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Torge Oelrich: „Comedy entsteht, wenn Figuren ernst genommen werden“


Der populäre YouTuber Torge Oelrich, noch besser bekannt als Freshtorge, legt jetzt schon die zweite Staffel seines Comedy-Formats „Einsame Herzen“ vor, das am 7. Februar in der ZDF-Mediathek startet. Was er am ZDF schätzt, wie er zum parodierten Reality-TV steht und was er selbst witzig findet, verrät er im Interview.

Torge Oelrich und Einsame Herzen
Comedian Torge Oelrich und sein ZDF-Format „Einsame Herzen“, das am 7. Februar in der ZDF-Mediathek und am 13. Februar bei ZDFneo startet (Credit: Viktor Strasse, ZDF/Andrea Kueppers)

Warum begibt sich ein so populärer YouTuber wie Sie mit Millionen von Followern freiwillig in das öffentlich-rechtliche System und macht schon die zweite Staffel des Comedy-Formats „Einsame Herzen“? Was bietet Ihnen das ZDF?

Torge Oelrich: Oh, vieles. Ich bin schon seit dem Jahr 2006 auf YouTube unterwegs und mache das auch sehr gerne. Aber mal mit einem großen Team zusammenzuarbeiten, war immer schon etwas, was ich machen wollte. Meine YouTube-Videos produziere ich zusammen mit meiner Schwester als Kamerafrau. Jetzt aber bei „Einsame Herzen“ eine richtige Geschichte zu entwickeln, ein bisschen mehr Budget und Man-Power dahinter zu haben und zum Beispiel auch mehr Zeit in die Maske investieren zu können, war etwas, was ich gerne ausprobieren wollte.

Wie stellte sich das dann in der Praxis dar?

Torge Oelrich: Zuerst war ich gespannt, wie das mit dem ZDF funktioniert, wenn auf einmal auch andere Menschen mitreden. Das kannte ich noch gar nicht. Aber das hat wirklich gut funktioniert. Ich war froh, dass sie mir viele Freiheiten ließen. Deswegen kam es auch zur zweiten Staffel, weil mir das beim ersten Mal schon gefiel.

Das ZDF verspricht sich durch Sie ein jüngeres Publikum. Haben Sie denn im Feedback festgestellt, dass Sie in der ZDF-Mediathek auch nochmal von einem neuen, vielleicht sogar älteren Publikum als Ihrer YouTube-Gemeinde entdeckt wurden?

Torge Oelrich: Nach der ersten Staffel habe ich das nicht gemerkt. Ich glaube eher, dass es andersherum ist und das ZDF viele jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer bekommen hat, weil ich für das Format auch auf meinen Kanälen Werbung machte. Es gleicht sich aber auch ganz gut aus. Mein Publikum ist schwerer zu definieren, weil ich immer noch Figuren wie Sandra habe, die eher für Kids und Teenager entstanden sind. Neue Figuren wie Susanne Nörgel bei „Einsame Herzen“ sind jetzt eher für ein älteres Publikum – damit meine ich ab 30 Jahre aufwärts. Es ist ein gutes Geben und Nehmen.

Einsame Herzen Staffel 2
Torge Oelrich (l.) als Love Coach Gesualdo mit Annie Hoffmann (Credit: ZDF/Andrea Kueppers)

Wie in Ihren YouTube-Videos spielen Sie aber immer noch alle Figuren vor der Kamera selbst. Macht das den Produktionsprozess bei einem Comedy-Format wie „Einsame Herzen“ leichter oder schwerer?

