Die Internationalen Hofer Filmtage locken mit einem tollen Filmangebot, das sich auszeichnet durch Individualität und das Ungewöhnliche, das Grenzen testet und überschreitet, das nicht gefallsüchtig ist. Und das Spaß macht mit einem Mix aus bekannten Namen und Entdeckungen.
Das Drumherum, das Ambiente, die Atmosphäre sind wichtig für ein Festival, für die DNS, für seine Identität, sein inneres Verständnis von sich selbst. Aber was ist ein Gerippe, ein Gerüst, wenn man nicht ordentlich Fleisch draufpackt? Ein Restaurant kann einen noch so tollen Service bieten, wenn die Gerichte nicht stimmen, schmeckt es nicht. All das ist eine komplizierte Weise zu sagen: Auf die Filme kommt es an. Damit steht und fällt ein Festival. Damit stehen und fallen die Hofer Filmtage. Und deshalb lohnt es sich auch in diesem Jahr, wieder nach Hof zu reisen. Weil wie immer ein spannendes, reizvolles und vor allem individuelles Programm zusammengestellt wurde von Thorsten Schaumann und seinem Team, das eben genau nicht alle die Titel enthält, die man vorher schon auf anderen Festivals entdecken konnte. Dafür aber unter dem Motto „Good things happen in cinema“ ein kluger Mix aus bekannten Namen und Entdeckungen ist.
Als da wären Hof-Favorites wie Rosa von Praunheim („30 Jahre an der Peitsche“) und Dominik Graf („Jenseits des Rechts“) oder die großartige Julie Delpy mit ihrem neuen Werk „Meet the Barbarians“ mit ihr selbst und Sandrine Khiberlain in den Hauptrollen, ein superaktueller Blick auf eine Gemeinde in der Bretagne, die sich gegen staatliche Unterstützung darauf einigt, ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen – und dann mit syrischen Refugees konfrontiert wird. Oder „Porträt einer jungen Frau in Flammen“-Darstellerin Noëmie Merlant, die ein aufsehenerregendes Regiedebüt abliefert mit „The Balconettes“ über eine superheiße Nacht in Marseille – eine filmische Kampfansage, wenn es jemals eine gegeben habt. Ebenfalls kämpferisch: Maya Kenig mit „The Milky Way“. Überhaupt tolle Filmemacherinnen: Die Schweizer Regisseurin Léa Pool stellt „Hôtel Silence“ vor, Daniela Porto hat mit Cristiano Bortone „My Place Is Here“ mit den italienischen Stars Ludovica Martin und Marco Leonardi realisiert. Und Bérénice Bejo ist gewohnt toll in „Mexico 86“ von Cesar Diaz.
Man wird auch gefordert in Hof. Von dem Filmkünstler Ludwig Wüst mit „#Love“ beispielsweise oder dem ersten Film des wtp-Kollektivs ohne Roland Reber, „Überall gibt es ein Hausen“. Der fantastische finnische Filmemacher Juho Kuosmanen („Der glücklichste Tag im Leben des Olli Maki“, „Abteil Nr. 6“) hat einen Stummfilm gemacht, „Silent Trilogy“ (was wohl so viel heißt, dass hier drei Worte weniger gesprochen werden als in seinen bisherigen Arbeiten). Dazu kommt noch eine tolle Entdeckung, der erste Film von Agathe und Adam Bonitzer, die Kinder von Pascale Bonitzer: Gemeinsam haben sie „This Life of Mine“, mit ihrer Mutter Sophie Fillières gedreht – und dann nach ihrem Tod fertiggestellt.
Dazu gibt es deutsche Starpower, wie man es gewohnt ist vom „Home Of Films“, das sich stets auch als Sprungbrett für deutsche Talente verstanden hat und diese Tradition fortsetzt mit beispielsweise Jurij Saules „Martin liest den Koran“ mit Ulrich Tukur sowie Benjamin Pfohls „Jupiter“ mit Laura Tonke, Ulrich Matthes und Andreas Döhler.
Und dass sich Hof immer auch richtig was traut, haben Thorsten Schaumann und Co. ja schon gezeigt mit der Wahl des Eröffnungsfilms, des Dokumentarfilms „Zeppelin oben rechts“ von Olli Duerr, der sieben körperlich, psychisch und geistig gehandicapte Menschen im Atelier23 der Lebenshilfe Gießen drei Jahre lang begleitet und dabei den künstlerischen Prozess vom ersten Strich bis hin zur Ausstellung in der Galerie23 dokumentiert hat.
Spotlight:
Internationale Hofer Filmtage
Die Internationalen Hofer Filmtage, gegründet 1967, sind eines der bedeutendsten Filmfestivals in Deutschland. Filmemacher wie Maren Ade, Tom Tykwer, Caroline Link, Wim Wenders, Jim Jarmusch, Werner Herzog sowie Peter Jackson haben hier ihre Premieren gefeiert und von Hof aus die Filmwelt erobert. Damit gelten die Hofer Filmtage als das Festival der Neuentdeckungen. In sechs Tagen werden rund 130 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme gezeigt. Eine Besonderheit dabei die Kombination aus Kurz- und Langfilm in einer Vorführung. www.hofer-filmtage.com