Was sich – ausreichend Mittel vorausgesetzt – im Kinobereich so auf die Beine stellen lässt, stand ganz im Fokus eines Baden-Badener ICTA-Panels, bei dem ein Blick auf mehrere Leuchtturmprojekte der jüngeren Vergangenheit geworfen wurde. Die teils sehr unterschiedlich aufgestellt sein mögen, die aber eines eint: Höchste Ansprüche bedienen zu können.

Sogenannte Leuchtturmprojekte – also solche, die über die Region hinaus strahlen, die Wegweiser in die Zukunft sind, die sich auf höchstem Niveau abspielen – ließen sich in den vergangenen Monaten erfreulich viele feiern. Projekte, die stellvertretend für das stehen, was den Kinounternehmen immer und immer wieder bescheinigt wird: absoluter Investitionswille. Selbstverständlich gilt es im Hinterkopf zu behalten, dass etliche der entsprechenden Entscheidungen viele Jahre im Voraus und damit in weniger herausfordernden Zeiten getroffen wurden – im Fall des Kinopolis HafenCity etwa war es das historische Rekordjahr 2015. Umso wichtiger sind Unterfangen, die Zeugnis vom Glauben an die Zukunft des Kinos ablegen aber in Zeiten, in denen sich Negativschlagzeilen wieder häufen. Wegen schwacher Zahlen ebenso wie aufgrund diverser Kinoschließungen innerhalb des vergangenen Jahres. Schön, dass just heute eine Wiedereröffnung nach einem etwa einjährigen Dornröschenschlaf gefeiert werden konnte.
Bei der KINO 2025 jedenfalls waren es zwei Neubauten – neben dem bereits erwähnten Kinopolis HafenCity das EMOTION Kino Monheim – und zwei von umfangreichen Modernisierungen begleitete Übernahmen (Blaue Brücke und Museum in Tübingen), die bei einem Panel der ICTA im Rampenlicht standen. Ein Schaulaufen der Preisträger, könnte man sagen: Für die Tübinger Kinos erhielten Carsten Schuffert und Robert Weihing in Baden-Baden den ICTA Presentation Excellence Award, bei der CineEurope in Barcelona wird das EMOTION Kino von der ICTA als bester Neubau ausgezeichnet werden – und wo das Kinopolis HafenCity für eine Berücksichtigung in dieser Kategorie erst ein paar Wochen zu spät an den Start gehen konnte, darf sich Kinopolis doch umso mehr über den „Milestone Award“ der Messe selbst freuen.
Selbstverständlich hatte SPOT über alle drei hier genannten Projekte bereits mehrfach ausführlich berichtet, insofern sei für den Großteil des Programmpunkts, in dem die Projekte vorgestellt wurden, weitgehend auf die Verlinkungen hier im Text verwiesen.
Ein anregender Austausch war es unter der Moderation von Seneit Debese (Greta & Starks) und Andreas Stier (OneCinema) aber allemal, zumal vor allem Gregory Theile nach ein paar zusätzlichen Wochen Betrieb in Hamburg noch Neues aus der Praxis berichten konnte. Dazu zählt nicht zuletzt die Tatsache, dass seit der Eröffnung im April nur rund acht Prozent der Tickets an einer Ticketkasse gelöst wurden. Klingt erstaunlicher, als es letztlich vielleicht ist – denn tatsächlich verfügt das Haus über keine dedizierte Ticketkassen, sondern „nur“ über Kombikassen, unter anderem an der Golden Sea Bar, die den Platz eines ursprünglich angedachten Kassenbereichs einnahm. Der Rest läuft online (72 Prozent) oder über einen der Automaten (20 Prozent), an denen auch Bons für Getränke und Snacks erworben werden können.
Dass überhaupt die Möglichkeit des Ticketkaufs an einer „regulären“ Kasse besteht, habe man den Gästen förmlich vergessen, mitzuteilen – jetzt wolle man das auch nicht mehr nachholen, nachdem sich die Prozesse eingependelt hätten.
Etwas unglücklich war leider die Frage an Theile formuliert, was er von den bei der CinemaCon von Studioseite (!) erhobenen Forderungen nach Preissenkungen halte. Kurz gesagt: Gar nichts. Allerdings zielte die zitierte Forderung auch in keiner Weise darauf ab, Preise durch die Bank zu senken oder Spitzenpreise zu kappen. Sondern einzig und allein darauf, mehr Anreize (etwa über einen zusätzlichen Kinotag) zu setzen. Das ist allerdings eine gänzlich andere Debatte – und womöglich nicht die sinnloseste.
Eine echte Belastungsprobe hat das Hamburger Kinopolis-Team auch mit den zunächst wiederholt aufgetretenen (mittlerweile aber offenbar in den Griff bekommenen) Fehlalarmen des Feuermeldesystems durchgestanden. Denn diese Handvoll an Alarmen erforderte jedes Mal die Räumung des Kinos – obwohl die Ursache in keinem einzigen Fall dort zu suchen war. Heftigen Meinungsäußerungen via Google-Bewertung begegnete man unter anderem, indem man jeden einzelnen Post ausführlich beantwortete. Eine Aufgabe, für die man glücklicherweise das Social-Media-Team des Westfield Überseequartiers zusätzlich an der Seite wusste.
Einig war man sich in der Kinorunde darüber, dass die Vielfalt des Angebots ein wichtiger Schlüssel zum Publikum ist, dies unterstrichen vor allem Gregory Theile und Julian Rüttgers, die dies in ihren neuen Häusern mustergültig vorleben. Was Sie rückblickend womöglich anders gemacht hätten bzw. künftig noch adressieren werden? „Mehr Recliner einbauen“, so Rüttgers; „Laufwege optimieren“, so Theile. Was letzterer mit unbegrenztem Budget gemacht hätte? „Alles an PLF-Formaten anbieten, was geht.“
Schuffert unterdessen hat schon die nächste Investition im Blick: Eine 600 Quadratmeter große Photovoltaik-Anlage, mit der sich perspektivisch rund die Hälfte des Energieverbrauchs in der Blauen Brücke abdecken lasse. Ein entscheidender Schritt hin zum Ziel, autark zu werden. Überhaupt spielt der Umgang mit Energie eine ganz erhebliche Rolle in seinen Häusern, in denen unzählige Prozesse vollautomatisiert laufen und Energie nur dann verbraucht wird, wenn es nötig ist.
Wieso er gemeinsam mit Robert Weihing wiederum so viel eigene Energie in die Rettung der Tübinger Standorte gesteckt habe? „Es war für uns schlicht nicht denkbar, dass es mit den Kinos den Bach runtergeht!“ Eine Einstellung, die nicht zuletzt die ICTA beeindruckte.