Ophüls-Preis Weltpremiere feierte. Ausgestattet ist diese Muskatnuss mit der gleichen Summe wie im Spielfilmwettbewerb. Hier argumentierte die Jury um Annett Busch, Stefan Neuberger und Christoph Schertenleib: „Der Blick auf die pittoreske Berglandschaft Tirols verändert und verfremdet sich mit jeder Einstellung, mit jedem Schnitt. Was für die einen Wandergebiet und Wochenend-Erholung ist, ist für die anderen Gefangenschaft. Oben auf dem Berg, in 1300 Metern Höhe, sind Menschen untergebracht, die auf der Flucht sind und auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten. Die Verweigerung der Drehgenehmigung bedingt die künstlerische Form. Lisa Polster lässt nicht locker, und es gelingt ihr, die Kontaktaufnahme mit einigen Männern vom Rückkehrzentrum Bürglkopf. Die offene Bildgestaltung setzt die Gespräche der Männer – die unter anderem aus Syrien, dem Irak, dem Sudan kommen – ins Verhältnis zum Hintergrund der alpinen Landschaft und darin den Fremdenverkehr und wiederum ins kommentierende Verhältnis der lokalen Bevölkerung. Diese profitiert auch davon und heuert nach Bedarf billige Arbeitskräfte an. So entsteht nach und nach ein Perspektivwechsel, ein komplexes Bild von österreichischer und europäischer Migrationspolitik, von Alltagsrassismus. Die Regisseurin Lisa Polster und ihre Kamerafrau Jasmin Schwendinger verschieben grundlegend den Begriff der schönen Aussicht.“
„Bürglkopf“ gewann sogar noch einen Preis, und zwar den Diagonale-Preis der Jugendjury als bester Nachwuchsfilm. Das Preisgeld über 4000 Euro, das ursprünglich bislang vom Land Steiermark kam, dann aber kurzfristig aufgrund der Streichungen im Kultursektor ausfiel, wurde aufgefangen von den beiden österreichischen Produktionsfirmen Prisma Film (2500 Euro) und Amour Fou Vienna (1500 Euro). Von AV-Professional gibt es zudem noch einen Wertgutschein in Höhe von 1500 Euro.
In den Wettbewerben Innovatives Kino bzw. Kurzfilm gewannen „Der tote Winkel der Wahrnehmung“ von Michael Gülzow bzw. „Night of Passage“ von Reza Rasouli (Kurzspielfilm) und „III“ von Josephine Ahnelt(Kurzdokumentarfilm).
Der Diagonale-Preis Schnitt des Filmeditor:innen Verbandes aea ging im Spielfilmbereich an Roland Stöttinger für seine Leistung in Kurdwin Ayubs „Mond“; im Dokumentarfilmbereich an Michael Palm für „Henry Fonda for President“, der unter der Regie von Alexander Horwath entstanden ist.
Während „The Village Next to Paradise“ für die Bildgestaltung im Spielfilmbereich ausgezeichnet wurde, ging der Kamera-Preis bei den Dokumentarfilmen an Serafin Spitzer und Serhiy „Stefan“ Stetsenko für „Dear Beautiful Beloved“ (Regie: Juri Rechinsky). Der Film von Juri Rechinsky wurde auch für das beste Sounddesign/Dokumentarfilm geehrt: Den mit 3000 Euro dotierten Preis, gestiftet von der VdFS – Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden, durften Mariia Nesterenko und Andrii Rogachoventgegennehmen. Im Bereich Sounddesign/Spielfilm wurde Benedikt Palier für „Bluish“ (Regie: Milena Czernovsky & Lilith Kraxner) geehrt.
Auch Evi Romens beachtlicher zweiter Spielfilm „Happyland“ kam zum Zuge und gewann den Diagonale-Preis Filmmusik der ACOM – Austrian Composers Association. Für die Musik zeichnet Dorit Chrysler verantwortlich. Aus dem Dokumentarfilmwettbewerb wurden in Sachen Musik Alicia Mendy und Baby Volcano für ihre Kompositionen in „Girls & Gods“ ausgezeichnet.
Im Gewerk Szenenbild und Kostümbild wurden die Leistungen von Klaudia Kiczak und Monika Buttinger für Alexandra Makarovás „Perla“ honoriert.
Die genderunabhängig vergebenen Diagonale-Schauspieler:innenpreise, mit 3000 Euro dotiert und von der VdFS gestiftet, gingen an Marie-Luise Stockinger“ für ihre Rolle in Ulrike Koflers „Gina“ und an Florentina Holzinger für ihre Rolle in Kurdwin Ayubs „Mond“.
Mit Preisgeldern von gesamt 130.000 Euro werden auf der Diagonale – Festival des österreichischen Films – die höchstdotierten Filmpreis in Österreich vergeben. Insgesamt waren dieses Jahr 113 Filme im Wettbewerb vertreten. Präsentiert wurden wie gewohnt Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme als auch der Innovative Film. Das Festival läuft noch bis 1. April und findet abends seinen Abschluss mit der Verleihung des Diagonale-Publikumspreises der Kleinen Zeitung.