Das US-Branchendienst Deadline hat dem btf-Geschäftsführer Philipp Käßbohrer am Mittwoch den German TV Disruptor Award beim Seriencamp verliehen. In seiner Karriere sei es immer wichtig gewesen, die richtigen Partner zu finden, um mutige Projekte umsetzen zu können.

Am Mittwoch hat der bildundtonfabrik-Geschäftsführer Philipp Käßbohrer vom US-Branchendienst Deadline den German TV Disruptor Award auf dem Seriencamp Festival in Köln überreicht bekommen. Mit diesem Preis zeichnet Deadline die mutigsten und unkonventionellsten deutschen Serienschaffenden aus. Bislang war die Drehbuchautorin Annette Hess die einzige Preisträgerin.
Käßbohrer, der als schreibender und auch Regie führender Produzent unter anderem mit btf-Partner Matthias Murmann für Projekte wie die Netflix-Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“, die ZDF-Doku-Serie „FC Hollywood“ oder der Disney+-Serie „Pauline“ steht, hat sich selbst früher nie als Künstler gesehen, als er Film in Köln studierte.
„Wir wollten Fernsehen machen, was anders war“, sagte er zu den ersten erfolgreichen Gehversuchen der btf. „Eine Talkshow, die keine Talkshow war. Dafür fanden wir den Partner ZDF Kultur. Plötzlich gewannen wir damit Preise wie den Deutschen Fernsehpreis“, erzählt Käßbohrer. Die Türen im Fiction-Bereich blieben aber verschlossen, weil die Entscheider nicht verstanden, warum eine Firma aus der Non-Fiction in die Fiction wechseln wollte.
Neuer Player Netflix öffnet Türen
Dann kam aber der neue Player Netflix auf den Markt. „Sie wollten Formate anders angehen. Es geht immer darum, auch Partner zu finden, um disruptiv sein zu können“, sagte Käßbohrer auf der Bühne des Kölner Cinenova im Gespräch mit Stewart Clarke von Deadline.
Netflix sagte, dass es kein Rezept für die richtige Serie gebe. Das sei als Vorgabe interessant, aber auch ein bisschen beängstigend gewesen. „Wir wussten, dass wir eine gute Serie machen mussten. Dann würde Netflix auch ein Publikum dafür finden. Sie gingen mit uns zusammen ins Unbekannte und vertrauten unseren Instinkten.“
Das Team steht über allem
Ein Disruptor oder Störenfried könne man nicht allein sein, dafür braucht es ein Team. Ansonsten sei man nur ein nerviges Kind wie in einer Schulklasse. Käßbohrer und sein Team wurde damals bei „Hot to Sell Drugs Online (Fast)“ stark von Online- und Musikvideos inspiriert. Die Prämisse sei „Breaking Bad“ meets „Silicon Valley“ gewesen. „Im Prozess fanden wir aber heraus, dass es eher um den Coming-of-Age-Aspekt geht und einen Platz in der Welt zu finden. Unser Claim war, die Kinder zu unterhalten und die Eltern zu verschrecken.“
Die btf seien anfangs nur sieben Studenten von der Kölner Kunsthochschule gewesen, die gerne Videos zusammenmachten. Sein Co-Geschäftsführer Matthias Murmann sei immer ein großer Aspekt bei der visuellen Gestaltung der Serien gewesen, weil er auch die Postproduktion mache. „Die Firma gehört immer noch uns beiden, obwohl wir mittlerweile mehr als 100 Mitarbeitende haben“, sagte Käßbohrer.
Durchaus spürbarer Druck in der Branche
Aktuell fühle die Firma durchaus den Druck, unabhängig bleiben zu können. In einem Markt, wo es weniger Geld gebe und die großen Sender tendenziell eher die Aufträge ihren eigenen Tochterfirmen geben, sei es nicht so einfach. Aber er glaubt zum Beispiel daran, dass Künstliche Intelligenz zukünftig die Arbeitsprozesse einfacher machen werde.
„Wir sehen nicht nur, dass es weniger Geld gibt, sondern auch dass weniger Risiko eingegangen wird“, schätzte Käßbohrer die aktuelle Marktsituation aus Produzentensicht ein. Vielleicht seien die Player früher aber auch zu viel Risiko eingegangen, als sie 40 Millionen Euro teure Serie machten, die dann nicht funktionierten. „Aber es wird immer unser USP sein, ein Risk Taker zu sein“, schloss Käßbohrer.
Aus Köln berichtet Michael Müller.