SmHJHX

Am Freitag, den 25.10. werden wir ab 15.00 Uhr bis ca. 18 Uhr umfangreiche technische Wartungsarbeiten durchführen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Gastbeitrag von Martin Heisler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Filmakademie: „Zusammen sind wir stark, nur zusammen.“


Produzent Martin Heisler hat Benjamin Herrmann als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Filmakademie beerbt. Für THE SPOT blickt er exklusiv auf seine neue Rolle, aktuelle Herausforderungen – und die Verantwortung, die der Film in unserer Gesellschaft trägt.

Martin Heisler e x
Martin Heisler ist Gesellschafter, Geschäftsführer und Produzent der Flare Film GmbH. Er realisiert Spiel- und Dokumentarfilme für Kino und Fernsehen sowie hochwertige Serienformate. Seit 2019 vertritt er die Deutsche Filmakademie im Vorstand – unter anderem in der filmpolitischen Arbeitsgruppe und im Verwaltungsrat der FFA. Am 25. März 2025 wurde er zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Akademie gewählt. (Credit: Kolja Raschke)

Zunächst einmal bin ich sehr dankbar für das Vertrauen meiner Vorstandskolleg:innen. Ich kenne die Arbeit des Vorstands und die Zusammenarbeit mit Anne Leppin und ihrem Team seit mittlerweile sechs Jahren – und eines hat sich in dieser Zeit nie geändert: Es wird nie langweilig. Immer dann, wenn man denkt, jetzt sei eine gewisse Routine eingekehrt, tauchen neue Fragen auf. Manche davon vorhersehbar, viele überraschend – aber fast alle erfordern eines: Haltung. Und Haltung ist für mich ein zentrales Stichwort, wenn ich über die Aufgaben der Akademie nachdenke.

Die Themen, die uns im Vorstand beschäftigen sind sehr vielfältig: von künstlerischen Diskursen über die Qualität unserer Filme, über filmpolitische Rahmenbedingungen, technologischen Fortschritt, Chancen der Filmbildung und -vermittlung, kultur- und gesellschaftspolitische Fragen bis hin zum Auswahlverfahren und der Gestaltung des Deutschen Filmpreises – und natürlich der Frage, wie wir den Deutschen Filmpreis weiterentwickeln.

Ich habe diese Aufgabe übernommen, weil ich überzeugt bin, dass Film Haltung zeigen kann – und muss. Seit vielen Jahren produziere ich Filme, die sich den Themen und Herausforderungen unserer Zeit stellen, wie beispielsweise aktuell Constanze Klaues „Mit der Faust in die Welt schlagen“. Wir bei FLARE FILM merken, wie nah dieser Film den Menschen geht, wie sehr er nachwirkt. Die Zuschauer:innen fühlen sich verstanden. Oder sie verstehen. 

Das ist der Grund, warum ich Kino mache: Filme können – indem sie uns unterhalten und unsere Emotionen wecken – Menschen einander näher bringen, sie können uns Welten, Sozialisationen, Kulturen und Gedanken näher bringen, die wir vorher nicht verstanden haben. Sie helfen uns, über uns selbst und unsere Umwelt nachzudenken. Filme können dazu beitragen, dass wir einander besser verstehen und einander viel positiver zugewandt, als manches Narrativ politischer Akteure es uns glauben lassen will.

CPorikys   scaled e x
Anne Leppin, Martin Heisler, Claudia Loewe beim Nominiertenabend am 5. April in Berlin (Deutscher Filmpreis 2025/Clemens Porikys)

Ich sehe die Probleme, die der deutsche Film und die hiesige Branche haben, ich sehe aber auch die Möglichkeiten. Wir haben als Branche – und hier hat die Filmakademie neben einigen anderen eine entscheidende Rolle gespielt – bereits einen sehr großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Gemeinsam mit der Politik haben wir die Filmförderreform angeschoben und – zu Teilen – bereits umgesetzt. Jetzt geht es darum, mit der Investitionsverpflichtung und dem Steueranreizmodell die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern, damit Filme besser entwickelt, besser ausgestattet und mit mehr Marketingbudget ins Kino kommen können. Genauso wichtig ist aber auch der umgekehrte Weg. Es muss auch möglich sein, dass Filme nicht ins Kino kommen. Denn gute Filme lassen sich nicht am Reißbrett planen. Gute Rahmenbedingungen und gute Zutaten sind zwar die Basis, aber ob das, was man sich vorher überlegt hat, auch gelingt, ist neben dem herausragenden Handwerk, über das wir in Deutschland definitiv verfügen, immer auch ein Stück künstlerischer Glücksfall. Und dem entgegen stehen auch Projekte, die nicht gelingen. Genauso, wie es unzählige unveröffentlichte Romane gibt, muss es auch Filme geben dürfen, die auf ihrem Weg scheitern. Denn, wenn wir Scheitern als Konzept gar nicht erst zulassen wollen, wenn wir nur das machen, was hundertprozentig kalkulierbar ist, auf Bewährtes zurückgreifen, auf das, was schonmal funktioniert hat, dann entsteht keine Kunst und auch keine gute Unterhaltung, dann entsteht nichts, was einen bleibenden Eindruck hinterlässt und nichts, was uns international strahlen lässt. Dann entsteht Mittelmaß und das ist genau das, was wir nicht brauchen – weder als Branche, noch als Gesellschaft.

Wir leben in einer Zeit, in der Kultur gefordert ist wie lange nicht mehr. Die Gegensätze in unserer Gesellschaft werden schärfer ausgetragen: Ob zwischen Arm und Reich, zwischen digitalem Vorstoß und analogem Rückzug, zwischen Aufbruch und Konservatismus, zwischen Globalisierung und Nationalisierung, zwischen Demokrat:innen und allen, die der Demokratie nicht mehr trauen.  Das Gegenüber wird weniger gesehen, es wird nicht mehr zugehört, der Diskurs wird zum Meinungs-Monolog auf den Schweigen folgt. Und nicht zuletzt in unserer Branche scheint der Keil zwischen Unterhaltung und Kunst wieder größer als zuvor. Lasst uns streiten, aber lasst es uns respektvoll und mit Anerkennung der Liebe, Leidenschaft und des Mutes tun, die wir alle in unsere Filmwerke stecken! 

Mein großes Ziel als Vorsitzender dieser Filmakademie, die ein Dach für alle Filmschaffende ist und explizit sein soll, ist es, mit all unseren Möglichkeiten, Aktivitäten und nicht zuletzt unseren Filmen, den Raum für diesen Diskurs, dieses Aufeinanderzugehen, dieses Teilen unserer Leidenschaft, zu schaffen und ihn zu verteidigen. Im Kleinen, wie im Großen. Zusammen sind wir stark, nur zusammen.