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Schauspieler Christian Friedel: „Der Unterhaltungsfaktor ist sehr wichtig“


Schauspieler Christian Friedel ist Moderator der diesjährigen Gala des Deutschen Filmpreis am 9. Mai. Welche Gedanken er sich darüber gemacht hat, erzählt er im Interview.

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Christian Friedel (Credit: Clemens Porikys)

Es gibt sicher Kandidat:innen, die bei der ­Anfrage, ob sie die Moderation des Deutschen Filmpreises übernehmen wollen, zögerlich sind. Sie haben offenbar sehr schnell, quasi ­sofort, „Ja“ gesagt. Sind Sie immer so ent­scheidungsfreudig?

Christian Friedel: Das stimmt. Ich habe sehr schnell zugesagt. Wenn sich bei mir ein Impuls einstellt, dass ich merke, ich habe Bock auf eine Sache, gebe ich mir gar nicht groß Bedenkzeit, um genau zu überlegen, was da alles auf einen zukommt, was da eventuell für ein Rattenschwanz dranhängt. Das merke ich erst später. Diesen Impuls hatte ich bei der Anfrage. Jetzt habe ich mir diesen Job eingebrockt und jetzt ziehe ich ihn auch durch.

Dann kommen irgendwann sicherlich die vielen Gedanken. Sie sind ja nicht nur der Moderator, der was vorliest, Sie gestalten ja den Abend mit. Und bei einer Awardsgala ist der Unterhaltungsfaktor das A und O.

Christian Friedel: Der Unterhaltungsfaktor ist sehr wichtig. Es ist ja eine Fernsehshow, die gewisse Gesetzmäßigkeiten hat. Wir können das Rad nicht neu erfinden. Es gibt Dinge, die man bei einer Verleihung erwartet. Dadurch, dass ich meine Band Woods of Birnam dabei habe, wird der Abend sehr musikalisch sein. Es gibt mehr Musikeinsätze als nur ein eventuelles Opening. Es ist auch die Frage, ob es überhaupt ein klassisches Opening gibt, oder ob wir uns was anderes einfallen lassen. Wir versuchen, musikalisch einen Rhythmus zu finden. Bei so vielen Gewinner-Kategorien ist eine gewisse Länge da, aber wir versuchen das so hinzubekommen, dass es kurzweilig ist. Wenn ich im Theater Regie führe, bin ich ein sehr visueller Regisseur. Ich verbinde gerne unterschiedliche Medien wie Licht, Video, Schauspiel, Musik und Tonkollagen. Das versuche ich auch bei der Filmpreis-Verleihung ein wenig zu übernehmen, immer mit dem Bewusstsein, dass es eine Fernsehsendung ist.

„Wir wollen den Leuten das Gefühl geben, dass sie hier einen guten Abend haben, und dass der auch Spaß macht.“

Die Idee mit Ihrer Band war sicher von Anfang an Teil des Plans.

Christian Friedel: Ja! Die Band war mir wichtig. Ich werde sicher aufgeregt sein, weil das etwas ist, was ich nicht täglich mache. Da hilft mir meine Band, aber auch die Musik, die von uns kommt, dabeizuhaben. Eine Umgebung, die mir eine Sicherheit gibt.

Es ist immer lustig, wenn man hört, dass ­Schauspieler auf der Bühne aufgeregt sind. Das Auf-der-Bühne-Stehen gehört ja zum Beruf, auch wenn man sich als Moderator natürlich nicht unbedingt hinter einer Figur verstecken kann…

Christian Friedel: Genau. Es ist, wie wenn man auf einer privaten Familienfeier etwas darbietet. Das ist das Schlimmste und Schwierigste, was man machen kann. Es wird immer vorausgesetzt: Du bist doch Schauspieler, kannst ja mal ein Gedicht aufsagen oder ein Lied singen. Hab‘ dich mal nicht so. Es ist einfach etwas anderes. Wenn man im Theater oder im Film eine Figur spielt, für die man den Text auch nicht geschrieben hat und wo du weißt, dass das eine Abstraktion ist und du auch nicht für alles verantwortlich bist, ist völlig anders, als wenn du als du selbst wahrgenommen wirst. Da habe ich schon mit Unsicherheiten zu kämpfen, weil Moderation etwas ist, was ich nicht täglich mache. Ich habe mir sehr viele Filmpreisverleihungen als Analyse angeguckt und festgestellt, dass die Leute einfach gerne überrascht und gut unterhalten werden wollen. Dann fängt es nämlich an, auf beiden Seiten locker zu werden. Das ist wie bei einer Party, wo zunächst alle steif um einen Tisch sitzen, bis einer einen Gag macht und alle lachen. Dann ist der Knoten geplatzt. Und bei einer Awardsshow muss dieser Knoten bereits am Anfang platzen. Wir wollen den Leuten das Gefühl geben, dass sie hier einen guten Abend haben, und dass der auch Spaß macht, wenn man keinen Preis gewinnt. Das gibt mir dann wiederum das Vertrauen zu wissen, dass es auch ein Publikum ist und nicht nur Leute, die ich kenne.

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Die LOLA fest im Arm: Christian Friedel (Credit: Clemens Porikys)

Der Deutsche Filmpreis feiert das deutsche Kino. Wenn Sie auf die Palette an nominierten Filmen blicken: Wofür steht das deutsche Kino im Jahr 2025?