Torge Oelrich: Bei mir ist vor allem unglaublich viel Druck da, weil es im Krankheitsfall bei mir bedeutet, dass alle von der Produktion nach Hause fahren können. Es gibt keinen Plan B, dass man erst einmal mit den anderen Schauspielern dreht. Bei der zweiten Staffel gab es zwar keine Krankheitsfall. Aber es hätte ihn auch nicht geben dürfen. In der ersten Staffel war es noch spannender, weil das zu Corona-Test-Zeiten war. Damals reiste ich viel durch Deutschland und jeden Morgen war es dann ein Daumendrücken, dass der Test negativ ausfiel. Ich war jetzt auch in der zweiten Staffel immer fit. Aber das macht es auch psychisch schwieriger, weil es viel Druck und Text ist. Alle schauen auf dich. Wenn ich in die Maske muss, die teilweise zwei bis zweieinhalb Stunden dauert, sitzt das Team auch da und muss warten. Es war schon ein etwas anderes Drehen.

„Prinzipiell würde ich sagen, dass ich kein großer Fan von Reality-TV bin.“

Die Produktionsfirma hinter „Einsame Herzen“ ist Fabiola. Wie kam die Zusammenarbeit zu Stande und wie lief es jetzt in der zweiten Staffel?

Torge Oelrich: Schon bevor wir die „Einsamen Herzen“ zusammen gemacht haben, waren wir mit der Fabiola immer in Kontakt und machten kleinere Projekte. Oliver Fuchs und Ina Balint-Eck wollten schon länger etwas Größeres mit mir zusammenmachen. Gemeinsam entwickelten wir die Idee, gingen zum ZDF und wurden freundlich empfangen. Das ZDF hat viel, wenn nicht sogar fast nur Polit-Comedy, Kabarett und Satire. Meine Art des Humors ist doch eher unpolitisch. Die „Einsamen Herzen“ sind von der Humorfarbe sehr albern und sollen alle Menschen ansprechen – egal aus welcher Ecke sie kommen. Ich finde es auch wichtig, dass es so etwas bei den Öffentlich-Rechtlichen gibt.

Gute Parodien macht aus, dass der Parodierende zumindest ein bisschen Fan des Originals ist, auch wenn er die satirischen Momente sieht. Wie stehen Sie allgemein zum Genre Reality-TV, was „Einsame Herzen“ satirisch überhöht?

Torge Oelrich: Ich bin zwiegespalten. Einerseits habe ich manchmal Tage, an denen ich von der Arbeit komme, fertig und gestresst bin und abends noch nicht einschlafen kann. Dann eine gute Episode von Reality-TV zu schauen, hilft mir schon in ihrer Stupidität weiter, weil man einfach nicht viel nachdenken muss und gut abschalten kann. Das passiert aber relativ selten. Andererseits habe ich Momente, zum Beispiel bei einem Format wie „Sommerhaus der Stars“, wo ich mich selbst dabei erwische und mich frage, warum ich mir gerade etwas anschaue, wo Menschen so aufeinander losgehen. Es gibt sowieso schon so viel Ärger, Hass und Wut in der Welt. Prinzipiell würde ich sagen, dass ich kein großer Fan von Reality-TV bin.

Einsame Herzen Staffel 2
Torge Oelrich geht bei den neuen sechs Folgen dahin, wo es wehtut (Credit: ZDF/Andrea Kueppers)

Welche Reality-Formate zum Abschalten und Entspannen schauen Sie?

Torge Oelrich: Das sind dann hochwertiger produzierte Formate wie „Are You the One?“. Das schaue ich ganz gerne. Aber es ist schon eher selten, dass ich das mache.

In der ARD gab es vergangenes Jahr von den Kleinen Brüdern deren Reality-TV-Parodie „Player of Ibiza“ zu sehen. Haben Sie das geschaut?

Torge Oelrich: Ich habe „Player of Ibiza” zu großen Teilen geschaut. Ein Unterschied zu unseren „Einsamen Herzen“ ist, dass die „Player of Ibiza“-Macher vor allem das Format an sich parodiert haben, indem häufig die vierte Wand durchbrochen wurde und auch hinter den Kulissen die Redakteure gezeigt wurden. Das machen wir nicht. Wir haben die Reality sehr ernst genommen. Bei uns haben wiederum die Figuren, die wir in das Format gepackt haben, alle einen an der Klatsche.

