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REVIEW FESTIVAL: „Motel Destino“

Verschwitzte Neo-Noir-Variante aus Brasilien, wo ein junger Mann auf der Flucht vor Verfolgern in ein Stundenmotel flüchtet und dort eine Affäre mit der Frau des Besitzers beginnt.

CREDITS:
Land / Jahr: Brasilien, Frankreich, Deutschland 2024; Laufzeit: 115 Minuten; Regie: Karim Aïnouz; Drehbuch: Wislan Esemeraldo, Karim Aïnouz, Maurício Zacharias; Besetzung: Iago Xavier, Nataly Rocha, Fabio Assunção

REVIEW:
Immerhin bleibt sich Karim Aïnouz treu mit seinen Filmen im Wettbewerb von Cannes: Nachdem vor einem Jahr sein „Firebrand“, ein revisionistischer Historienfilm mit Alicia Vikander und Jude Law, schon zu den Enttäuschungen des Jahrgangs zählte, bleibt auch seine Folgearbeit „Motel Destino“ deutlich hinter den Möglichkeiten zurück, die er 2019 mit seinem endgültigen Durchbruch mit dem Un-Certain-Regard-Gewinner „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmao“ angedeutet hat, ein Versprechen, das noch unerfüllt bleibt. Dabei ist der Brasilianer in heimisches Terrain zurückgekehrt, an die Nordostküste Brasiliens, wo sich eine verschwitzte Dreiecksgeschichte als Neo Noir entfaltet, die nicht gut ausgehen kann und nicht gut ausgehen wird. 

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Karim Aïnouz’ „Motel Destino“ (Credit: Santoro)

Dabei tut man sich schwer, die Hauptfigur Heraldo als Sympathieträger der Geschichte zu identifizieren. Gleich zu Beginn verschläft der 21-Jährige nach einem Schäferstündchen in dem neonfarbenen Billigstundenhotel ein wichtiges Treffen mit seinem älteren Bruder, der, um eine Schuld zu begleichen, einen Job für eine Gangsterchefin zu erledigen hat, der für „zwei Männer“ gedacht ist, den Bruder allein aber das Leben kostet. Fortan ist Heraldo on the run. Und flieht erst einmal zurück ins Motel Destino, wo er untertauchen will und sich erst einmal nützlich machen muss, um dort bleiben zu dürfen. Das Motel wird mit eiserner Faust regiert von dem dominanten Elias, der aussieht wie eine Mischung aus Mickey Rourke und Brad Pitt und unter dessen Fuchtel auch seine Ehefrau Dayana steht, was sie nicht davon abhält, in entlegenen Ecken des Anwesens, wo keine Kameras mitfilmen, eine Affäre mit Heraldo zu beginnen. 

Es ist schwer, im Motel Destino nicht an Sex zu denken. Es ist heiß, schwül und schwitzig. Im Hintergrund hört man unentwegt Stöhnen, Ächzen und Lustschreie, wobei nicht immer ganz klar ist, ob sie von den in den Zimmern laufenden Pornos kommen oder von den Gästen, die Elias immer wieder gerne mal beobachtet. Im Hof sieht man zwei Esel beim Liebesspiel, das ganz schön ruppig ist, mit Beißen, Besteigen und Ausschlagen, und im Grunde vorgibt, um was es in diesem Film geht. Ein unentwegtes Machtspiel entfaltet sich in diesem sehr körperlichen, sehr sinnlichen Erotikdreieck, wie man es aus der Literatur von James M. Cain oder vielleicht auch Jim Thompson kennt. Nur dass hier der Bundesstaat Ceará mit seinen endlosen Stränden wie eine weitere Hauptfigur agiert und dem sich entfaltenden Szenario mit unausweichlich gewaltsamem Ausgang einen ganz eigenen Anstrich gibt: Wie bei den bizarren Sexspielen im Motel, ist hier nur die Frage, wer letztlich obenauf sein wird. 

Thomas Schultze