Christian Friedel: Es zeichnet ein sehr politisches Bild. Selbst bei den Kinderfilmen hat man zwei Filme, die sich für Tierschutz einsetzen. Auch bei den Spiel- und Dokumentarfilmen überwiegen politische Themen. Es sind zum Großteil ernste Thematiken, was ich manchmal auch ein wenig schade finde. Wenn man nämlich die komplette Auswahl der Filme, die eingereicht wurden, ansieht, hätte ich mir gewünscht, dass auch mal ein Film der zB an den Kinokassen erfolgreich ist, der gutes Entertainment ist, mehr gesehen und gewertschätzt werden könnte. Das heißt nicht, dass ich die nominierten Filme nicht spannend finde. Aber es ist schon eine große Ernsthaftigkeit zu spüren, was wahrscheinlich auch der Zeit, in der sie herauskommen, geschuldet ist.

Dass die großen Unterhaltungsfilme eher selten Chancen haben beim Deutschen Filmpreis, ist ja bei manchen Branchenmitgliedern schon öfter kritisiert worden.

Christian Friedel: Das bekommen die Oscars besser hin. Dort stehen Blockbuster und Arthousekino eher nebeneinander. Film ist nicht nur Arthouse. Gute Unterhaltung zu machen ist genauso schwer. Das könnte mehr gewürdigt werden. Aber die Abstimmung beim Deutschen Filmpreis folgt einem demokratischen Prinzip. Und das ist auch gut so. Das führt dann auch zu Doppelnominierungen, die man auch kritisch sehen könnte.

Wie wichtig ist eine Institution wie die Deutsche Filmakademie?

Christian Friedel: Jetzt wo ich auch hinter die Kulissen gucken kann und erlebe, wie kompliziert es ist, einen Filmpreis als Verleihung hinzustellen und wie komplex es ist, dass jedes Gewerk sichtbar sein möchte, würde ich sagen, eine Institution wie die Deutsche Filmakademie müsste noch viel mehr gestärkt werden. Sie gibt den Filmschaffenden ein Zuhause, in dem man offen diskutieren kann, das weiterfördert und mit Kraft nach außen strahlt. Das ist in unseren Zeiten sehr wichtig. Ich sehe das in den USA mit Verbänden wie der SAG-AFTRA. Die schützen einen, geben dem Berufstand Sicherheit und Sichtbarkeit. Wenn man bedenkt, dass der deutsche Film international mithalten will, braucht es jemanden wie die Filmakademie, die genau das mitfördert und einem Selbstbewusstsein gibt.

„Bei ,White Lotus‘ war das Schöne, dass man merkt, dass die auch nur mit Wasser kochen.“

Ein Blick auf Ihre Karriere, die ja seit „The Zone of Interest“ international abhebt, darf nicht fehlen. Und als großer „White Lotus“-Fan muss ich fragen, was das für eine Erfahrung war.

Christian Friedel: Ich habe mir immer so sehr gewünscht, Filme drehen zu dürfen und war bereits Ende 20, als „Das weiße Band“ kam. Seitdem sind so viele tolle Sachen passiert, aber zum Glück ging es nie von Null auf Hundert. Die Dinge haben sich peu à peu entwickelt und dafür bin ich dankbar. Je älter ich werde, desto mehr kann ich auch genießen, was jetzt alles passiert. Bei „White Lotus“ war das Schöne, dass man merkt, dass die auch nur mit Wasser kochen. Die haben sicherlich mehr Geld pro Folge, aber wenn ich das mit „Babylon Berlin“ vergleiche, ist da die gleiche Intensität und Ambition zu spüren. Trotzdem war es toll, weil man durch das internationale Team andere Energien spürt. Bei den Amis funktioniert die Rollenerarbeitung viel stärker nach dem Method-Acting-Prinzip und ich fand es inspirierend, wie die Symbiose von Privatperson in die Rolle fließend ist, ohne dass sie sich natürlich jemals selbst gespielt hätten. Toll fand ich auch, in einer anderen Sprache zu spielen. Ich habe diese komische Mischung aus Urlaub und Arbeit sehr genossen nach „The Zone of Interest“, der für mich künstlerisch sicherlich das viel wichtigere Projekt war.

Wie haben Sie Mike White erlebt?

Christian Friedel: Mir war klar, dass meine Rolle eine Nebenrolle ist und keinen Hauptstrang hat. Dennoch spürte ich großes Potenzial. Und genau darüber habe ich lange mit Mike White gesprochen. Er muss erst ma immer wissen, wer die Rolle spielen wird. Dann passt er das Drehbuch an. Dieses Versprechen hat er auch gehalten und meiner Rolle nach unseren Gesprächen mehr Futter gegeben. Ich durfte auch einen Song komponieren, der in der Serie selbst zwar nur kurz zu hören ist, der allerdings auf dem Soundtrack landen wird. Mike wünschte sich einen persönlichen Song über meine Heimat und sagte mir, dass er etwas Werther-mäßiges haben soll. Das fand ich irre: Sagt dir ein Ami, der auf Hawaii lebt und diese wahnsinnige Serie macht, er würde sich Werther-Vibes wünschen. Der Hype um diese Serie ist unvorstellbar. Ich wünsche jedem Film, der beim Deutschen Filmpreis nominiert ist, einen solchen Hype und Sichtbarkeit.

Das Gespräch führte Barbara Schuster