Was findet Sie generell im deutschen und internationalen Comedy-Bereich witzig?

Torge Oelrich: Was mir manchmal an deutscher Comedy nicht so gefällt, ist, dass versucht wird, lustig zu spielen. Das kann der Fehler sein. Comedy entsteht dadurch, dass Figuren ernst genommen werden. Unser Türsteher Harald zum Beispiel ist nicht albern, sondern ganz ernst gespielt. Der Humor entsteht auch daraus, dass er sich so ernst nimmt und die Welt um sich herum nicht versteht. Schwieriger ist es, wenn alle witzig sein wollen. Das kann dann leicht ins Overacting kippen. Weniger ist manchmal mehr, sage ich aus meiner bescheidenen Position. Wenn man sich Leslie Nielsen im Komödienklassiker „Die nackte Kanone“ anschaut, dann spielt der das zu keiner Sekunde lustig, sondern er setzt die Anweisung um, einen knallharten Detective zu spielen. Daraus entsteht die Comedy. International schaue ich gerne Formate wie „Little Britain“, wovon es leider keine neuen Folgen mehr gibt und was heute wahrscheinlich auch gar nicht mehr so gemacht werden dürfte, wie es damals gemacht wurde. Aber die „Little Britain“-Macher nahmen ihre Rollen auch sehr ernst.

„Den Menschen fehlt etwas Geduld.“

Wie blicken Sie denn als YouTube-Urgestein auf die aktuellen Entwicklungen der Plattform? Haben Sie über die Jahre eine gewisse Distanz zu diesem Treiben entwickelt?

Torge Oelrich: Ich habe YouTube noch nie so krass verfolgt, dass ich immer sofort weiß, wer gerade gehypt ist. Gleichzeitig bin ich auch weit von den Menschen entfernt, die heute sagen: Früher war alles besser. Ein bisschen schade finde ich, dass es durch TikTok oder Instagram-Reels kaum noch die Zeit bei jüngeren Menschen gibt, eine Story aufzubauen. Den Menschen fehlt etwas Geduld. Sie können kaum noch abwarten, dass etwas in den Videos passiert. Durch das schnelle Scrollen muss in den ersten vier bis fünf Sekunden direkt etwas geschehen, damit die Leute dranbleiben. Ich erwische mich selbst beim Schreiben der Sketche dabei, dass ich denke, es müsste doch jetzt gleich schon was kommen, obwohl ich eigentlich den Gag gerne länger aufbauen würde. Das hat sich im Storytelling verändert. Ansonsten gibt es auf YouTube wie im Fernsehen die guten und die schlechten Sachen.

Sie sind auch der Mann hinter den „Kartoffelsalat“-Kinofilmen. Gibt es dort noch Ambitionen, dass es mal mit einem weiteren Kinoprojekt weitergehen könnte?

Torge Oelrich: Stand jetzt nicht. Das hängt aber auch mehr damit zusammen, dass Kino als Medium wahnsinnig schwierig geworden ist. Die Kids heute ins Kino zu bekommen, ist eine Herausforderung. Es funktionieren vielleicht noch bei ein oder zwei Filmen im Jahr wie „Chantal im Märchenland“, „Fack Ju Göhte“ oder demnächst auch vielleicht „Das Kanu des Manitu“. Aber dort einen Hype auszulösen, dass die Menschen aufstehen, ihr Haus verlassen, mittlerweile viel Geld für eine Kinokarte ausgeben und sich mit Freunden für den passenden Termin verabreden, ist für viele heute fast nicht mehr machbar. Deswegen vermute ich, dass alle längeren und aufwendigeren Projekte von mir jenseits der Kurzvideos eher im Streaming-Bereich passieren werden. „Einsame Herzen“ ist auch mehr für die ZDF-Mediathek als für das lineare Programm gedacht. Aber man soll auch nie nie sagen.

Das Interview führte Michael Müller