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Alexander Payne bei der Eröffnungs-PK in Venedig: „I’m in Heaven!“


Bei der Eröffnungspressekonferenz der 82. Mostra stellte Alberto Barbera die Jury vor. Die meisten Fragen gingen an Jury-Präsident Alexander Payne, der seine Gefühle gegenüber der anstehenden Aufgabe sehr sympathisch kurz und bündig als „I’m in Heaven“ formulierte.

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Alexander Payne, Alberto Barbera, Julia Ducournau (Credit: THE SPOT)

Bei der Eröffnungspressekonferenz zur 82. Ausgabe der internationalen Filmfestspiele von Venedig begrüßte Festival-Chef Alberto Barbera die Präsidenten der Jurys: Alexander Payne, der der Jury des Hauptwettbewerbs vorsitzt, Julia Ducournau, Orizzonti-Präsidentin, Charlotte Wells, die mit einer Jury über den „Luigi de Laurentiis“-Award für den besten Debütfilm bestimmt, und Tommaso Santambrogio, der Venice Classic präsidiert. Die meisten Fragen wurden Alexander Payne gestellt. Die erste galt seiner engen Verbindung mit dem Festival, die er gar nicht hat, wie er korrigierte: „Ich habe keine enge Verbindung mit dem Festival. Ich war hier nur ein einziges Mal, vor acht Jahren, für 36 Stunden. Mit ,Downsizing’ 2017. Meine erste starke Erfahrung wird nun erst die diesjährige werden, als Jury-Präsident. Weil ich nun die Ehre habe, das Festival vom ersten bis zum letzten Tag mitzuerleben. Ich bin super happy und ich fühle mich sehr geehrt.“ Er sei jetzt schon total geflasht. „Ich wurde in den letzten Wochen oft gefragt: Und, wie gehst du diese Aufgabe an? Was sagst du dazu? Wie fühlst du dich, Teil des Festivals zu sein?… Ich konnte das noch gar nicht richtig beantworten. Außer mit Floskeln wie: Es ist eine große Ehre, ein Vergnügen etc…“ Was es bedeute, habe er erst gestern kapiert, als er mit dem Wassertaxi in sein schönes Hotel gefahren worden sei und am Abend dann neben Francis Ford Coppola eine restaurierte Fassung eines Stummfilmklassikers angeschaut hat. „Hey, ich darf hier Wahnsinnsfilme schauen, Filme, die ich noch nicht kenne, umgeben von von mir respektierten Jury-Kolleg:innen. Das einzig harte wird sein, sich zu entscheiden, am Ende die Gewinner bestimmen. Aber das knobeln wir schon noch aus. Ich fühle mich einfach nur wie im Himmel.“

Es sei sowieso immer die große Frage, wie man Kunst beurteilt, so Payne weiter. „Aber das tut nichts zur Sache, denn hier wird Kino einfach nur gefeiert.“ Auf politische Fragen ließ sich der amerikanische Regisseur nicht ein. Auch nicht auf die Frage, wie er die politische Weltlage in den Filmen gespiegelt sehe. Mehrere Journalisten versuchten, explizit seine Haltung zum Gaza-Krieg zu erfragen. „Die Welt-Frage ist eine Frage für den Festivalchef Alberto. Er hat 1000 Filme geschaut. Festivaldirektoren haben ihren Finger am Puls, nicht nur am Puls des Kinos, sondern der Kultur und dadurch der Politik, weil sich durch die Kultur auch immer die Politik spiegelt. Auf Fragen zum Gaza-Krieg bin ich nicht vorbereitet. Ich bin hier, um über Kino zu reden, nicht für politische Äußerungen. Da muss ich erst drüber nachdenken.“

Eine große Gruppe von überwiegend italienischen Filmschaffenden, darunter Marco Bellocchio, Matteo Garrone und Alice Rohrwacher, hat einen Appell an die Filmfestspiele von Venedig gerichtet, eine aktivere pro-palästinensische Haltung einzunehmen. Die Biennale bzw. das Festival bezog dazu auch Stellung, die Alberto Barbera in der PK wiederholte: Die Biennale und das Festival waren stets Orte der offenen Diskussion und Sensibilität für alle drängenden Fragen, mit denen die Gesellschaft und die Welt konfrontiert sind.“ In der PK sagte Barbera auf italienisch, dass das Festival „nicht gezögert“ habe, sich gegen das Leid in Palästina auszusprechen, insbesondere angesichts des Todes von Zivilisten und vor allem von Kindern. Er sagte auch, dass jeder beim Festival willkommen sei und niemand von der Teilnahme ausgeschlossen worden sei.

Die Frage nach der Rolle von Kino heute, danach, was einen Film heute relevant macht, begrüßte Payne wieder sehr. „Das ist eine großartige Frage. Alberto, was macht einen Film relevant?“, gab er die Frage scherzhaft seinem Sitznachbarn weiter. „Die Antwort würde Bände füllen. Was ist der Imact von Filmen aus der Geschichte heraus betrachtet? Ich weiß es nicht. Kann ein Kinofilm wirklich die Gesellschaft ändern? Die Kultur? Ich weiß es nicht. Ich bezweifle es. Aber, wenn wir Filme machen, die für ihre Entstehungszeit relevant sind, können wir ein Dokument hinterlassen. Haben ,Sein oder nicht sein’ von Lubitsch oder Chaplins ,Der große Diktator’ den Zweiten Weltkrieg oder den Holocaust verhindert? Nein. Aber sie haben Dokumente geschaffen, die belegen, dass sich die Menschen damals ernsthaft mit diesen weltpolitischen Themen befasst haben. Filme können die Welt nicht verändern, aber sie können wichtige Dokumente sein, die etwas über die jeweilige Zeit, in der sie entstanden sind, erzählen.“ 

Spannend wird sein, nach was die Jurys beim 82. Venedig Film Festival suchen. Welches Rezept verfolgen die Präsidenten der diesjährigen Jurys? Die französische Filmemacherin Julia Ducournau, die die Orizzoni-Jury anführt, sagt: „Mein Ansatz ist: Erwarte nichts! Für mich ist es am besten, total offen zu sein, alles aufsaugen. Das ist der beste Weg für mich. Ohne Ewartungen in die Filme gehen, sich überraschen lassen.“ Dem stimmte Charlotte Wells zu. Die schottische Filmemacherin entscheidet über den besten Debütfilm im Programm. „Ich versuche auch, so blank wie möglich in die Screenings zu gehen. Es sind ja alles Debüts und ich bin gespannt, wer in welcher Form Risiken eingegangen ist. Ich lasse mich vom Ausdruck überraschen.“

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Eröffnungs-PK der 82. Mostra in Venedig: Alberto Barbera (m.) und die Jury (Credit: THE SPOT)

Und Alexander Payne sagte zum Schluss: „Wir wurden für diese Aufgabe ausgewählt, weil wir in der Branche arbeiten, unseren Job offenbar ganz gut machen und uns mit Kino ganz gut auskennen. Aber, das sage ich allen: Jeder von uns sollte so reingehen, als hätte er noch nie einen Film gesehen. Ich sehe jeden der ausgewählten Filme als kleines Wunder an. Und freue mich auf alle.“

Aus Venedig berichtet Barbara Schuster.